Siegerland. In unserem Heimat-Check bewerten die Menschen das Siegerland überwiegend als sicher. Es gibt aber Ausnahmen - und ein Problem, das überall stört.

Die Menschen fühlen sich im Siegerland im Schnitt ziemlich sicher. Im Heimat-Check, der große angelegten Umfrage dieser Zeitung zur Lebenssituation in den Städten und Gemeinden, vergeben die Siegerländerinnen und Siegerländer beim Thema „Sicherheit“ im Schnitt die Schulnote 2,39. Allerdings zeigt die genauere Betrachtung der Ergebnisse spezifische Unterschiede zwischen den Kommunen – und einen Punkt, der die Bürgerinnen und Bürger nahezu überall belastet.

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Das sagt die Kriminalitätsstatistik Siegen-Wittgenstein

„Wir sagen: Es ist hier sicher“, so Michael Zell, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein. Die jüngste Kriminalitätsstatistik ist die für das Jahr 2019, und die weist mit 14.578 Straftaten gegenüber den fast 17.000 im Jahr 2018 einen Rückgang um 13,85 Prozent aus. Die Aufklärungsquote liegt mit 63,49 Prozent fast 10 Punkte über dem NRW-Schnitt und bringt den Kreis Siegen-Wittgenstein in diesem Punkt landesweit auf Platz 2.

Das sagt der Heimat-Check

Abgefragt wurde im Heimat-Check allerdings die subjektive Einschätzung der Menschen und damit das Sicherheitsgefühl. Die eher ländlichen Kommunen kommen dabei überwiegend mit Noten zwischen 1,95 (Wilnsdorf) und 2,25 (Netphen) richtig gut weg, während die Städte Kreuztal mit 3,01 und Siegen mit 3,25 schlechter abschneiden. „Natürlich gibt es Kriminalität“, sagt Michael Zell, „aber nicht anders als in anderen Städten vergleichbarer Größe.“ Die Diskrepanz zwischen realen Vorfällen und empfundener Unsicherheit hänge oft mit einem recht simplen Aspekt zusammen: Die Zentren sind einfach stärker frequentiert, „in innerstädtischen Bereichen sind viele und auch viele unterschiedliche Leute“, sagt der Polizist. Folglich passiere dort mehr und werde von viel mehr Menschen wahrgenommen. Oft seien es auch nur „Sekundeneindrücke“, sagt Michael Zell; Passanten nehmen etwas knapp im Vorbeigehen oder -fahren wahr und interpretieren es als bedrohlich oder unangemessen, obwohl es vielleicht harmlos sei – was dann ebenfalls zu Unsicherheitseinschätzungen beitrage.

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Auffälligkeiten zeigen sich in unserem Heimat-Check...

in Wilnsdorf und Burbach, den beiden Siegerländer Kommunen mit den Topwerten 1,95 und 2,00. In Wilnsdorf vergaben 85 Prozent der Befragten die Noten 1 und 2, in Burbach waren es 84,4 Prozent. Demnach sind es die Gemeinden mit dem Abstand höchsten Anteil an Bürgerinnen und Bürgern, die sich überaus sicher fühlen.

in Kreuztal vergeben hingegen nur 36,8 Prozent eine der beiden Bestnoten, dafür ist mit 32,4 Prozent der Anteil an 3en so hoch wie nirgends sonst im Siegerland.

in Siegen überrascht die Durchschnittsnote von 3,25 angesichts der Diskussionen, die vor allem in den Sozialen Medien in den vergangenen Jahren geführt wurden und in denen gerade der Bereich um die neuen Ufer als Kriminalitäts-Hotspot gebrandmarkt wurde – auch wenn die Kriminalitätsstatistik und die offiziellen Einschätzungen von Polizei und Verwaltung dieser Darstellung klar widersprachen. Von daher hätte in der Umfrage ein schlechteres Ergebnis nicht überrascht. Die Verteilung der Antworten gibt hier allerdings Aufschluss: Zwar bewerten 42,4 Prozent der Siegenerinnen und Siegener die Sicherheit in ihrer Stadt mit 1 oder 2, auf die 1 entfallen aber nur 10,8 Prozentpunkte – der niedrigste Wert aller acht Kommunen. Dafür ist mit 12,5 Prozent bei 6 mit Abstand keine lokale Sicherheitslage so oft als „ungenügend“ bewertet worden wie die in Siegen. Den zweitschlechtesten Wert hat mit 3,7 Prozent 6en Kreuztal. Das zeigt, dass es in der Kreisstadt einen relativ hohen Anteil an Bürgerinnen und Bürgern gibt, die ein sehr ausgeprägtes Unsicherheitsgefühl haben.

