Kreuztal. Wann Kreuztal eine neue Stadthalle bekommt, ist völlig offen. Nach wie vor sind erst noch Staatsanwalt, Gutachter und Versicherungen am Drücker.

Gut sechs Wochen nach der Zerstörung der Kreuztaler Stadthalle durch ein Feuer hat die Staatsanwaltschaft Siegen die Brandstelle wieder freigegeben. Unmittelbar danach hat die Stadt Kreuztal ihrerseits das Grundstück abgeriegelt. „Wir haben auch eine Videoüberwachung davorgestellt“, sagt Bürgermeister Walter Kiß im Gespräch mit dieser Zeitung. „Wir haben dort starke Probleme mit Jugendlichen, die in das Gelände hineingehen.“

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So hätte alles werden können: Stadthalle Kreuztal wird Bürgerforum

1990 wurde die Stadthalle eröffnet – direkt im Schulzentrum neben Gymnasium und Gesamtschule, für die die neue Veranstaltungsstätte zugleich als Aula gebaut wurde. 2017 wurde die Erweiterung zum Bürgerforum beschlossen, Anfang 2019 fand die letzte Veranstaltung statt, bevor nach einer Umplanung, der EU-weiten Ausschreibung und dem Warten auf die Zusage von Fördermitteln Anfang 2020 die Bauarbeiten mit dem Abriss des Foyers begannen.

Ein neuer Wandelgang wie ein Kragen um die alte Halle entstand, der zusätzliche Flächen für Veranstaltungen, Bistro und Lounge bieten sollte. Die Halle wurde barrierefrei, neue Räume wurden erschlossen, die dem Gymnasium abgenommen wurden – das zum Ausgleich in den nächsten Monaten eine zusätzliche Etage erhält. Im Spätsommer 2022, so die Schätzung aus dem vorigen Sommer, sollte alles fertig sein. 4,8 Millionen Euro wurden verbaut, 75 Prozent davon tragen Land und EU.

Der 16. Mai: Die Stadthalle Kreuztal brennt ab

Ein Rückschlag ereilte die Stadt Ende April: Unbekannte waren auf das Dach gestiegen, hatten die Bitumenschweißbahn beschädigt, sodass Wasser ins Innere eindringen konnte. Der neue Fußboden wurde zerstört, der Eröffnungstermin war über den Haufen geworfen. Und dann kam der 16. Mai: Gegen Mittag wurde an diesem Montag Feueralarm ausgelöst, die Einsatzkräfte wurden zu einem Brand im Dach der Stadthalle gerufen. Das Feuer griff auf andere Gebäudeteile über, die mit fast 200 Einsatzkräften angerückte Feuerwehr musste das benachbarte Gymnasium schützen. Die Schulen im Schulzentrum wurde wurden evakuiert, erst nach Tagen konnte der reguläre Betrieb wieder aufgenommen werden. Schon wenige Stunden nach dem Alarm stand allerdings fest: Die Stadthalle ist total zerstört und kann nur noch als Ruine abgerissen werden.

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Das ist die Zukunft: Noch einige Jahre mit Provisorien

Kreuztal wird auch in Zukunft wieder eine Stadthalle haben, sagte Bürgermeister Walter Kiß nach dem Brand. Dass der Weg dorthin sehr lang sein wird, machte Kiß im Gespräch mit dieser Zeitung jetzt deutlich. Die Untersuchungen zur Brandursache laufen weiter, „wir rechnen nicht mit einem schnellen Ergebnis.“ Die Stadt rechnet mit insgesamt einem halben Jahr, bis sie grünes Licht hat, überhaupt mit den Planungen für einen Wiederaufbau zu beginnen. „Mein Ziel ist, 2023 irgendetwas vor Ort zu tun, zumindest die Ruine abzuräumen“.

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Mit der Untersuchung, wie das Feuer entstanden ist, ist die Frage nach Verantwortlichkeiten verbunden – und direkt damit auch die Entscheidung, wer den Schaden ersetzt. Dabei gibt es viele Akteure: die Stadt und ihre Gebäudeversicherung, die beteiligten Bauunternehmen und Handwerksbetriebe und ihre Versicherungen. Verhandelt werden wird über die Schadenshöhe: Ist die Stadthalle ein Totalschaden, wie viel war sie zum Zeitpunkt des Feuers wert, was ist mit den neu geschaffenen Gebäudeteilen? Wegen des laufenden Verfahrens will sich Bürgermeister Walter Kiß nicht öffentlich zu Details äußern. Aber: „Wir haben inzwischen auch einen eigenen Gutachter eingeschaltet.“ Und eine Anwaltskanzlei, die die Stadt rechtlich unterstützt. Vollkommen offen ist, wie mit den bereits geflossenen Zuschüssen umzugehen ist, ob mit Rückforderungen zu rechnen ist oder ob die Fördergelder ein zweites Mal nach Kreuztal fließen. „Dazu werden weitere Gespräche erforderlich sein.“

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Bei den Beratungen über einen Neubau wird die Stadt ohnehin aufs Geld schauen müssen: „Wir reden über ganz andere Preise“, sagt Walter Kiß – ausgerechnet jetzt explodieren die Baukosten. Kreuztalkultur hat sich schon früh auf ein weiteres, langes Provisorium eingerichtet: bis Anfang 2023 in den sowieso geplanten Ersatzspielstätten. Für die Zeit danach, in der eigentlich das Bürgerforum Hauptveranstaltungsort werden sollte, laufen die Planungen: Zuletzt konnte die Stadt nur noch auf die Otto-Flick-Halle und die Turn- und Festhalle Buschhütten zurückgreifen, nachdem die Eigentümer der Krombacher Erlebniswelt und des Eichener Hamer ihre Veranstaltungsstätten wegen der Pandemie gesperrt hatten – die Sporthallen muss sich die Kultur allerdings mit den Sportvereinen teilen, was die Planung von Veranstaltungsterminen weiter erschwert.

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Frühestens Ende 2023 wird im nördlichen Siegerland überhaupt wieder eine regulär ausgestattete Spielstätte zur Verfügung stehen: Erst dann ist das Gebrüder-Busch-Theater der Stadt Hilchenbach als Teil des neuen Kulturellen Marktplatzes Dahlbruch wieder offen; in der jetzt beginnenden Spielzeit steht auch das Dahlbrucher Theater nicht zur Verfügung. Ob es für die Folgejahre zu einer neuen Kreuztal-Hilchenbacher Zusammenarbeit kommt, bei der die Dahlbrucher Bühne eine wichtige Rolle spielen könnte, ist offen. Auch über ein langfristiges Interim, das sich angesichts der nicht absehbaren Bauzeit in Kreuztal lohnen könnte, wird öffentlich nicht gesprochen: Zumindest Veranstaltungs-Laien fällt die sowieso zum Erhalt vorgesehene, längst stadteigene Industriehalle auf dem Ferndorfer Bender-Gelände ins Auge.

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