Siegen. Photovoltaik, Solarthermie, Alternative Verkehrsmittel: Im Siegener Gewerbegebiet Leimbachtal kann sehr viel Energie und CO2 eingespart werden.

Wie können Industriegebiete klimafreundlicher werden? In der Produktion werden große Mengen Energie und Ressourcen verbraucht, es gibt ein hohes Verkehrsaufkommen durch Logistik und Arbeitnehmer. Neben Einsparbemühungen einzelner Unternehmen bietet die überbetriebliche Zusammenarbeit hier Chancen.

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Für das Industriegebiet Oberes hat das Wuppertaler Planungsbüro „Zeroemission“ im Auftrag von Kreis und Stadt Siegen ein Klimaschutzteilkonzept erarbeitet. Ziel: Vernetzung und Kooperation der Unternehmen am Standort für nachhaltigeres Wirtschaften und Reduktion der Treibhausgasemissionen.

Das Industriegebiet Oberes Leimbachtal in Siegen

Auf 27 Hektar (10 ha Martinshardt, 17 ha Obere Leimbach) sind 27 Unternehmen mit insgesamt rund 1100 Beschäftigten angesiedelt. Der Autobahnanschluss liegt in unmittelbarer Nähe, neben Firmenparkplätzen gibt es einen Park-and-Ride-Parkplatz am Leimbachstadion.

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Die Buslinie R25 verkehrt hier entlang, zudem liegt hier die einzige Wasserstofftankstelle Südwestfalens, geplant ist eine Radschnellverbindung zur Innenstadt über die Winchenbach. Die meisten Unternehmen stellen für Dienstfahrten Firmenwagen, Fahrradleasing und Lademöglichkeiten für E-Autos zur Verfügung, ebenso Abstellmöglichkeiten sowie Dusch- und Umkleideräume für Radfahrer.

Die Verkehrsnutzung im Siegener Industriegebiet Leimbachtal

Laut einer Umfrage unter Arbeitgebern und -nehmern im Leimbachtal dominiert das Auto: 76 Prozent fahren selbst oder werden mitgenommen, 14 Prozent nutzen das Fahrrad oder gehen zu Fuß, 7 Prozent den Bus. 39 Prozent verfügen über Fahrrad oder Pedelec, der überwiegende Teil legt zur Arbeit eine Strecke zwischen 2,5 und 25 Kilometern zurück. 45 Prozent wohnen weniger als 10 Kilometer entfernt, 56 Prozent benötigen weniger als 20 Minuten bis zur Arbeitsstelle. Bei der Erreichbarkeit dominiert eben falls der motorisierte Individualverkehr; ÖPNV, Bus und Fahrrad werden als schlecht bis sehr schlecht bewertet. Entsprechend hoch ist die Unzufriedenheit mit den bestehenden Angeboten (über 70 Prozent).

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Gleichzeitig besteht aber eine hohe Bereitschaft, nachhaltige Alternativen zum Auto zu nutzen, sowohl bei Job-Ticket, Job-Rad, Fahrgemeinschaften oder E-Mobilität – gäbe es sichere Radwege, würde eine Mehrheit das Fahrrad auch nutzen. Gleiches gilt für eine bessere Anbindung mit höheren Taktzeiten für den ÖPNV.

Der Energieverbrauch der Unternehmen im Siegener Industriegebiet

5190 Megawattstunden Energie verbraucht das Gewerbegebiet im Jahr, 62 Prozent davon Erdgas, 32 Prozent Strom. Das macht 1713 Tonnen CO2-Äquivalente – der Anteil am Gesamtverbrauch der Stadt Siegen (3300 Gigawattstunden und 1,2 Millionen Tonnen CO2) beträgt 0,16 bzw. 0,14 Prozent.

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Pro Hektar entspricht das 63 Tonnen CO2-Äquivalenten – im Vergleich mit anderen Industriegebieten ist das Leimbachtal damit relativ klimafreundlich. Da das Gebiet noch recht neu ist, wurden Gebäude energieeffizient errichtet, Prozesse und Technologien entsprechend ausgerichtet.

