Hilchenbach. Pfarrer Hans-Jürgen Uebach geht nach 33 Jahren im Dienst der ev. Kirchengemeinde Hilchenbach im Herbst in den Ruhestand. Neuanfang steht bevor.
Zahlreiche Gottesdienste hat Pfarrer Hans-Jürgen Uebach in Hilchenbach schon gehalten. Auch Trauerfeiern, Taufen und vieles mehr. Dass bald damit Schluss ist – als Hilchenbacher kann man sich das kaum vorstellen. Dennoch wird es bald so kommen: Hans-Jürgen Uebach geht nach 33 Jahren im Dienst in der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hilchenbach im Oktober in den Ruhestand.
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Danach wird er auch das Siegerland verlassen und mit seiner Frau nach Nordhorn (Niedersachsen), näher in die Heimat seiner Frau ziehen. „Vieles erlebe ich hier das letzte Mal“, sagt der 63-Jährige. „Im vergangenen Jahr haben wir das letzte Mal zusammen mit unseren Töchtern Weihnachten in diesem Haus gefeiert.“ Mit Hans-Jürgen Uebachs Ruhestand endet auch die Zeit im Pfarrhaus für die Familie. „Ich lasse ein gutes Stück Geschichte hinter mir.“
Hilchenbach: Pfarrer Hans-Jürgen Uebach wird Geschichten in Erinnerung behalten
Noch sind es aber rund neun Monate, bis sich Hans-Jürgen Uebach von der Gemeinde verabschiedet. Am Erntedanktag (2. Oktober) möchte er seinen letzten Gottesdienst in der Hilchenbacher Gemeinde halten. Für ihn ist das der richtige Tag, um zurückzublicken, aber auch um im Sinne des christlichen Glaubens die Ernte zu genießen. Vielleicht auch ein Stück die Ernte seiner Arbeit.
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Bis zu seiner Entpflichtung als Pfarrer (siehe Infobox) will er aber noch so einiges machen: Ein Herzenswunsch von ihm ist, dass er noch einmal mit den Konfirmanden verreisen kann. „13 Mal bin ich schon mit ihnen nach Otterndorf gefahren“, erzählt er stolz. Das Konfi-Camp war nicht nur für die Konfirmanden, sondern auch für den Pfarrer selbst stets ein Höhepunkt. In den letzten zwei Jahren war das wegen Corona nicht möglich.
Zukunft der Gemeinde
Auch nach seiner Entpflichtung als Pfarrer kann Hans-Jürgen Uebach weiterhin Gottesdienste oder Taufen halten. „Das ist dann freiwillig“, erklärt er. Ein Jahr will er nach seinem Abschied aussetzen. Das hat ihm Pfarrer Rüdiger Schnurr empfohlen, der sich 2018 in den Ruhestand verabschiedete. Danach wolle er das machen, „was Spaß macht“ – durch den Umzug aber nicht mehr in Hilchenbach.
Um die Zukunft der Evangelisch-Reformierten Kirchengemeinde Hilchenbach geht es am Donnerstag, 3. Februar, 19 Uhr, im Gemeindehaus „An der Sang“. Themen werden der Neubau des Gemeindezentrums und die pastorale Personalsituation nach dem Abschied von Hans-Jürgen Uebach sein.
Vielleicht ist in diesem Jahr auch wieder mehr in Präsenz machbar, hofft der Hilchenbacher: das Frauenfrühstück, die Seniorenfeiern, die Kinderbibelwoche (Kibiwo) und vieles mehr. Hans-Jürgen Uebach bleibt optimistisch: „Ich bin zu 80 Prozent zuversichtlich, dass es klappt. Die Pandemie kann nicht ewig weitergehen.“ Aber auch mit weniger Präsenzveranstaltungen gibt es immer viel zu tun. „Das Pfarramt hat was Grenzenloses, man kann immer mehr tun.“
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Hans-Jürgen Uebach ist in Hilchenbach für seine ruhige, bedachte, herzliche Art bekannt. „Ich habe hier so viele Leute kennen und schätzen gelernt“, sagt er über seine Zeit in der Stadt. Bei den Konfirmanden, aber auch bei den Senioren hätte er immer wieder ein „Feuerwerk an Begabungen“ erleben können. Es sind für ihn vor allem die Geschichten der Menschen, die er aus seiner Zeit als Pfarrer in Hilchenbach mitnimmt. Wenn er für eine Beerdigung die Lebensgeschichte des oder der Verstorbenen von den Angehörigen hörte, habe er sich manchmal gedacht: „Was haben diese Menschen mitgemacht.“ Hans-Jürgen Uebach ließen die persönlichen Schicksale seiner Gemeindemitglieder nie kalt. Er wollte immer für die Menschen da sein.
Hilchenbach: So wurde Hans-Jürgen Uebach Pfarrer in der Stadt
Die Kirche spielte für Hans-Jürgen Uebach im „frommen Siegerland“, wie er es selbst nennt, immer eine Rolle. Aufgewachsen ist er in Neunkirchen. In seiner Kindheit ging er zur Sonntagsschule und in die Jungschar. Pfarrer werden – das konnte er sich gut vorstellen.
