Ramsbeck. Die Chorgemeinschaft Ramsbeck hat Angst um ihre eigene Zukunft. Das Jahr 2024 wird ein entscheidendes in der Geschichte des Chores.
Wenn das Vorstandsteam der Chorgemeinschaft Ramsbeck beisammensitzt, wird viel gelacht. Doch die gute Laune kann nicht über die Sorgen der Sängerinnen und Sänger hinwegtäuschen. Gerade einmal 15 sind es noch. Entsprechend groß ist die Angst um die Zukunft des Chores. Das Jahr 2024 wird in der Geschichte der Chorgemeinschaft wohl ein ganz bedeutendes werden. Denn dann wird sich vermutlich entscheiden, ob man den Verein mangels Mitglieder wird auflösen müssen, oder ob er eben doch noch eine Zukunft hat.
Eines Wunders bedarf es dafür zwar nicht. Allerdings muss sich tatsächlich einiges ändern, damit der Fortbestand des Chores gesichert ist. Denn schon mit 15 Mitgliedern ist es eine Herausforderung, den Chorbetrieb aufrechtzuerhalten. Setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort und die Zahl sinkt noch weiter, ist das Aus so gut wie besiegelt. „Irgendwann muss man dann einfach einen Schlussstrich ziehen“, sagt Monika Förster vom Vorstandsteam. So schwer das sicherlich auch fallen werde.
Noch lassen sich die Sängerinnen und Sänger die Freude am Gesang durch die Angst vor der Zukunft ihres Chores aber nicht trüben. 24 sind heute zur Probe in den Junkern Hof gekommen - langjährige Mitglieder und zusätzlich Teilnehmer eines Projektchores, zu dessen Teilnahme die Chorgemeinschaft aufgerufen hatte, um die Reihen zumindest für eine bestimmte Zeit mit neuen Stimmen aufzufüllen.
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Der Aufruf hatte Erfolg. Zehn Leute hatten sich daraufhin gemeldet. „Davon waren wir angenehm überrascht“, betont Monika Förster. Damit kann man arbeiten. Ziel des Projektchores ist ein Abschlusskonzert, das – so ist es geplant – im Frühjahr in der Maschinenhalle des Bergbaumuseums stattfinden soll. Niemand im Vorstand gibt sich mehr der Illusion hin, mit einem Konzert die komplette Schützenhalle füllen zu können. „Diese Zeiten sind vorbei“, sagt Monika Förster und schiebt ein „leider“ hinterher.
Wichtige finanzielle Säule
Dabei sind viele Konzertbesucher doch so wichtig. Denn: Die Eintrittsgelder solcher Veranstaltungen sind eine der wichtigsten finanziellen Säulen. Die Mitgliedsbeiträge allein reichen bei Weitem nicht aus, um den Chorleiter zu zahlen - auch, wenn es neben den aktiven Mitgliedern zusätzlich rund 60 passive gibt. „Im Moment leben wir noch von unseren Rücklagen, die wir uns über Jahrzehnte aufgebaut haben“, sagt Martina Hunker vom Vorstand. Das gehe noch bis nächstes Jahr gut. Vielleicht noch bis übernächstes, aber dann seien die Reserven erschöpft.
„Es ist ein Teufelskreis“, sagt Monika Förster, während ihre Vorstandskolleginnen Martina Hunker, Silvia Weegels, Christiane Schmücker und Juliane Stehling zustimmend nicken. Denn, selbstverständlich würde der Chor gern öfter Konzerte veranstalten oder bezahlte Auftritte annehmen. Doch dafür ist das personelle Gerüst, auf dem die Chorgemeinschaft steht, inzwischen einfach viel zu fragil. Eine einzige Krankmeldung kann schon dazu führen, dass dieses Gerüst in sich zusammenbricht - dass nicht mehr alle Stimmen besetzt sind und ein Auftritt kurzfristig abgeblasen werden muss.