Die Möglichkeiten in Siegen: Photovoltaik und alternative Verkehrsmittel

Schwerpunkt ist die Überbetrieblichkeit, weil Unternehmen hier Entwicklungspotenziale aufgezeigt werden, die für alle interessant sind. „Die sich aus diesen Potenzialen ergebenden Maßnahmen sind in der Regel für alle ansässigen Betriebe ein Gewinn“, schreibt Zeroemission – auch in finanzieller Hinsicht; für Betriebe und Beschäftigte. Empfohlen wird, dafür zunächst die Vernetzung vor Ort voranzutreiben und ein Gewerbegebietsmanagement zu installieren.

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Photovoltaik: Um insgesamt 871 Tonnen CO2– 51 Prozent – könnten Emissionen bis 2030 reduziert werden. Bislang gibt zwei Photovoltaik-Anlagen am Standort, bei gleichzeitig viel ungenutzter Dachfläche. Würden 47 Prozent der Dachflächen für Photovoltaik genutzt, könnte der Standort vollständig hierüber mit Strom versorgt werden. Gleichzeitig wären die Emissionen um 38 Prozent reduziert. Das Einsparpotenzial bei Energiekosten liegt bei bis zu 264.000 Euro – bei Investitionen von insgesamt rund 1,5 Millionen. Ergänzend empfiehlt Zeroemission eine Dachbegrünung: Der Kühleffekt kann die Effizienz der Photovoltaik-Anlagen um bis zu 4 Prozent steigern. „Die Technik ist mittlerweile ausgereift, die Module werden immer günstiger und die Stromgestehungskosten für große Dachanlagen liegen zwischen 5 und 8 Cent pro erzeugter kWh“, so Zeroemission.

Siegener Unternehmen könnten mit gemeinsamer Wasserstoff-Dienstwagenflotte sparen

Solarthermie-Anlagen auf 5000 Quadratmetern Dachfläche könnten gut eine Gigawattstunde Erdgas pro Jahr ersetzen (Warmwasser, Raum- und Prozesswärme). Um insgesamt 13 Prozent oder 217 Tonnen CO2 könnten die Emissionen sinken. Investitionskosten: Rund 1,2 Millionen Euro.

Flächenreserven für die Zukunft

Künftig steigendem Stromverbrauch und schlechterer Produktion im Winter könnte mit einer „Solarwand“ auf der Abbruchkante des Industriegebiets begegnet werden.

Auf 2900 Quadratmetern Fläche könnte eine weitere Photovoltaik-Anlage weitere 329 Megawattstunden Strom im Jahr liefern. Planungsrechtlich gilt die Abbruchkante zwar als Ausgleichsfläche – aber das kann sich ändern.

Verkehr: Der ÖPNV kann optimiert und attraktiviert werden, die Unternehmen können etwa gemeinsam Jobtickets bestellen. Die Bereitschaft der Belegschaften zur verstärkten ÖPNV-Nutzung ist laut Umfrage da, ein höheres Fahrgastaufkommen könnte eine höhere Taktdichte rechtfertigen. Auch Fahrgemeinschaften über eine gemeinsame Onlineplattform sind denkbar, um das Auto-Aufkommen zu verringern – die Mitarbeiter würden zudem Geld sparen.

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Nicht ständig genutzten Dienstwagen könnte man mit einer gemeinsamen Flotte an Wasserstofffahrzeugen, mittelfristig sogar auch mit einer eigenen Wasserstofferzeugung, oder Carsharingsystemen begegnen. Der Radverkehr könne verbessert werden, indem die Betriebe den Beschäftigten Pedelecs zur Verfügung stellen, so die Empfehlung. Ein Radschnellweg zum ZOB ist bereits in Planung. Langfristig sind auch E-Scooter (für die Überbrückung von der Haltestelle) und Lastenräder denkbar sowie ein autonomer Shuttle-Pendelverkehr zwischen Verkehrsknotenpunkten wie Busbahnhöfen oder dem Siegener Bahnhof.

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