Weidenau. Die IG Metall Siegen fordert schärfere politische Regelungen für Unternehmen wie Benteler, die staatliches Geld erhalten, etwa für Kurzarbeit.

Der öffentliche und politische Druck auf die Firma Benteler zur drohenden Schließung des Werks in Weidenau wächst. Nachdem sich bereits der Bundestagsabgeordnete Volkmar Klein (CDU) und Landrat Andreas Müller vor Ort mit dem Betriebsrat ausgetauscht haben, bekräftigten nun auch Vertreter der SPD, ihre Kanäle etwa ins Bundesarbeitsministerium zu nutzen – auch in der Frage von Landes- und Bundesbürgschaften für das Unternehmen. Er stehe in Kontakt mit Hubertus Heil, sagte Peter Müller, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) der SPD.

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Die IG Metall bekräftigt unterdessen, dass das Regelkorsett in Deutschland enger geschnürt werden müsse, um etwaiges Fehlmanagement nicht von der öffentlichen Hand querfinanzieren zu lassen.

Verhandlungsfrage geklärt: Betriebsrat Weidenau führt Gespräche mit Benteler

Inzwischen hat sich in der Frage der Verhandlungsführung etwas getan: Der Weidenauer Betriebsrat ist der Ansprechpartner der Geschäftsführung für die anstehenden Gespräche. Das war bislang nicht geklärt (wir berichteten), der Konzernbetriebsrat hat aber nun beschlossen, dass den Arbeitnehmervertretern vor Ort das Verhandlungsmandat zusteht. Das hat Benteler nun auch bestätigt. Man wolle zügig Gespräche aufnehmen, mit dem Ziel, den „bestmöglichen Lösungsweg zu finden, um die Zeit der Unsicherheit für die Belegschaft möglichst gering zu halten“, so die Pressesprecherin der Benteler-Gruppe.

Das Benteler-Werk in Siegen-Weidenau: Für etwaige Managementfehler soll nicht die Belegschaft büßen, fordert die IG Metall.
Das Benteler-Werk in Siegen-Weidenau: Für etwaige Managementfehler soll nicht die Belegschaft büßen, fordert die IG Metall. © Hendrik Schulz

„Die Arbeitnehmervertretung ist ein sehr wichtiger Partner für die Umsetzung der weiteren Schritte“, heißt es weiter. Man werde versuchen, den geplanten Personalabbau im Zuge der Werksschließung gemeinsam möglichst sozialverträglich zu gestalten. Mögliche Angebote könnten Brücken in den Ruhestand, eine mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Benteler-Standort oder die Unterstützung bei der Suche nach neuer Beschäftigung sein.

Benteler widerspricht mangelnder Informationspflicht für Betriebsrat Weidenau

Sich widersprechende Angaben machen beide Seiten zur Frage der Informationspflicht (wir berichteten): Am 30. Juni war der Konzernbetriebsrat über die geplante Werksschließung in Weidenau informiert worden. Der lokale Betriebsrat fühlt sich übergangen, weil erst für den Tag der Betriebsversammlung am 1. Juli ein Gesprächsangebot der Geschäftsleitung eingegangen sei. Das habe man abgelehnt, weil man so knapp nicht mehr die Möglichkeit gehabt habe, Einfluss auf die unternehmerische Entscheidung zu nehmen, so Betriebsrat und IG Metall. Benteler verweist darauf, sich an die „gesetzlich vorgeschriebenen und notwendigen prozessualen Schritte gehalten“ zu haben.

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Lokaler Betriebsrat und Industriegewerkschaft kündigen an, weiter für einen kompletten Erhalt des Werks zu kämpfen. Aus ihrer Sicht könnten nicht die 270 Beschäftigten und ihre Familien für Managementfehler die Konsequenzen tragen. Mitbewerber, die das selbe Marktsegment bedienen wie Benteler und nur wenige Kilometer weiter fertigen, seien voll ausgelastet – „wir nicht“, bekräftigt der Betriebsrat. Das Unternehmen verweise zur Begründung vage auf den internationalen Wettbewerb, gleichzeitig sollten die Aufträge, die in Weidenau frei werden, ans Benteler-Werk Paderborn gehen, so die IG Metall.

Benteler-Werk in Siegen-Weidenau erst kürzlich millionenschwer modernisiert

Belastbare Angaben zu den Gründen der Werksschließung gebe es nach wie vor nicht, kritisiert Gewerkschaftssekretär Peter Richter von der IG Metall: Im Dezember 2020 sei die für Weidenau positive Nachricht gekommen, dass keine Werksschließungen geplant seien, Benteler sich stabilisiert habe. „Wir haben eine kleine Entlassungswelle vermutet“, sagt Richter, „wir wissen ja, was bei Benteler los ist und wie die Auslastungssituation ist.“ Die Ausgangsbedingungen in Weidenau seien gut: Das Werk ist vor Kurzem erst millionenschwer umgestaltet und modernisiert worden, es gebe eine erfahrene Mannschaft, der Betrieb habe gute Produktions- und Effizienzwerte.

Aus Sicht der IG Metall habe es Benteler versäumt, sich auf dem Markt neu zu positionieren, auf zukunftsfähige Technologien zu setzen, neu Kunden zu akquirieren. Benteler habe sich nicht weiterentwickelt. Das sieht auch der Betriebsrat so und verweist auf die Abhängigkeit bestimmter Produktsparten durch die Umstrukturierung – vorher sei man kleinteiliger, aber breiter und flexibler aufgestellt gewesen. Man habe seinerzeit – vor dem Hintergrund vorangegangener Restrukturierungspakete – klar zum Ausdruck gebracht, dass dem Weidenauer Werk etwas übergestülpt werden solle, das so nicht funktionieren werde.

Bei Benteler in Siegen gibt es Kurzarbeit seit anderthalb Jahren

Seit anderthalb Jahren herrscht Kurzarbeit am Benteler-Standort Weidenau. Hier sei es eine Forderung an die Politik, die Gesetzgebung zu ändern. Es könne nicht sein, dass Benteler Geld vom Staat erhalte und dann mit öffentlichen Mitteln der Steuerzahler eine solche Entscheidungen treffe, ohne sie näher zu begründen, sagt Peter Richter. Die Diskussion um Unternehmen, die in Krisensituationen staatliche Unterstützung erhalten, war beispielsweise auch aufgekommen, als in der Corona-Pandemie der Daimler-Konzern Kurzarbeitgeld erhielt und gleichzeitig hohe Dividenden an die Aktionäre ausschüttete

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Nicht zuletzt sei dies für die Standortfrage entscheidend – und die betreffe nicht nur das Siegerland, sondern die ganze Republik. Es gelte hier Hürden zu schaffen, so der Gewerkschaftssekretär.