Siegen. Bertramsplatz, Oranienpark, Grünanlage Martinikirche: Polizei und Ordnungsamt nehmen die Drogentreffpunkte stärker ins Visier. Das ist die Lage.

390 Platzverweise sind die Bilanz der jüngsten Runde der Aktion „Sichere Innenstadt“ in Siegen. Kreispolizeibehörde, städtisches Ordnungsamt und Bundespolizei rückten gemeinsam innerhalb von rund acht Wochen zu 16 Sonderkontrolleinsätzen aus. Der Fokus lag auf den Gebieten, von denen bekannt ist, dass viele Menschen sich dort eher unsicher fühlen als an anderen Orten: Vor allem Parkanlagen und die Bereiche am und um den Bahnhof.

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Das „subjektive Sicherheitsgefühl“ der Siegenerinnen und Siegener und der Gäste sei ein ganz wesentlicher Aspekt, wie Uwe Georg-Burger, bei der Polizei Leiter des Bezirks- und Schwerpunktdienstes für die Innenstadt, betont. Nachdem in der Öffentlichkeit und den Sozialen Medien immer wieder Stimmen laut geworden waren, die Siegens Kernbereiche als gefährliches Pflaster einstuften – auch wenn die Zahl der erfassten Straftaten diesen Eindruck nicht bestätigte (wir berichteten mehrfach) – hatte die Stadt ein Sicherheitskonzept entwickelt, das 2018 in Kraft trat und insbesondere verstärkte Präsenz von Einsatzkräften im Zentrum vorsah. Die Sonderkontrollen, an denen vom 6. Mai bis 26. Juni zwischen neun und 19 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnahmen, stehen in diesem Zusammenhang.

Der Bertramsplatz zwischen Sandstraße und Friedrichstraße ist einer der Schwerpunkte bei den Sonderkontrollen von Polizei und Ordnungsamt. Die Grünanlage ist eine der Anlaufstellen für Dealer und Drogenkonsumenten.
Der Bertramsplatz zwischen Sandstraße und Friedrichstraße ist einer der Schwerpunkte bei den Sonderkontrollen von Polizei und Ordnungsamt. Die Grünanlage ist eine der Anlaufstellen für Dealer und Drogenkonsumenten. © WP | Florian Adam

Siegen: Aktion „Sichere Innenstadt“ mit Schwerpunkt auf Drogentreffpunkten

Grund für den Zeitpunkt ist, dass sich mit Beginn des Sommers und nach zwei Jahren Coronabedingter Einschränkungen „das Geschehen wieder auf der Straße abspielt“, wie Uwe Georg-Burger erläutert – und das schließe in einer Großstadt, die Siegen nun einmal ist, auch Drogenverkauf, Diebstahl und potenziell Schlägereien ein. Gerade an den Wochenenden ab 16, 17 Uhr steige die Wahrscheinlichkeit, da dann mehr Leute in Feierlaune in der Innenstadt zusammenkämen, wie Polizei-Pressesprecher Stefan Pusch ergänzt. Und damit sich erst gar nicht das Gefühl einschleift, dass die entsprechende Klientel mit unangemessenem Verhalten durchkomme, „müssen wir rechtzeitig den Fuß in die Tür kriegen“.

Zusammenarbeit

Innerhalb der Kooperation mit der Bundespolizei beteiligte sich die Kreispolizeibehörde auch an Kontrollen in Zügen und an Bahnhöfen zwischen Siegen und Welschen-Ennest – unter anderem anlässlich der Großveranstaltung Bigge Open Air und zur Einführung des 9-Euro-Tickets.

Teil der Aktion „Sichere Innenstadt“ war auch die Unterstützung des Ordnungsamts bei Kontrollen von Gaststätten und Kiosken im Hinblick auf die Einhaltung der Sperrstundenregelungen im Bereich der Außengastronomie.

Bei den Sonderkontrolleinsätzen fielen außerdem einige Poser auf, beispielsweise ein Mann in einem hochmotorisierten Auto, der im Bereich Hindenburgstraße/Hufeisenbrücke driften und Donuts fahren wollte. Damit handelte er sich eine Ordnungswidrigkeitsanzeige und ein Aufenthaltsverbot in der Innenstadt für den Rest der Nacht ein.

Die Polizistinnen und Polizisten, die sich an den Sonderkontrollen beteiligten, „haben sich freiwillig für diese Dienste gemeldet“, erklärt Uwe Georg-Burger.

Freitag- und Samstagabend seien vielleicht im Allgemeinen nicht die beliebtesten Arbeitszeiten, doch es sei um eine wirklich gute Sachen gegangen. „Die Kolleginnen und Kollegen fanden das gut, denen war es eine Herzensangelegenheit.“ Sie seien „mit einem guten Gefühl in die Einsätze hinein- und mit einem guten Gefühl hinausgegangen“.

