Siegen-Wittgenstein. „Haben auf Dauer nicht genug Trinkwasser in Siegen-Wittgenstein“: Die anderen Parteien in Diskussion um Truftetal mit Vorwürfen gegen die Grünen.

Die Grünen lehnen die dritte Talsperre für Siegen-Wittgenstein ab – zumindest aber den Standort im Truftetal bei Bad Berleburg. Wie berichtet kommt eine Machbarkeitsstudie im Auftrag der Kreisverwaltung zu dem Ergebnis, dass der Bedarf für eine weitere Trinkwassertalsperre im Kreisgebiet da ist und dass das Truftetal besser als Standort geeignet ist als das Elberndorftal auf Hilchenbacher und Erndtebrücker Gebiet.

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Der Politik wurde die Studie bereits ausführlich vorgestellt, der Kreisausschuss für Umwelt- und Klimaschutz, Land- und Forstwirtschaft sollte dem Kreistag und damit dem Wasserverband Siegen-Wittgenstein die weitere Planung empfehlen. Denn, darauf wies Dezernent Arno Wied in der Sitzung hin, für die langfristige Sicherung der Trinkwasserversorgung im Kreis müsse man das intensiv und konkret angehen. Selbst wenn es sofort losgehe, werde es mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis Baumaßnahmen tatsächlich beginnen – das Vorhaben müsse etwa im Regionalplan abgesichert werden, die Stadt Bad Berleburg das Gebiet in ihrer Flächennutzungs- und Bauleitplanung berücksichtigen.

Grüne: Wasserverbrauch in Siegen-Wittgenstein senken

Zuallererst wolle man bei der Bezirksregierung Arnsberg darauf hinwirken, dass das Gebiet möglichst schnell als Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesen werde, so Wied. Das Elberndorftal biete demgegenüber laut Studie keine ausreichende Versorgung mit Oberflächenwasser, um die für eine Trinkwassertalsperre benötigten Füllstände und Wasservolumina sicherzustellen.

Bernd Schneider (Grüne) lehnt das Vorhaben ab. Seiner Fraktion und ihm fehle in der Studie einiges: Der Vergleich mit anderen Flächenkreisen was den Wasserverbrauch der Bevölkerung angehe zum Beispiel. Dezentrale Lösungen zum Sammeln von Wasser seien überhaupt nicht bedacht worden – das biete Einsparpotenziale, „das hat es früher in jedem Dorf gegeben“, so Schneider. Es gebe noch einige Potenziale im Kreis, den Wasserverbrauch zu senken. Seine Fraktionskollegin Lena Schmidt verwies zudem darauf, dass die umfangreiche Vorlage zu kurzfristig bereitgestellt worden sei, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, sie beantragte, die Entscheidung zu vertagen.

Politik sieht 3. Talsperre für Siegen-Wittgenstein mehrheitlich notwendig

Das erregte den Unmut aller anderen Fraktionen. „Der Vergleich mit anderen Kreisen bringt uns überhaupt nichts“, sagte die Ausschussvorsitzende Jutta Capito (CDU), „wir müssen hier unseren Wasserbedarf decken.“ Zudem gehe es um Trinkwasser und nicht darum, Pflanzen zu gießen, der Aufwand für dezentrale Lösungen sei völlig unverhältnismäßig.

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In eine ähnliche Kerbe schlug Stephan Hoffmann, ebenfalls CDU: „Es ist nicht nur geboten, es wäre verantwortungslos, wenn wir uns um dieses Thema nicht kümmern.“ Das hatte schon Karl-Ludwig Völkel für die SPD bekräftigt, der die Entscheidung auch als Signal an die Bevölkerung bewertete, dass die Politik das wolle, sich kümmere. „Wir haben auf Dauer nicht genug Trinkwasser in Siegen-Wittgenstein.“

CDU: Müssen der Verantwortung für Trinkwasser in Siegen-Wittgenstein gerecht werden

Dass er als CDU-Mann einmal die Grünen vom Klimawandel und den Dürren überzeugen müsste, legte Stephan Hoffmann nach – Trinkwasser sei kein Brauchwasser, das alles sei bereits umfangreich erklärt und belegt worden. Argumente wie „zu späte Vorlagen“ seien „fadenscheinig“, „Sie wollen nur um jeden Preis dagegen sein“, warf er Schmidt und Schneider vor. Natürlich sei es ein Einschnitt, natürlich wäre es schöner, das Truftetal könnte bleiben wie es ist, „aber wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden und seriös und vorwärtsgewandt diskutieren.“

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Die Sommer werden trockener, bestätigte Roland Steffe für die AfD die Auswirkungen des Klimawandels, „wir müssen sicherstellen, dass die Bevölkerung ausreichend versorgt ist.“ Wie groß diese Auswirkungen bereits seien könne man sich in trockenen Sommern an den Wasserständen der beiden bestehenden Talsperren anschauen – die übrigens ja auch in die Jahre kämen: Was, wenn da mal ein Damm saniert und dafür das Wasser abgelassen werden müsse? „Das Thema ist hinlänglich bekannt, wir haben lange diskutiert, es ist dringend erforderlich und es bringt uns nichts, das weiter zu verzögern.“

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Wolfgang Braukmann-Siebel erinnerte mit Blick an die angesprochene dezentrale Wasserversorgung ans nördliche Siegerland, wo früher die Ortschaften mit Wasser aus den Bergbaustollen versorgt wurden, das sehr schwermetallhaltig war: „Das kann und darf nicht wieder aktiviert werden“, die Diskussion sei müßig.

Man sei keine Verhinderungspartei, wehrte sich Lena Schmidt gegen die Anwürfe – man wolle aber im Detail prüfen, welche Einsparpotenziale es gäbe, etwa auch mit Blick auf die sinkende Bevölkerungszahl im Kreis. Weniger Menschen in Siegen-Wittgenstein bedeute nicht, dass diese besser mit dem Wasser umgehen würden, wenn man eine dritte Talsperre habe. Wenn Brauchwasser in nennenswertem Umfang dezentral gewonnen würde, bliebe in den Talsperren mehr Trinkwasser übrig, argumentierte Bernd Schneider.

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Das sei alles sehr intensiv bereits diskutiert worden, der Wasserverband habe praxisnah die Erfordernisse und auch Hindernisse dargelegt – im übrigen auch Vergleichszahlen zu anderen Kreisen, sagte Dezernent Wied. Der Aussschuss stimmte bei einer Enthaltung und den Gegenstimmen der Grünen für die weitere Planung.