Mangelnde Stimmgewalt
Was selbst ohne Krankmeldung erschwerend hinzukommt: Mit 15 Mitgliedern ist ein Chor nicht gerade stimmgewaltig. Deswegen scheiden inzwischen auch Auftritte unter freiem Himmel aus - sei es beim Volkstrauertag oder auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Dorfplatz. „Das kommt einfach nicht überzeugend rüber und verpufft“, sagt Christiane Schmücker. Und dann lasse man es lieber ganz. Immerhin zwei Auftritte wird es in der Adventszeit dennoch geben: beim Seniorennachmittag der Ramsbecker Schützen und im Mescheder Elisabeth-Heim. Unentgeltlich und uneigennützig, versteht sich. „Das ist quasi gelebte Gemeinnützigkeit“, sagt Monika Förster und lacht.
Um die Vereinskasse aufzubessern, war in diesem Jahr eigentlich ein Herbstbasar angedacht. Gern hätte der Chor selbstgemachte Marmeladen und Säfte angeboten, Waffeln gebacken und für die älteren Dorfbewohner ein Kuchentaxi durch den Ort geschickt. Doch auch hierbei habe man in der Planungsphase erkennen müsse, dass schlicht und ergreifend das Personal fehlt. „Aber immerhin können wir froh und dankbar sein, dass es uns überhaupt noch gibt“, sagen die agilen Damen aus dem Vorstandsteam mit einem Blick auf die vergangenen Jahre: Der Kirchenchor und der MGV aus Heringhausen sowie der Gemischte Chor aus Ostwig sind bereits seit einiger Zeit Geschichte. Und auch der Gemischte Chor Andreasberg existiert seit dem vergangenen Sommer nicht mehr.
Durchschnittsalter: 60 Jahre
Fehlendes Geld, Mitgliedermangel und Überalterung seien die Hauptprobleme vieler Chöre, die aktuell Angst um ihre Zukunft haben, weiß Chorleiter Detlef Müller. Er leitet inzwischen alle Chöre, die es in der Gemeinde Bestwig noch gibt - immerhin sieben an der Zahl: MGV und Sing for Joy aus Nuttlar, MGV, MGVchen, FeinCHORd und Kirchenchor aus Velmede und eben die Chorgemeinschaft Ramsbeck. Zu der gehören übrigens keineswegs nur Sängerinnen und Sänger aus dem eigenen Ort. Viele von ihnen stammen aus Bödefeld, Remblinghausen und Westernbödefeld. Geschätztes Durchschnittsalter: 60 Jahre.
„Chöre haben einfach kein Image mehr bei den Jüngeren“, sagt Juliane Stehling. „Die jüngere Generation ist es nicht mehr gewohnt, zu singen“, ergänzt Christiane Schmücker. Und doch gibt es ein zartes Pflänzchen der Hoffnung. Erst vor Kurzem hat sich in Bestwig ein neuer Kinderchor gegründet. Von den rund 30 Kindern, die dort mit viel Freude bei der Sache sind, kommen allein 12 aus Ramsbeck.
Teilnahme bis Januar möglich
Und dann ist da als weiteres Pflänzchen der Hoffnung ja auch noch der Projektchor, mit dem es in Ramsbeck aktuell gut läuft und für den es noch lange keinen Aufnahmestopp gibt. „Bis Januar können sich Interessierte noch anmelden“, sagt Detlef Müller. „Das kriegen wir bis zum geplanten Auftritt im Frühjahr hin“, betont er. Und der soll es übrigens in sich haben: Das Konzert wird den Titel „As time goes by“ tragen. Mitnehmen werden die motivierten Sängerinnen und Sänger ihr Publikum dabei auf eine musikalische Reise durch Film und Fernsehen. In der Hoffnung, dass danach die eigene Reise der Chorgemeinschaft noch lange nicht beendet sein wird. Denn bei aller Freude am Gesang und an der Gemeinschaft schwingt diese Angst immer mit.
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