Ramsbeck/Meschede. Klaus Depenbrock hilft Vereinen im HSK auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft. Er kennt die Nöte und Ängste und hat wertvolle Tipps.
Klaus Depenbrock ist Kulturmanager und Ansprechpartner für kulturell ehrenamtlich Tätige beim Hochsauerlandkreis. Er kennt die Sorgen, Nöte und Zukunftsängste vieler Vereine und Chöre. In seiner Funktion hilft er ihnen dabei, einen erfolgreichen Weg in die Zukunft zu finden. Kostenlos! Er kennt sich aus mit Mitgliederwerbung, PR-Aktionen sowie Förderprogrammen und hat viele wertvolle Tipps und Ideen.
Herr Depenbrock, die Chorgemeinschaft Ramsbeck bangt - wie sicherlich viele andere Chöre auch – um ihre Zukunft und damit um ihre Existenz. Ist diese Angst begründet?
Grundsätzlich ist diese Angst nicht begründet. Ich kann die Sorgen allerdings verstehen. Viele Chöre haben gerade in der Corona-Zeit einen Mitgliederschwund erlitten. Die Menschen als Mitglieder zurückzugewinnen, ist für viele Vereine eine Herausforderung, weil das mit den alten Rezepten, die lange Zeit funktioniert haben, heute eben nicht mehr so gut funktioniert.
Wie sehen die alten Rezepte, die nicht mehr funktionieren, denn aus?
Das Freizeitangebot von heute ist viel üppiger als damals. Und die Menschen sind heute zudem deutlich mobiler. Deshalb funktioniert es nicht mehr mit der simplen Einstellung nach dem Motto „Ich bin ein Verein, tritt doch bei“. Genau das wird aber oftmals immer noch versucht. Das schlimmste Szenario ist es, bei Interesse sofort mit dem Beitrittsformular zu wedeln. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass sich bei vielen Menschen die Art, sich freiwillig einbringen zu wollen, verändert hat. Ich würde behaupten, dass die Bereitschaft, ein Ehrenamt zu übernehmen, ungebrochen ist. Aber viele Menschen stehen der „Vereinsmeierei“ skeptisch gegenüber und sehen dabei vor allem auch die Hierarchien kritisch. Sie wollen einfach keinen Vorstand, der sagt, wo es lang geht. Gerade bei Chören ist die Mitbestimmung wichtig, z.B. wenn es darum geht, was gemeinsam gesungen wird.
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Und wie sehen die Rezepte aus, die funktionieren könnten?
Die neuen Rezepte sind niederschwellig, auf Zeit und haben eine geringstmögliche Beitrittsvermutung. Das sind im Prinzip die drei wesentlichen Punkte. Man muss den Menschen darüber hinaus ein ganz konkretes Angebot machen. Sätze wie „Komm einfach irgendwann mal zur Probe vorbei, das macht wirklich Spaß“, werden nicht funktionieren. Ein konkretes Angebot könnte wie folgt aussehen: Der Chor lädt zum Frühjahrssingen, benennt exakt die Probetermine und direkt auch den Auftrittstermin, der ein solches zeitlich begrenztes Angebot beendet. Und dabei ist dann auch vor allem die Ansprache wichtig.
Was meinen Sie damit konkret?
Dass man bei der Ansprache denjenigen im Blick hat, den man gewinnen möchte – dass man sich in ihn hinein versetzt. Man muss den Menschen erklären, was sie davon haben, wenn sie mitmachen. „Wir sind ein toller Verein und suchen Mitglieder“ ist eine Ansprache aus der Perspektive des Vereins und funktioniert in der Regel nicht gut. Singen macht glücklich, Teil einer tollen Gemeinschaft sein, das gemeinsame Erleben des Beifalls nach einem Auftritt – das sind Aspekte, mit denen man die Menschen am ehesten für Projekte gewinnen kann.
Aber wenn ich als Chor immer nur Projekte anbiete, fehlen in der Kasse doch trotzdem die Mitgliedsbeiträge.
Hier ist der Weg das Ziel. Die Erfahrung hat gezeigt: Spätestens wer zum dritten Mal mit Begeisterung bei einem Projekt mitmacht, der bleibt auch dabei und lässt mit sich reden, einen Jahresbeitrag zu zahlen. Natürlich bleiben am Ende nicht immer alle Sängerinnen und Sänger dabei, dafür kommen dann aber neue hinzu. Es ist vor allen Dingen wichtig, sich nicht erst nach dem Ende eines Projektes Gedanken über das nächste zu machen. Wenn man erst einmal auseinander gegangen ist, ist es sehr mühsam, diese Menschen erneut zu gewinnen. Im Idealfall steht während des laufenden Projektchores schon der Plan für das nächste Projekt, es werden Flyer verteilt und es wird Werbung gemacht. Das macht vieles einfacher.
Das heißt, es ist aus Ihrer Sicht gar keine allzu große Veränderung erforderlich, um einen Chor in eine erfolgreiche Zukunft zu führen?
Ich würde sagen, die größte Veränderung ist das Umdenken: die Perspektive desjenigen einzunehmen, den man gewinnen möchte und sich auf die neue Ehrenamtswelt einzustellen und einzulassen. Es sind die vielen kleinen Dinge, die am Ende das große Ganze ausmachen. Das fängt schon bei den Flyern an. Natürlich kann man mit einem Foto von applaudierenden Menschen für die Teilnahme an einem Projektchor werben. Effektiver und viel schöner ist aber doch ein Bild, das die Gemeinschaft des Chores und die Freude am Mitmachen zeigt. Und unabhängig vom Flyer sollte ich als Chormitglied stets drei Argumente für Menschen parat haben, warum sie mit dabei sein sollten. Wenn eine solche Frage in der Kommunikation aufkommt, darf nicht erst lange überlegt werden. Und es sollten tatsächlich drei sein. Zwei sind aus psychologischer Sicht zu wenig, und bei vier wird es schnell unübersichtlich. Und das ganze hilft natürlich auch den Vereinen selbst, wenn es darum geht, kurz und knackig den Kern der Motivation des eigenen Tuns herauszuarbeiten.
Was der Experte rät, wenn es darum geht, neue Mitglieder für den eigenen Chor zu gewinnen.
- Die Perspektive desjenigen einnehmen, den man gewinnen möchte.
- Sich auf die neue Ehrenamtswelt einzulassen und entsprechend darauf zu reagieren.
- Sich während eines Projektes bereits Gedanken über das nächste machen.
- Nicht sofort mit einem Beitrittsformular wedeln.
- Den Kern des Vereins herausarbeiten und stets drei Argument parat haben, warum es sich lohnt mit dabei zu sein
- Nicht scheuen, professionelle Hilfe anzunehmen – zumal sie kostenlos ist. Klaus Depenbrock hat für die Vereine zwar keinen Koffer voller Geld, aber einen üppig gefüllten Werkzeugkoffer voller Impulse und Ideen. Seine Aufgabe sieht er vor allem darin, mit den Akteuren und Akteurinnen vor Ort zu schauen, was sie planen oder verändern wollen und dann zu überlegen, wie es sich umsetzen lässt.
- Erreichbar ist Klaus Depenbrock beim Hochsauerlandkreis unter 0291/94 1803 oder unter klaus.depenbrock@hochsauerlandkreis.de