Siegen-Wittgenstein. Streit ums Geld, mal wieder: Die Bürgermeisterkonferenz lehnt die Erhöhung der Kreisumlage vehement ab, fordert eine Senkung. Das ist nicht alles

Es geht mal wieder um das Geld und seine Verteilung innerhalb der kommunalen Familie in Siegen-Wittgenstein: Die Bürgermeisterkonferenz geht ein weiteres Mal in den Clinch mit dem Landrat. Während Andreas Müller und sein Kämmerer Thomas Damm den Hebesatz für die Kreisumlage um einen halben Prozentpunkt von 34,8 auf 35,3 Prozent erhöht wissen wollen, fordern Bürgermeisterin und Bürgermeister hingegen eine Absenkung um zwei Prozentpunkte auf 32,8 Prozent.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

In ihrer Stellungnahme zum Eckwertepapier für den Haushalt 2023 werfen sie den Verantwortlichen des Kreises den „offensichtlich fehlenden Willen“ vor, „das Geschehen auf Kreisebene einer flächendeckenden und zielorientierten Aufgaben- und Ausgabenkritik zu unterziehen“.

87,4 Millionen Euro zu viel eingenommen

Sieben Millionen Euro mehr Einnahmen würde dem Kreis die Erhöhung der Umlage bringen, insgesamt 185,6 Millionen Euro, was – so die Rechnung der Bürgermeisterkonferenz – einen Beitrag von 670 Euro je Einwohner ausmacht. Das vom Kreis vorgelegte Papier enthalte „keine Hinweise auf die Umsetzung etwaiger Sparvorschläge“. Die Entwicklung in den letzten Jahren sei durch eine „selbstbestimmte und eben in Teilen erweiterte Aufgabenwahrnehmung“ gekennzeichnet. Die Zunahme der Ausgaben – 70 Millionen Euro in zwei Jahren – sei „eben nicht fremdbestimmt, sondern hausgemacht“. Die Zahl der Personalstellen sei in fünf Jahren um 36 gestiegen. Eine höhere Kreisumlage würde die Kommunen dazu nötigen, ihrerseits Steuern zu erhöhen. „Dies gilt es gerade in der derzeitigen sehr Besorgnis erregenden Lage zu vermeiden.“

+++ Lesen Sie auch: Kämmerer: Für Siegener Haushalt „eine Katastrophe“ +++

Erneut werfen Bürgermeisterin und Bürgermeister dem Landrat vor, seinen Haushalt zu großzügig zu kalkulieren – regelmäßig schneide die Jahresrechnung besser ab als die Planung. In den letzten zwölf Jahren habe die „mehr als auskömmliche“ Planung zu Verbesserungen um 87,4 Millionen Euro geführt, die die Städte und Gemeinden finanziert hätten. Bei den Jahresabschlüssen würden dann noch „millionenschwere Rückstellungen“ gebildet, um geringere Überschüsse ausweisen zu müssen.

Mehrkosten für öffentlichen Nahverkehr „isolieren“

Die Stadt- und Gemeindeoberhäupter fordern den Kreis dazu, seine Ausgleichsrücklage bis auf den beschlossenen Sockel von fünf Millionen Euro für den Haushaltsausgleich einzusetzen. Nach der Planung des Kreises sollen Ende 2023 noch 13,1 Millionen Euro übrig bleiben. Der „gebetsmühlenartig vorgetragene Hinweis“, der Kreis müsse sich verschulden, um die Ausgleichsrücklage zu finanzieren, treffe nicht zu. In den letzten Jahren habe der Kreis keine Kassenkredite aufgenommen, um laufende Ausgaben zu bestreiten. Ende 2021 seien noch 18,9 Millionen Euro an flüssigen Mitteln auf dem Kreis-Konto gewesen. „Tatsache ist, dass sich die Verschuldungssituation der kreisangehörigen Kommunen exorbitant schlechter darstellt als diejenige des Kreises Siegen-Wittgenstein“, heißt es in dem von Burbachs Bürgermeister Christoph Ewers unterzeichneten Schreiben.

+++ Lesen Sie auch: Siegen: Kreis will mehr Geld von Städten und Gemeinden +++

Die Bürgermeisterkonferenz weist darauf hin, dass auch der Kreis Belastungen in der Folge des Ukraine-Kriegs – wie schon bei Corona – „isolieren“ kann, um sie erst nach 2026 im Etat auszuweisen. Es biete sich an, die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr auf diese Weise aus der Rechnung herauszunehmen: Von den insgesamt über 13 Millionen Euro entfallen 7,7 Millionen auf „ergänzende tarifliche Maßnahmen“, womit der „Höchsttarif“ gemeint ist: Seit diesem Jahr bezahlt der Kreis alle Kosten, die nicht durch Fahrgeldeinnahmen gedeckt werden, um weitere Fahrpreiserhöhungen zu vermeiden.

Gegen Erhöhung der Jugendamtsumlage

Abgelehnt wird von den Städten und Gemeinden die vorgesehene Erhöhung der differenzierten Kreisumlage, die von allen Kommunen – außer der Stadt Siegen – für das Jugendamt zu bezahlen ist: Die Anhebung von 24,94 auf 27,1 Prozent bedeute für jeden Bürger weitere 500 Euro Mehrbelastung. In den vergangenen Jahren habe das Jugendamt stets Überschüsse erwirtschaftet.

Die Bürgermeisterkonferenz verweist auf die schwierige wirtschaftliche Lage: „Die Kommunen können diese extrem schwierige Situation nur überstehen, wenn auch der Kreis Siegen-Wittgenstein seinen Beitrag dazu leistet.“ Eine „stärkere Solidarität“ des Kreises mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sei „unabdingbar“. „Mit allem Nachdruck“ bitten Bürgermeisterin und Bürgermeister, „den Jahr um Jahr zu beobachtenden Anstieg der Umlagebelastung für die kreisangehörigen Kommunen ein Ende zu bereiten“.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++