Wittgenstein. Der Grundstückseigentümer kündigt den Vertrag: Warum das gesamte Unterfangen jetzt vor dem Aus innerhalb von sechs Monaten steht.
Das Wisent-Projekt im Rothaargebirge könnte innerhalb der nächsten sechs Monate beendet sein: Das teilt jetzt die Kreisverwaltung mit. Demnach hat der Grundstückseigentümer, die Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer, den öffentlich-rechtlichen Vertrag „rechtmäßig gekündigt und mitgeteilt, dass seine Eigentumsflächen unter den gegebenen Umständen für eine Fortführung des Projektes nicht mehr zur Verfügung stehen“, so der Kreis. Dies führe nach den Regelungen des Vertrages dazu, dass das Projekt innerhalb von sechs Monaten abgewickelt werden müsse.
Die Insolvenz des Wisent-Vereins und die damit verbundene Aufgabe der Verantwortung für die Wisente stelle ein erhebliches Problem für die anderen Vertragsparteien des Projekts – also den Kreis Siegen-Wittgenstein, das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Arnsberg, den Landesbetrieb Wald und Holz NRW und eben die Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer als Eigentümer der Grundstücke, über die sich das bisherige Projektgebiet im Kreis Siegen-Wittgenstein erstrecken sollte – dar. „Neben diesen formalen Aspekten sehen die anderen Vertragsparteien derzeit allerdings auch keine andere Perspektive, die eine Fortführung des Freisetzungsprojekts ermöglichen würde“, teilt Kreissprecher Torsten Manges mit.
Diese Nachricht bedeutet für den Kreis Siegen-Wittgenstein noch nicht, jetzt die Hände in den Schoß zu legen und aufzugeben. Stattdessen solle sich bemüht werden, „einen neuen Projektträger zu finden oder eine neue gemeinschaftliche Projektträgerstruktur zu bilden.“ Jedoch: Unter einem guten Stern steht diese Suche derzeit nicht. So schätzt es die Kreisverwaltung ein: „Allerdings zeichnet sich bislang noch nicht ab, dass neben der Stadt Bad Berleburg und dem Kreis Siegen-Wittgenstein, deren politische Gremien eine Mitfinanzierung in Aussicht gestellt haben, weitere entsprechende Partner gewonnen werden könnten. Es konnten bisher keine Dritten gefunden werden, die die Bereitschaft besitzen, als Stiftende mit eigenen nennenswerten Finanzierungsbeiträgen in der vom Runden Tisch angedachten Stiftung, die für eine Übernahme der Projektträgerschaft gebildet werden sollte, mitzuwirken. Somit konnte bislang auch die zukünftige Finanzierung des Freisetzungsprojektes mit einem Finanzbedarf von mindestens 500.000 Euro jährlich nicht sichergestellt werden.“
Die Wisente selbst leben nach den jüngsten Entwicklungen bereits in einem Gatter: einem 25 Hektar großem Managementgehege bei Bad Berleburg, so die Kreisverwaltung. Den 40 Tieren gehe es gut, zumindest weisen „alle eine sehr gute körperliche Konstitution auf.“ Aber die Freiheit ist für die Wildrinder nicht mehr: „Das Gatter ist geschlossen. Die Freisetzungsphase ist damit zurzeit beendet.“
Die vom Runden Tisch geplante Verbringung von Tieren in andere Projekte sei dennoch weiterhin geplant und werde von allen Beteiligten für notwendig gehalten. „Sie erfordert aber eine umfängliche und zeitintensive Vorbereitung, sodass mit einer Umsetzung noch nicht begonnen werden konnte. Derzeit läuft auch noch die Abstimmung mit interessierten anderen Projekten im In- und Ausland. Bis zum Abschluss dieser Abstimmungen ist sich mit den dortigen Projektträgern darauf verständigt worden, mögliche Zielprojekte noch nicht konkret öffentlich zu benennen“, so die Kreisverwaltung. Die Beratungen des vom Kreistag Siegen-Wittgenstein eingerichteten Runden Tisches waren maßgeblich von dem Ziel geprägt, das seit geraumer Zeit umstrittene Freisetzungsprojekt fortführen zu können. Doch nun hat die Kündigung durch die Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer die Rahmenbedingungen für dieses Vorhaben deutlich verändert.
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