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Als „Arbeiterkind“ habe er sich sein Theologiestudium in Marburg, Heidelberg und Münster mit Bafög und Ferienarbeit finanziert. Die Idee, dass ihr Sohn Pfarrer wird, fand auch Hans-Jürgen Uebachs Mutter gut. „Sie hat mich unterstützt.“ Das Vikariat machte er in Plettenberg, den Hilfsdienst leistete er in Bad Laasphe.
Am 1. Dezember 1988 wurde er Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Hilchenbach. Ab 2007 war er für zehn Jahre auch für die evangelische Kirche in Dahlbruch zuständig. Da gab es noch zweieinhalb Pfarrstellen für die evangelische Kirchengemeinde in Hilchenbach, mittlerweile sind es nur noch zwei für rund 5000 Gemeindemitglieder.
Hilchenbach: Pfarrer Hans-Jürgen Uebach ist „mit der Gemeinde älter geworden“
In das Pfarrhaus an der Rothenberger Straße sei er 1988 noch unverheiratet und ohne Kinder eingezogen. „Ich bin mit der Gemeinde älter geworden“, sagt Uebach. Er fände es daher schön, „wenn hier jemand ganz von vorne anfangen würde“. Derzeit geht die Kirchengemeinde davon aus, dass seine Pfarrstelle nach einer Vakanz-Zeit, in der eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gesucht wird, wieder besetzt wird.
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Auch Pfarrer Herbert Scheckel wird in zwei Jahren in Rente gehen. Es kommt viel Neues auf die Gemeinde zu – nicht nur personell, auch das Gemeindehaus soll im ehemaligen Pfarrgarten neu errichtet werden, erzählt Uebach. „Die Gemeindearbeit wird sich um die Kirche konzentrieren.“ Alles soll moderner werden und behindertengerecht – das bisherige Gemeindehaus ist nicht barrierefrei. Der Weg der Zukunft sei ein kleineres, funktionaleres Gemeindehaus, meint Hans-Jürgen Uebach.
Pfarrer aus Hilchenbach: „Die Kirche muss sich neu erfinden“
Doch hat die Kirche überhaupt eine Zukunft? Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, vermehrt aus der katholischen, aber auch aus der evangelischen. Hinzu kommt, dass in der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hilchenbach, wie auch an anderen Gemeinden, die Alterspyramide greift: Die älteren Gemeindemitglieder sterben, es kommen nicht mehr so viele junge Menschen dazu. „Die Kirche muss sich neu erfinden“, sagt Hans-Jürgen Uebach. Die Katholiken seien den evangelischen Gemeinden mit ihren Pfarrverbänden bereits voraus.
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Auf lange Sicht würden wohl weniger Pfarrer für mehr Gemeindemitglieder zuständig sein. Vermutlich würde die Seelsorge dann schwieriger, vermutet Hans-Jürgen Uebach. Mit weniger Pfarrern wird auch das Verhältnis zu den Gemeindemitgliedern womöglich unpersönlicher. Doch trotz dieser drohenden Entwicklung und immer mehr Kirchenskeptikern und -austritten: „Die Fragen nach dem Sinn des Lebens und Gott sind durchaus da“, sagt Uebach. Das stelle er auch immer wieder bei seinen Konfirmanden fest.
Evangelische Kirche in Hilchenbach: Veränderung gehört mit dazu
Veränderung gehört schließlich zum Leben – so könnte man Hans-Jürgen Uebachs Sicht auf den Kirchenwandel zusammenfassen. „Ich war der erste Pfarrer mit Computer in der Gemeinde.“ Lange Jahre habe er seine Predigt mit Füller geschrieben, mittlerweile tippt er sie auf dem Computer ein. Ohne PC kommt auch kein Pfarrer mehr aus. Und auch Online-Gottesdienste sind kein Fremdwort mehr in der Kirche. Selbstverständlich ist auch die Ökumene, die Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche, geworden. So treffen sich die evangelischen Pfarrer auch regelmäßig mit den katholischen zum Kaffeetrinken. „Die Zusammenarbeit wächst.“ Vieles hätte er sich als junger Pfarrer nicht vorstellen können, was heute Alltag ist, sagt Uebach.
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Viele Freundschaften und Begegnungen wird er nun zurücklassen. „Meine Frau sagt: Wir haben lange genug in den Bergen gewohnt“, erzählt er lachend. Irgendwie sei das Verbleiben im Siegerland auch nie eine Option gewesen. Immer, wenn er in seinem Leben umgezogen sei, habe ihm das zu schaffen gemacht. „Ich habe immer ein paar Wochen gebraucht, um damit klar zu kommen. Ich fürchte, das wird mir jetzt wieder so gehen.“ Aber es sei ja das letzte Mal. „Ich hoffe, dass wir noch ein paar schöne Jahre haben“, sagt Hans-Jürgen Uebach. „Alt werden ist nichts für Feiglinge.“
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Mit dem Ausmisten von Büchern hat er schon angefangen. Bis das Pfarrhaus leer ist, gibt es noch viel zu tun. Wenn der Umzug dann vorbei ist, will Hans-Jürgen Uebach mehr reisen und Fahrrad fahren. „Man darf nicht denken: Die goldene Zeit ist schon vorbei oder kommt noch. Man muss das Gewicht auf das Heute legen.“
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