Siegen. Damit sich Firmen künftig auf der Martinshardt ansiedeln können, muss jede Menge Boden bewegt werden. Zunächst stehen aber Erkundungsbohrungen an

Vom antiken zum modernen Gewerbegebiet: Die Stadt Siegen möchte mit der Martinshardt II weitere Flächen für Unternehmen gewinnen. Weil der Berg ein uralter Siegerländer Wirtschaftsstandort ist und seit Jahrhunderten vom Bergbau durchlöchert wurde, wird derzeit untersucht, ob Hohlräume im Untergrund die Statik von Firmengebäuden gefährden würden.

Anhand alter Aufzeichnungen und geologischer Karten wurden Suchräume für die Erkundungsbohrungen identifiziert.
Anhand alter Aufzeichnungen und geologischer Karten wurden Suchräume für die Erkundungsbohrungen identifiziert. © Hendrik Schulz

Das Gewerbegebiet

14 Hektar Gewerbe- und Industrieflächen entstehen für die Martinshardt II, etwa so groß wie die Gewerbegebiete Martinshardt I und Oberes Leimbachtal zusammen. Die Bruttofläche beträgt 26 Hektar.

20 Meter wird der Boden abgesenkt, von der Kuppe der Martinshardt als höchstem Punkt gesehen, so Martin Thomas, stv. Leiter Abteilung Straße und Verkehr. Oberhalb des „Summit“ schließen sich auf Terrassen zwei große Areale für Unternehmen an.

2022 sollen die ersten Firmen bauen können. Die Nachfrage sei riesig, sagt Bürgermeister Steffen Mues – die beiden Gewerbegebiete waren schnell belegt. 3000 m2 sind hier nur noch frei. Bestehende Firmen sollen aber ihre Standorte sichern und ausbauen, neue Unternehmen sich ansiedeln können, es gebe reihenweise Anfragen auch größerer Firmen, die die Stadt derzeit nicht bedienen könne. „Wir sind dringend auf weitere Flächen angewiesen“, sagt Mues.

400.000 Euro kosten die Voruntersuchungen, die bei der späteren Vermarktung auf jeden Quadratmeter umgelegt werden müssen.

Die Probleme

Topografie: Angesichts vieler Berg- und Tallagen sind Gewerbeflächen extrem teuer zu erschließen, weil viel Erdreich bewegt werden muss. Im Oberen Leimbachtal und Martinshardt I konnte das Material immerhin direkt wieder an Ort und Stelle verbaut werden.

Altbergbau: Bereits bei den beiden benachbarten Gebieten waren umfangreiche Voruntersuchungen nötig, um zu gewährleisten, dass Stollen und Schächte die Statik des Standorts nicht gefährden.

Umwelt: Weil Bäume gefällt, die Kuppe der Martinshardt abgetragen werden, sind Natur- und Artenschutz berührt. „Das alles macht es schwieriger, teurer, teils viel länger. Damit haben wir seit Jahrzehnten zu kämpfen“, sagt der Bürgermeister – man sei aber auch hier guter Dinge.

Branchenmix sichert Jobs

4,5 Millionen Euro mehr an Gewerbesteuereinnahmen konnte Kämmerer Wolfgang Cavelius gerade für den städtischen Haushalt 2018 verbuchen – Siegen ist angewiesen auf diese Einnahmequelle.

Der Wirtschaftsstandort Siegen hat mittlerweile einen Mix aus sehr verschiedenen Branchen; Hochtechnologie und Handwerk, Bauindustrie und Kreativwirtschaft sollen sich auch im neuen Gewerbepark ansiedeln und attraktive Arbeitsplätze künftig sichern.

Die Bohrungen

150, maximal 200 Jahre sind die Gruben alt – eine Aufzeichnungspflicht für den Bergbau gibt es erst seit 1865. Seitdem wurde der Bergbau dokumentiert, Stollen, Schächte und Strecken vermessen, sagt Projektleiter Hamid Amrollahi. Diese Unterlagen des Altbergbaus hat die Ingenieurgesellschaft Arccon beim Bergamt in Dortmund ausgewertet – „die sind aber alles andere als lückenlos oder genau“, sagt Amrollahi.

Neben dem Eingang zu diesem unbenannten Schacht (rechts im Gebüsch) sind links die Rohre der Erkundungsbohrungen zu erkennen.
Neben dem Eingang zu diesem unbenannten Schacht (rechts im Gebüsch) sind links die Rohre der Erkundungsbohrungen zu erkennen. © Hendrik Schulz

Ganz zu schweigen vom Uraltbergbau. Der ist im Zweifel gar nicht dokumentiert und reicht zurück bis in die Römerzeit. Damals konnte man mangels effektiver Technik aber nur wenige Meter tief in den Berg vordringen. Anhand der Lage der geologischen Lagerstätten und der Auswertung neuzeitlicherer Karten wurde ein Erkundungskonzept mit rund 200 Bohrungen ausgearbeitet, die bis zu 60 Meter tief sind. Seit Mai laufen die Arbeiten, aktuell sind rund 60 Prozent durchgeführt. Bis Ende August sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

„Bis jetzt haben wir noch nichts gefunden, was wir sanieren müssten“, sagt Martin Thomas. Falls doch, würden die Hohlräume mit betonartigem Material verfüllt und verpresst. 300 Meter reicht zum Beispiel der Schacht der Grube Martinshardt hinab, der bis in die 1950er Jahre noch genutzt wurde.

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