Siegen. Eintauchen in die Historie: CDU und SPD regen an, in Siegen Infopunkte mit analogen und virtuellen Bildern aus der Stadtgeschichte zu versehen.
Gerade noch steht man am oberen Ende der heutigen Löhrstraße, Sekunden später an gleicher Stelle – bloß im 19. Jahrhundert mit Blick auf das damals noch vorhandene Gebäudeensemble Klubb. VR-Brillen und Animationen sollen es möglich machen. Ob aus dem Vorschlag, den CDU und SPD in den Kulturausschuss einbrachten, etwas wird, muss sich aber erst noch zeigen: Es geht um Zuständigkeiten, Geld und technische Fragen.
Der Einsatz von Virtual Reality (Virtueller Realität, VR) ist nur ein Aspekt im gemeinsamen Antrag der beiden Fraktionen – aber er führt dessen Stoßrichtung konsequent zu Ende. Ausgangspunkt ist der Wunsch, einen historischen Stadtrundgang anzulegen, der an – teilweise schon vorhandenen – Infotafeln bedeutende Orte und Gebäude vorstellt. Der Clou: Die Tafeln sollen historische Darstellungen enthalten, die der aktuellen Situation das frühere Erscheinungsbild – oder mehrere davon, die Stadt war schließlich ständig im Wandel – aus exakt der identischen Perspektive gegenüberstellen. Über einen QR-Code auf der Tafel lassen sich mit dem Smartphone oder Tablet weitere Infos, Bilder oder Videos abrufen. Und der Clou hoch zwei: Eine VR-Brille und eine entsprechende Software sollen es erlauben, in die historische Situation virtuell komplett einzutauchen.
Siegen: Menschen die „versteckte Schönheit“ mit virtuellen Bildern nahebringen
„Böse Zungen behaupten: Die Umgebung Siegens ist schön – die Stadt Siegen nicht“, leitete Kürsat Özcan (CDU) seine Erläuterungen zu dem Antrag ein und betonte, dass er derartige Äußerungen nicht unwidersprochen stehen lasse. „Wir können und müssen stolz auf das sein, was uns geprägt hat. Wir müssen den Leuten die versteckte Schönheit der Stadt nahebringen.“ Er mache das oft mit historischen Bildern, „besonders vom Klubb“. Die 25 Häuser in der Oberstadt wurden im 19. Jahrhundert bei einem Brand zerstört, das Stadtbild änderte sich an dieser Stelle massiv. Heute ist dort die Fissmer-Anlage. An den Klubb erinnern noch ein Straßenname und eine Bronzegusstafel. Aber ohne Bild. Gerade mit der VR-Variante verbinde er „die Hoffnung, dass wir die heimische Geschichte für jüngere Leute interessant machen können“, sagte Kürsat Özcan.
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2018 hatte der Kulturausschuss bereits einstimmig beschlossen, in der Stadt einheitlich gestaltete Infotafeln anzubringen, die auf besondere Orte, Persönlichkeiten oder Objekte hinweisen. Damals wurde eine Vorschlagsliste erstellt, angebracht sind solche Tafeln unter anderem schon beim Berliner Bär oder bei Henner und Frieder. Außer Text sind QR-Codes Standard, die zu weiteren Infos online führen. Dort könnten auch Bilder hinterlegt werden, wie Astrid Schneider, Leiterin der städtischen Kulturabteilung, erklärte – also eine kurzfristige Lösung im Sinne des Antrags. „Visualisierungen sind wichtig“, betonte sie. Was einen Themenweg mit VR-Elementen angehe, „muss ich aber etwas Essig in den Wein gießen: Wir sind nicht zuständig.Stadtrundgänge sind Sache des Stadtmarketings.“
Siegen: Bilder für Infotafeln kommen – VR-Rundgang ist Sache des Stadtmarketings
Darauf hatte zuvor auch der zuständige Dezernent, Stadtrat Arne Fries, hingewiesen. Er äußerte sich zuversichtlich, dass das Stadtmarketing einen Verleih der erforderlichen VR-Brillen organisieren könne. Ob ein durchgehender Rundgang zu realisieren sei, daran äußerte er allerdings wegen Sicherheitsaspekten Skepsis: Wer mit einer VR-Brille durch eine virtuelle Stadt geht, sieht währenddessen schließlich nicht die realen Gegebenheiten und läuft Gefahr, vor Objekte zu rennen. Eine durchgehende Tour mit Brille vor den Augen würde also schwierig – was natürlich nicht heißt, dass die statische Nutzung an ausgewählten Punkten nicht gefahrlos vonstatten gehen könnte.
Noch mehr Ideen
Kulturamtsleiterin Astrid Schneider wies darauf hin, dass die geplante Erweiterung des Siegerlandmuseums in den Bunkern an der Burgstraße einem ähnlichen Ansatz folge, was die Nutzung von Virtual und Augmented Reality betrifft – nur eben nicht über die Stadt verteilt, sondern an einem Ort.
Erik Dietrich (Volt) begrüßte den ursprünglichen Antrag von CDU und SPD, bedauerte aber, dass nicht auch Stellen außerhalb des Stadtgebiets vorgeschlagen seien – etwa in Weidenau oder Eiserfeld.
Lena Schmidt (Grüne) regte an, für das Projekt eine Kooperation mit der Universität Siegen in Betracht zu ziehen.
Ungeklärt ist dabei die Frage nach den Kosten. Fest steht nur, dass sowohl die Geräte als auch die Software relativ teuer sein werden. „Wenn Sie eine Klasse mit 20 Kindern haben: Da sind die VR-Brillen nicht zu bezahlen“, gab Astrid Schneider zu bedenken. Sie schlug vor, der Ausschuss könne mit einem Beschluss den Aufsichtsrat der Stadtmarketing Siegen GmbH bitten, die Möglichkeit der VR-Rundgänge zu prüfen und die Kosten zu ermitteln. Dem stimmte der Ausschuss geschlossen zu – ebenso wie dem Vorschlag, dass die Stadt kurzfristig die mit den Infotafeln verknüpften Online-Inhalte um Bilder ergänzt.
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