Weidenau. Die Schließung des Benteler-Werks in Weidenau will der Betriebsrat nicht hinnehmen. Bei einer Betriebsversammlung informiert er über seine Pläne.

Die Geschäftsführung will das Benteler-Automobiltechnik-Werk in Weidenau weiterhin schließen – „wir wollen es weiterhin erhalten“, sagt Dirk Euteneuer, stellvertretender Vorsitzender des lokalen Betriebsrats. Diese völlig gegensätzlichen Positionen seien am vergangenen Mittwoch bei einem Gespräch deutlich geworden – und sie seien der Tenor, den die Arbeitnehmervertreter der Belegschaft bei einer Betriebsversammlung am Montag wiedergaben.

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„Wir stellen uns zusammen mit der IG Metall auf“, berichtet Dirk Euteneuer im Anschluss an die Veranstaltung. Es gehe darum, in den nächsten Runden – am 27. September und 7. Oktober – Vorstellungen und Vorschläge zu präsentieren, wie die 270 Arbeitsplätze erhalten werden können. Auf Arbeitgeberseite sei „die Argumentation sehr dürftig“. Die Geschäftsleitung führe wirtschaftliche Probleme an – „aber welches Unternehmen hat die in der Coronakrise nicht?“, fragt Dirk Euteneuer. Auch der Verweis auf eine unzureichende Auftragslage greife nicht recht, weil davon ebenso andere Standorte betroffen seien.

Siegen: Benteler-Belegschaft nahm jahrelang Einschnitte hin, um das Werk zu erhalten

Die Betriebsversammlung habe einmal mehr gezeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen sich unfair behandelt fühlen, weil sie über Jahre „in Vorleistung gegangen“ seien, wie der stellvertretende Betriebsratschef sagt. Es geht unter anderem um Verschiebung von Lohn und Tarifzusatzleistungen, Sozialleistungen und Stundenkonten, außerdem um rund anderthalb Jahre Kurzarbeit mit den damit verbundenen Einschnitten. Dies habe die Belegschaft auf sich genommen, um dauerhaft einen Beitrag zum Erhalt des Werks zu leisten.

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Auch das Engagement von Teilen der Politik im Kampf um die Arbeitsplätze im Benteler-Werk in Weidenau enttäuscht viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das wurde auf einer Podiumsdiskussion vor der Betriebsversammlung in der Bismarckhalle deutlich, bei der Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, eine Antwort der Landesregierung im Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung vortrug: Das Unternehmen habe im Zusammenhang mit der angekündigten Schließung des Standorts Weidenau nicht um Unterstützung gebeten – und von sich aus sei die Landesregierung nicht auf Benteler zugegangen.

Benteler-Automobiltechnik Weidenau: Enttäuschung über Teile der Politik

„Die kommen rein, labern uns voll. Wenn ich das dann höre, platzt mir die Hutschnur“, meldete sich daraufhin einer der Kollegen zu Wort – nachdem er zuvor erwähnt hatte, dass der CDU-BundestagsabgeordneteVolkmar Klein einer der ersten gewesen sei, die das Werk besucht und sich informiert hätten. „Schreib Ihm bitte mal einen Brief, dass er seinen Job nicht gemacht hat“, sagte der Mann an den Betriebsratsvorsitzenden Edgar Barkow gewandt.

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Das Werk soll nach dem Willen der Geschäftsführung Mitte 2022 geschlossen werden, die Belegschaft erfuhr davon unvermittelt am 1. Juli. Seitdem bleiben Betriebsrat und IG Metall mit Aktionen am Ball, um für die Stellen zu kämpfen. „Wir haben auf politischer Seite Unterstützer gesucht, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen können“, begründet Edgar Barkow, wieso Thomas Kutschaty und einige lokale SPD-Politikerinnen und -Politiker auf dem Podium sitzen.

Automobil-Industrie in Deutschland: „Wir dürfen nicht länger pennen“

Thomas Kutschaty hebt die Bedeutung der Automobilzulieferer für die deutsche Automobilindustrie hervor, sofern diese sich nicht vollständig von ausländischen Unternehmen abhängig machen wolle. Die Probleme seien gerade beispielhaft an den Engpässen in der Halbleiterindustrie zu sehen, die Autokonzerne hart trifft. „Ist es überhaupt noch gewollt, Autos in Deutschland zu produzieren?“, fragt ein Kollege angesichts der Verlagerung von Standorten und Wissen ins Ausland. „Wenn es uns gelingt, die Umstellung auf Elektro-Mobilität hinzubekommen, werden hier auch noch in 20, 30, 40 Jahren Autos produziert“, antwortet Thomas Kutschaty. Aber: „Wir dürfen da jetzt nicht länger pennen.“

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