Hilchenbach. Marktplätze, Spielplätze: Das Arbeitsprogramm der Stadt Hilchenbach ist voll. Die Kosten für Kredite verhundertfachen sich aber gerade.

Das Land NRW hat in diesem Jahr keine neue Runde zur Vergabe von Dorferneuerungsmitteln ausgerufen. Die Stadt hat somit keine Gelegenheit, sich um weitere Fördermittel zu bewerben, um Vorhaben aus dem Integrierten Entwicklungskonzept (IKEK) zu verwirklichen. Das Bedauern darüber hält sich bei Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis in Grenzen. „Ich bin froh, dass wir bereits so viele Anträge gestellt haben. Wir haben die auch die Zeit, die Projekte zu verwirklichen.“ Ähnlich sieht das CDU-Fraktionschef André Jung. Bisher habe sich die Dorferneuerung als „millionenschweres Erfolgsprogramm für Hilchenbach“ erwiesen. „Kaum eine andere Kommune hat so viel profitiert. Wir haben sehr viel auf den Weg gebracht.“

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Da baut Hilchenbach

Aktuell arbeitet die Stadt vier Vorhaben ab, die das Land noch aus Dorferneuerungsmitteln von 2021 fördert. Rund 106.000 Euro wurden für die Neugestaltung der Dorfmitte Oechelhausen bewilligt, 142.000 Euro für den „Erlebnisweg Spielplatzpfad“ Beide Vorhaben müssen bis Ende 2024 abgeschlossen werden. Bereits gebaut und auch eröffnet wurde der Spielplatz Doktors Wäldchen in Dahlbruch; die Mittel dafür in Höhe von 187.000 Euro waren der Stadt noch nachträglich zugewiesen worden. Größtes Projekt ist die Neugestaltung des Marktplatzes. Die Mittel für den ersten Bauabschnitt hat die Stadt längst, der bis Ende 2025 zu verbauende Zuschuss für den zweiten Bauabschnitt in Höhe von weiteren 250.000 Euro wurden jetzt ebenfalls freigegeben. Auf dem Marktplatz wird gerade die Gasleitung neu verlegt. Im nächsten Frühjahr wird es dann mit dem Plateau „Grüner Norden“ losgehen, die Neugestaltung Richtung Rathaus wird sich anschließen.

Das kann sich die Stadt Hilchenbach leisten

Dass Hilchenbach wenig finanzielle Luft für neue Projekte hat, macht Kämmerer Christoph Ermert im Rat deutlich. Die Stadt wird in diesem Jahr 1,2 Millionen Euro weniger Gewerbesteuern einnehmen, vor allem deshalb, weil Unternehmen 2021 vorausgezahlte Gewerbesteuern wegen ihrer verschlechterten Ertragslage wieder zurückfordern. Trotzdem hatte der Kämmerer unter dem Strich noch mit 920.000 Euro Einnahmeverbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Plan kalkuliert, denen Mehrausgaben von 830.000 Euro gegenüberstehen. Das kommt nun aber anders. Das Land lässt die Städte und Gemeinden an der Finanzierung der „Entlastungspakete“ in der Folge von Ukraine-Krieg und Inflation teilhaben: Nicht 300.000 Euro mehr, sondern 500.000 Euro weniger an Einkommensteuern fließen nach Hilchenbach. „Das hat uns unerwartet und hart getroffen.“

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Das sind die Folgen der Inflation

Auf dem Papier macht das zwar nichts aus: Wie schon die 6,8 Millionen Euro Covid-Belastung wird nun auch die Ukraine-Belastung „isoliert“, erst ab 2026 werden diese Beträge im Haushalt erscheinen und abgetragen. Der im Haushalt eingeplante Überschuss bleibt unverändert bei 45.400 Euro. Wie viel Geld stattdessen tatsächlich fehlt, wird bei den Kassenkrediten deutlich: Mit mittlerweile 21 Millionen Euro steht die Stadt allein für die laufenden Ausgaben in der Kreide. Und diese Kassenkredite werden teuer. Vom Negativzins von 0,4 Prozent ist die Entwicklung bei 1,65 Prozent Zinssatz angekommen. In diesem Jahr muss die Stadt 50.000 Euro nachschießen. Im nächsten Jahr werden 500.000 Euro Zinszahlungen einzuplanen sein, eine Verhundertfachung gegenüber 2022. „Es war abzusehen, dass Kredite wieder mal teurer würden“, räumt Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis ein, „dass es so schnell gehen würde, hätte keiner gedacht.“

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„Das ist natürlich schon eine Nummer“, sagt Andre Jung (CDU). Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis bestätigt: „Man kann immer alles schön schreiben, das Geld fehlt aber trotzdem.“ Ob unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein ausgeglichener Haushalt für 2023 vorgelegt werden könne, will Sven Wengenroth (Linke) wissen. „Wir werden schauen müssen, wie wir die Enden zusammen bekommen“, antwortet Kämmerer Christoph Ermert – der Absturz in den Nothaushalt ist keine wirkliche Alternative. Hoffnung setzt Ermert darauf, dass der Kreistag der Forderung der Bürgermeister folgt und die Kreisumlage absenkt – und nicht, wie von Landrat und Kreiskämmerer gewünscht, anhebt: „Da könnte noch was draus werden.“ Kommentarlos beschließt der Rat für Hilchenbach 640 Prozent Grundsteuer und 440 Prozent Gewerbesteuer – unverändert gegenüber dem laufenden Jahr. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Rat im Frühjahr, wenn er über den Haushalt beschließt, die Steuersätze rückwirkend zum 1. Januar doch noch erhöht.

So läuft die Mega-Baustelle Kultureller Marktplatz Dahlbruch

Über die Gesamtkosten von Hilchenbachs größter Investition wird nach wie vor öffentlich kein Wort verloren: Zuletzt war von 12,5 Millionen Euro für den Kulturellen Marktplatz Dahlbruch die Rede, die Kostenentwicklung dürfte sich tatsächlich der 15-Millionen-Marke nähern. Im Rat teilt Baudezernent Michael Kleber mit, dass noch in diesem Jahr mit dem dritten und letzten Bauabschnitt begonnen wird: der Bodenplatte vor dem Theater, auf der Gastronomie, Foyer und zweiter Veranstaltungssaal für Kino und Theater errichtet werden. Im Sommer 2023 sollen das Haus der Alltagskultur mit der neuen Mehrzweck-Sporthalle und der Zwischentrakt zwischen Hallenbad und Theater mit einem weiteren Veranstaltungssaal fertig werden, das Gesamtprojekt dann Anfang 2024. Michael Kleber: „Der Zeitplan steht noch.“

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