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in Neunkirchen fällt die Durchschnittsnote für die empfundene Sicherheit mit 2,39 gegenüber den anderen kleineren Städten und Gemeinden leicht ab. Bemerkenswert ist dabei, dass lediglich 18 Prozent der Befragten eine 1 vergaben, 42,6 Prozent eine 2 und immerhin 26,2 Prozent „nur“ eine 3. Die Erklärung, so vermutet Michael Zell, liegt in einem bestimmten Phänomen begründet. Das Einkaufszentrum habe sich als eine Art Treffpunkt für Menschen etabliert, die sich zwar tendenziell friedlich verhielten, aber von manchen Passanten möglicherweise als bedingt vertrauenerweckend wahrgenommen würden. „Dadurch hat sich vielleicht ein subjektives Unsicherheitsgefühl gebildet. Aber wir haben dort nicht signifikant mehr Straftaten.“

Was ist der Heimat-Check?

15.453 Menschen aus 40 Städten und Gemeinden in Südwestfalen haben bei unserem großen Heimat-Check mitgemacht und ihren Heimatkommunen ein Zeugnis ausgestellt.

Die Umfrage haben wir geplant, als von der Corona-Krise und ihren dramatischen Auswirkungen auf unseren Alltag noch nichts zu spüren war. Und doch haben wir uns ganz bewusst dazu entschlossen, Ihnen weiterhin beim Heimat-Check die Möglichkeit zu geben, ihr Wohnumfeld zu benoten. Denn es gibt einen Alltag und ein gesellschaftliches Leben vor dieser Krise, und dasselbe gilt für die Zeit, in der wir alle diese Zeit überwunden haben werden.

In unserer vertiefenden Serie schauen wir uns diese Ergebnisse an und kommen mit Akteuren vor Ort ins Gespräch. Was läuft gut, und was ließe sich verbessern?

Alle Ergebnisse des HeimatChecks und Folgen der Serie gibt es im Internet auf
wp.de/heimatcheck-siegen

Innerstädtisches

In Siegen-Mitte gab es in den vergangenen Jahren einige spektakulärere Vorfälle, die in der öffentlichen Diskussion immer wieder als Belege für den Niedergang der Innenstadt angeführt wurden – die Gruppe Jugendlicher, die pöbelnd und sachbeschädigend vor allem den Bereich Sieg Carré drangsalierte; die großangelegte Drogenrazzia im Kunstweg; die Massenschlägerei am Bahnhofsvorplatz; die Messerattacke in der Hindenburgstraße. Diese Ereignisse prägten bei einigen Menschen die Wahrnehmung. Die Stadt reagierte mit einem Sicherheitskonzept, das 2018 in Kraft trat und das in enger Zusammenarbeit mit der Polizei und sogar Sicherheitsdiensten umgesetzt wurde.

Trotzdem lässt sich aus manchem Anmerkungen in unserem Heimat-Check ersehen, dass noch immer einige Bürgerinnen und Bürger skeptisch sind: Es sei schwierig, „ruhigen Gewissens in die Stadt zu gehen. Leider ist es nicht ungewöhnlich, dass man angepöbelt/beleidigt/etc wird“, heißt es beispielsweise in einem Fragebogen. Oder auch „in den kleineren Vororten fühlt man sich sicher, in die Innenstadt gehe ich nur ungern alleine oder mit Kind, da ich mich dort weder in der Einkaufsstraße noch im Shoppingcenter sicher fühle“ in einem anderen.

Die Polizei nimmt diese Einschätzungen ernst, betont der Pressesprecher und verweist auf die Innenstadtwache, den Treffpunkt Sicherheit in der vorderen Bahnhofstraße. „Wir wissen, wovon wir reden.“ Das sei übrigens auch der Grund gewesen, wieso die Großrazzia im Kunstweg stattgefunden habe – weil die Beamten das Gebiet eben kennen und wissen, was wo läuft.

Ein verbreitetes Problem

„Auf der Sandstraße rasen ständig irgendwelche Machos mit ihren viel zu lauten Karren lang. Das nervt“, heißt es in einem Fragebogen. Feststellungen dieser Art tauchen im Heimat-Check häufiger auf – und aus verschiedenen Kommunen. Das Problem ist der Polizei bekannt, der Kampf ist aufgenommen, sagt Michael Zell.

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