In der Unterstadt gab es primär so genannte Präventionsstreifen um Vorfälle wie Pöbeleien, Streitereien oder Körperverletzungen zu verhindern. Dies konzentrierte sich vor allem auf die Siegstufen/Neue Ufer, Hindenburgstraße, Bahnhofstraße und Bahnhof. In der Oberstadt nahmen die Einsatzkräfte insbesondere den Bereich Kornmarkt/Fissmeranlage/Nikolaikirche in den Blick, der in den vergangenen Jahren wegen ausufernder Partys mit Vermüllung, Vandalismus und Ruhestörung teilweise an den Sommerwochenenden sogar gesperrt und geräumt werden musste. Letzteres kam auch diesmal vor, nämlich am letzten Wochenende im Juni. Außerdem kontrollierten die Beamtinnen und Beamten verstärkt die bekannten Drogentreffpunkte: Oranienpark, Bertramsplatz, die Grünanlage an der Martinikirche und die kleine Aussichtsplattform an der Siegbergstraße. Außer den 390 Platzverweisen gab es:

• 36 Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, dazu Sicherstellungen der Substanzen;

• drei Anzeigen wegen Verstößen gegen das Waffengesetz;

• 29 Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen sonstiger Verstöße, beispielsweise gegen das Jugendschutzgesetz, das Gaststätten- oder das Umweltrecht;

• neun „sonstige Maßnahmen“, darunter eine Täterermittlung im Zusammenhang mit einem Raubdelikt und eine Ingewahrsamnahme;

• zahlreiche Einsätze wegen Ruhestörungen;

• fünf „Bereichsbetretungsverbote“. Personen, die mehrfach in der Innenstadt als Straftäter aufgefallen sind, dürfen sich danach drei Monate lang nicht in der Stadtmitte aufhalten. Bei Verstößen gibt es Zwangsgelder.

Siegen: Großstädte sind für Drogendealer interessanter als ländliche Gegenden

Bei den Drogenkontrollen habe die Polizei gerade anfangs „verstärkt Feststellungen gehabt“, sagt Uwe Georg-Burger. Gefunden worden seien in erster Linie Cannabis und Amphetamine, „bei ganz harten Drogen sind wir nicht fündig geworden“. Es sei zwar davon auszugehen, dass irgendwo auch mit Heroin oder Crack gedealt werde, aber den polizeilichen Erkenntnissen zufolge geschieht dies nicht an diesen öffentlichen Orten. Handel mit und Konsum von Rauschmitteln sind natürlich nicht wünschenswert, deshalb geht die Polizei ja auch dagegen vor; aber da es nun einmal eine Nachfrage gibt, findet beides statt, und das vor allem im urbanen Raum. „Siegen ist eine Großstadt, ein Oberzentrum“, ordnet Uwe Georg-Burger die Drogen-Problematik ein. „Wer etwas kaufen will, geht nicht nach Burbach oder Bad Berleburg.“

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An den einschlägigen Treffpunkten werden die Dealer von anderen Menschen natürlich mit unter mehr oder minder deutlich wahrgenommen. Für gewöhnlich halten diese Täter „sich aber von den Bürgern fern“, sagt Uwe Georg-Burger. „Gäste der Grünanlagen werden in aller Regel nicht belästigt.“ Bei den Sonderkontrollen müssen sich die Einsatzkräfte aber nicht nur mit Dealern befassen. „Oft haben wir es auch mit Konsumenten zu tun, von denen sich manche in hilflosen Lagen befinden. Wir müssen dann prüfen, ob diese Menschen Hilfe brauchen.“ Häufig sei dabei Alkohol im Spiel, Drogen- und Trinkerszene überschnitten sich an dieser Stelle – wobei es in Siegen seit 10 bis 15 Jahren schon keine Probleme mehr mit einer expliziten öffentlichen Trinkerszene gebe.

Auch die Grünanlage an der Martinikirche wird von der Polizei bei Kontrollen einbezogen. Je nach Tageszeit sind auch hier Dealer anzutreffen.
Auch die Grünanlage an der Martinikirche wird von der Polizei bei Kontrollen einbezogen. Je nach Tageszeit sind auch hier Dealer anzutreffen. © WP | Florian Adam

Siegen: Polizei und Ordnungsamt wollen weiter regelmäßig Präsenz zeigen

Während der Sommerferien setzen Polizei und Ordnungsamt die Sonderkontrollen aus. Präsenzmaßnahmen laufen dennoch weiter und „wir schauen natürlich im täglichen Dienst weiter nach diesen Örtlichkeiten“, unterstreicht Stefan Pusch mit Verweis auf die räumlichen Schwerpunkte. Wann immer Bürgerinnen und Bürger etwas Verdächtiges oder Unangemessenes sehen, sollten sie zudem die Polizei benachrichtigen, „damit wir zeitnah jemanden schicken können“.

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