Siegen. Mehrere hundert Menschen folgen Aufruf von Fridays For Future zum Klimastreik in Siegen. Demo von Weidenau bis Oberstadt: Die Bilder, die Reden.
Der globale Klimastreik wartet nicht auf die Bundestagswahl, der Termin passt trotzdem ganz gut: Am Freitag, 24. September, sind hunderte Menschen dem Aufruf der Klimaschutzbewegung Fridays For Future (FFF) gefolgt und haben mit einem Demonstrationszug und mehreren Kundgebungen wirksame Klimaschutzmaßnahmen gefordert. Laut Mitorganisator Roland Wiegel war diese eine der größten Klimastreikaktionen in Siegen.
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Die hatte zeitweise Volksfestcharakter. Losgehen sollte es auf dem Bismarckplatz eigentlich mit einem Auftritt der Band „Belitzki“, die extra mitsamt umfangreichem Equipment aus Köln angereist war. Entgegen der Zusage der Stadt, so die Veranstalter, war der Strom aber abgeschaltet und war auch nicht mehr ans Laufen zu bekommen. Die Musiker mussten unverrichteter Dinge wieder zurückfahren.
Parteipolitik soll beim Klimastreik in Siegen außen vor bleiben – „wollen laut werden“
Der globale Klimastreik finde zufällig so kurz vor der Wahl statt, so FFF-Sprecherin Carlotta Gaumann, daher seien parteipolitische Fahnen und Reden auch nicht zugelassen (mit Ausnahme der Jugendorganisationen). „Es ist wichtig, dass unsere Stimmen gehört werden; die Stimmen der Menschen, die noch nicht wählen können“, sagte Gaumann. Neben Gruppen von Kindergärten- und Grundschulen waren zahlreiche Familien und auch auffallend viele ältere Menschen zur Veranstaltung gekommen. „Die Erfahrung zeigt: Wenn wir nicht laut werden, passiert nichts“, so Aktivistin Gaumann. Es gelte klarzumachen, dass das Klima das zentrale Thema der Menschheit werde.
Mehrere Rednerinnen und Redner betonten, sowohl bei der „Zwischenkundgebung“ an der Bluebox“ wie auch beim Abschluss auf dem Kornmarkt vor der Nikolaikirche, dass es bei den Forderungen zum Klimaschutz nicht um ein „Wir gegen Die“ gehe – nur gemeinsam könne man die Klimakatastrophe bewältigen.
Nikolai-Kirchengemeinde Siegen läutet Sturm-und-Brand-Glocke, warnt vor Katastrophe
Die Kirchengemeinde hatte die „Sturm-und-Brand-Glocke“ geläutet, die mit ihrem tiefen Ton und großer Reichweite schon im Mittelalter die Menschen vor Katastrophen gewarnt habe, wie Studierendenpfarrer Ralph van Doorn erläuterte. Er selbst sei einer derjenigen, dem FFF dabei geholfen habe, die innere Trägheit angesichts der Klimakatastrophe zu überwinden. Ein junger Aktivist habe ihm gesagt, dass man die Menschen mobilisieren könne, indem man ihnen „freundlich auf den Sack geht“. „Ihr habt es geschafft, auch ‘graue’ Menschen zu mobilisieren“, rief van Doorn.
Er selbst habe neu gelernt, wie wichtig ein achtsamer Umgang mit der Natur und miteinander sei. Es gelte zu verhindern, dass das, was die Evolution in Jahrmilliarden habe entstehen lassen – die „Kostbarkeit des Lebens“ – nicht in wenigen Jahrhunderten zerstört werde. „Wir als Kirche haben das verstanden, das könnt Ihr uns glauben.“
Redner der Klimastreik-Kundgebungen in Siegen kritisieren Stillstand, Gleichgültigkeit
Kritik an Stillstand, Gleichgültigkeit, Perspektivlosigkeit angesichts politischer Handlungen und Wahlversprechen kam von mehreren Gruppen. Ein Sprecher des Netzwerks „Natur 57“ prangerte den Ausbau der „Route 57“ an: Bloß nichts dürfe den Wohlstand in Frage stellen, dabei sei die moderne Konsumgesellschaft eine Sackgasse, die sich definiere über Güter statt über Werte – etwa Anstand. Das Straßenbauprojekt sei „größenwahnsinnig“, nur damit man fünf Minuten eher von Erndtebrück im Parkhaus der Citygalerie sei. Damit Unternehmen „marginale Standortvorteile“ erhielten, würden „ganze Landstriche versiegelt.“ Dabei gebe es Alternativen, aber „wer Straßen baut, wird Verkehr ernten.“ Es werde Klimaschutzklagen „hageln“.
Vertreterinnen des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbands (SDS) kritisierten politische Versuche, Abkürzungen für eine Krise zu finden, in der es keine Abkürzungen gebe. Profitinteressen seien nach wie vor wichtiger als Ausbeutung von Mensch und Natur, mit dem Kapitalismus könne die vom kapitalistischen System mitverursachte Klimakrise nicht gelöst werden. Egal wie die Bundestag ausgehe, welche Regierung sich bilde: „Es wird keinen Wandel bringen.“ Den könne man nur mit allen Menschen erarbeiten, „solidarisch und gemeinsam, durch wirtschaftlichen Druck von unten“.
Extinction Rebellion Siegen bittet Ältere: „Helft uns, wir schaffen das nicht ohne Euch!“
Auch die Vertreterin der Grünen Jugend forderte angesichts dessen, dass sich die Politik kaum für das 1,5-Grad-Ziel zu interessieren scheine, ein System, „das die Natur nicht weiter zerstört und dass uns auch hier in Siegen die Angst vor der Zukunft nimmt.“ Eine Vertreterin von Extinction Rebellion (XR) erinnerte daran, dass es junge Menschen in Deutschland sehr schwer hätten, politisch Einfluss zu nehmen – das Durchschnittsalter der Bundestagsabgeordneten sei hoch, es gebe kaum Mandatsträger unter 30. „Unsere Bitte an die Älteren: Helft uns aktiv dabei, die Klimakatastrophe abzuwenden, wir schaffen das nicht ohne Euch!“
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