Schmallenberg. Das Wisent-Projekt könnte schneller beendet sein als gedacht. Wie die Waldbauern aus Oberkirchen auf die überraschende Wende reagieren.
„Kaum sind elf Jahre vergangen, da geht es in die richtige Richtung“ sagt Friedrich von Weichs etwas scherzhaft mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen im Wisent-Streit. Wie ernst das Thema ist, weiß der Anwalt aus Schmallenberg. Er vertritt Hubertus Dohle, einen der Waldbauern aus Oberkirchen. Zusammen mit Georg Feldmann-Schütte - ebenfalls Waldbauer aus Oberkirchen - sind sie bis vor den Bundesgerichtshof gezogen.
Dass das Wisent-Projekt im Rothaargebirge nun innerhalb der nächsten sechs Monate beendet sein könnte, hatte die Kreisverwaltung in Siegen am Freitagnachmittag (22. März) mitgeteilt. Ausschlaggebend ist in dem Fall kein Gerichtsurteil, sondern der Rückzug einer Vertragspartei. Denn der Grundstückseigentümer, die Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer, hat den öffentlich-rechtlichen Vertrag „rechtmäßig gekündigt und mitgeteilt, dass seine Eigentumsflächen unter den gegebenen Umständen für eine Fortführung des Projektes nicht mehr zur Verfügung stehen“, so der Kreis. Dies führe nach den Regelungen des Vertrages dazu, dass das Projekt innerhalb von sechs Monaten abgewickelt werden müsse.
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Mit den „gegebenen Umständen“ sind die Entwicklungen der vergangenen Monate gemeint: Im August vergangenen Jahres hatte der Trägerverein des Artenschutzprojektes Insolvenz angemeldet. Ein Schlag ins Gesicht für die klagenden Waldbauern aus Schmallenberg, die nach jahrelangem Rechtsstreit ein Betretungsverbot für ihre Grundstücke durchsetzen konnten und den Verein somit finanziell zur Rechenschaft ziehen durften.
Mit der Insolvenz hatte sich der Wisent-Verein zugleich aus der Verantwortung für die Wisente gezogen. Das wiederum stellte ein erhebliches Problem für die anderen Vertragsparteien des Projekts dar – also den Kreis Siegen-Wittgenstein, das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Arnsberg, den Landesbetrieb Wald und Holz NRW und eben die Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer als Eigentümer der Grundstücke, über die sich das bisherige Projektgebiet im Kreis Siegen-Wittgenstein erstrecken sollte.
Seit November leben die bislang frei umherstreifenden Wisente in einem neuen Managementgehege bei Bad Berleburg. Das 24 Hektar große Areal ist eingezäunt und hält die Tiere davon ab, auf verbotene Grundstücke zu gehen und Schälschäden anzurichten.
„Wir haben großen Respekt vor der Kehrtwende der Rentkammer und des Kreises und sind ohne jede Häme“, betont Friedrich von Weichs. Offenbar sei auch dort bewusst geworden, dass das Wisent-Projekt viel Zeit und Geld koste und dass man im Forst mit dem Fichtensterben große Probleme habe, auf die man sich nun konzentrieren muss.
Herde inzestuös
Von Weichs ist aber auch überzeugt: „Hätten Herr Feldmann-Schütte, Herr Dohle und auch weitere Waldbauern das Thema nicht so hartnäckig verfolgt, wäre das Projekt in all den Jahren nicht so hinterfragt worden.“
Und fragwürdig sei es allemal: Ein Problem sieht er zum Beispiel auch darin, dass die Herde inzestuös sei. Weder ein vernünftiges Herdenmanagement, noch eine ordentliche Zuchtdokumentation hätten stattgefunden. „Die Tiere haben sich einander unkontrolliert gedeckt, das ist nicht marktgängig.“ Für die Schmallenberger Waldbauern ist das Projekt daher erst beendet, wenn eine Lösung für die Tiere gefunden ist - und das dürfte noch einmal herausfordernd werden.
Das Wisent-Projekt stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Ein solches Artenschutzprojekt muss von allen Beteiligten getragen werden. „Und wir Waldbauern haben schon 2005 in ersten Gesprächen im Maritim-Hotel in Grafschaft klar gemacht, dass wir nicht dahinter stehen“, erinnert sich Georg Feldmann-Schütte. „Die Schäden haben wir jetzt.“ Schon damals hätte man Kompromisse finden müssen. Das passierte aber nicht. Stattdessen wurde gestritten - elf Jahre lang. „Es war ein fürchterlich langer Weg“, so Feldmann-Schütte. Viel Zeit und Kraft hat er gekostet. Auf einen Teil der Entschädigungen wartet der Oberkirchener immer noch. Auch die Kosten des Verfahrens, die der insolvente Trägerverein zahlen müsste, seien noch offen. „Hier sind Steuergelder in Millionenhöhe verschwendet worden.“