Meschede. Gericht in Meschede bescheinigt Räubern „Idiotie“, tödlicher Unfall bei Schmallenberg, Steak zu Ehren eines Försters - die Woche vor 50 Jahren.

Über diese Themen berichtete diese Zeitung 1972, vor 50 Jahren, im Lokalteil in Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg.

Urteil nach Überfall in Bremke

Ein „ungewöhnliches Ausmaß von Idiotie“ wird vor dem Schöffengericht in Meschede vier jungen Männern aus Hattingen bescheinigt. Wegen schweren Raubes werden sie zu Haftstrafen zwischen eineinhalb und zweieinhalb Jahren verurteilt.

Durch Überfälle hatten die vier Männer vorgehabt, ihre Geldsorgen loszuwerden. Sie planen, die Sparkasse in Elspe zu berauben – das scheitert daran, weil ein 19 Jahre alter Kfz-Schlosser vergeblich versucht, ein Fluchtauto zu knacken. Schließlich überfallen sie im September das Lebensmittelgeschäft Peitz in Bremke, sie drohen dabei mit Pistolen. Sie werden danach bei Schmallenberg gestellt.

Neues Schulzentrum im Bau

An der Obringhauser Straße in Schmallenberg beginnen die Arbeiten für den Bau des neuen Schulzentrums. Dort soll Platz für das Gymnasium, die Hauptschule und eine Turnhalle sein. Angegliedert werden soll ein großer Sportplatz. 1975 soll alles fertiggestellt sein. Das Amt Schmallenberg hat dafür ein 60.000 Quadratmeter großes Grundstück gekauft. 17 Millionen Mark wird das Schulzentrum kosten, 44 Prozent davon trägt Schmallenberg. Seit 1969 ist ein Neubau im Gespräch. Es gibt akuten Platzmangel an den Schulen, durch die behelfsmäßige Unterbringung von Kindern entstehen auch hohe Fahrtkosten.

>>> Lesen Sie hier: 80 Russen getötet: Der Massenmord bei Meschede vor Gericht <<<

Cobbenrodes Theaterverein

30 Mitglieder sind im Theaterverein Cobbenrode aktiv. Sie proben für ihr nächstes Lustspiel an Weihnachten. Seit 21 Jahren stehen in Cobbenrode Laienschauspieler auf der Bühne. Aktuell ist Fritz Baumhoff der Regisseur – ein Mann der ersten Stunde. Geprobt und aufgeführt wurde damals im Gemeindehaus. Die erforderlichen Kulissen wurden gegen Schinken und Speck eingetauscht.

Schlittschuhläufer auf Hennesee

Verboten ist es nicht, aber der Ruhrtalsperrenverein warnt ausdrücklich davor, auf das Eis am Hennesee zu gehen.

Im Dezember 1972 ist der Hennesee bei Meschede zugefroren - auf dem Vorbecken wird Schlittschuh gefahren, obwohl das lebensgefährlich ist.
Im Dezember 1972 ist der Hennesee bei Meschede zugefroren - auf dem Vorbecken wird Schlittschuh gefahren, obwohl das lebensgefährlich ist. © Jürgen Kortmann

Die Talsperre ist zugefroren, auf dem Vorbecken laufen sogar Menschen Schlittschuh. Der Ruhrtalsperrenverein als Betreiber befürchtet aber: Durch die verschiedenen Zuflüsse zum Hennesee würden unter der Eisfläche Luftblasen entstehen, durch die das Eis brüchig werden könne.

„Hinterwäldlerischer Ablauf“

Vor dem Jugendgericht in Meschede wird ein Unfall mit tödlichen Folgen in Arpe verhandelt. Im Juni 1972, in der hellsten Nacht des Jahres, war ein 19-Jähriger dort mit dem Pkw eines Verwandten unterwegs, als er in die Hauptstraße einbog und dabei die Vorfahrt eines anderen Autos missachtete. Später stellt sich heraus, der 19-Jährige habe überhaupt keine Reaktion gezeigt, beide Fahrzeuge prallen aufeinander. Ein 18-Jähriger stößt mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett. Der Krankenwagen kommt erst eine Stunde später, der junge Mann stirbt am nächsten Tag im Krankenhaus.

Der genaue Unfallhergang ist nicht mehr zu klären: Vor Gericht machen alle Zeugen unterschiedliche Angaben zur Geschwindigkeit, zur Entfernung – und selbst zur Unfallzeit. Wegen fahrlässiger Tötung muss der 19-Jährige 2000 Mark Geldstrafe zahlen. Der Richter spricht von einem „jammervollen Versagen“ aller Beteiligten an der Unfallstelle – selten habe er einen „so provinziellen und hinterwäldlerischen Ablauf“ erlebt.

Treibstoff in der Talsperre

Ölalarm für die Feuerwehr am Hennesee – ausgelöst durch ein Rind: Das Tier hatte sich in Vellinghausen losgerissen und dabei ein 200-Liter-Fass mit Dieseltreibstoff umgestoßen. Über einen Bach sickert der Treibstoff in die Talsperre, wo der Ölfilm entdeckt wird. Im Horbachtal werden Ölsperren errichtet.

>>> Lesen Sie hier: Erstmals Drillinge in Schmallenberg: Kritik von Hebamme <<<

Velmede soll Geld zurückzahlen

Die Gemeinde Velmede soll 200.000 Mark an das Land zurückzahlen. Das fordert das Rechnungsprüfungsamt des Landes: Demnach habe die Gemeinde zu viel Geld als Zuschuss für den Bau des Feuerwehrgerätehauses erhalten – irrtümlicherweise war bei der Berechnung angenommen worden, Velmede sei „bedürftig“. Deshalb wurde eine Unterstützung von 50 Prozent der Baukosten ausgezahlt. Bei einer erneuten Berechnung stellte sich heraus, dass das falsch war. Die Gemeindevertreter beschließen: Sie lehnen die Rückzahlung ab.

Warnung an unerfahrene Mütter

Das Gesundheitsamt in Meschede warnt unerfahrene Mütter vor Vertretern an der Haustür: Die Händler werben aktuell aggressiv für überteuerte Nähr- und Vitaminzusätze, die der Fertignahrung von Kindern zugesetzt werden sollten – angeblich seien sie auf Empfehlung des Gesundheitsamtes unterwegs.

VEW-Aktien für Gewerbegebiet

Der Kreistag in Meschede verkauft für 805.000 Mark Aktien der VEW zur Strukturförderung – bezahlt wird davon auch der Grunderwerb im Wiemecker Feld zwischen Velmede und Wehrstapel. Dort soll ein neues Gewerbegebiet entstehen.

Der „höchste“ Beamte in NRW

Wilhelm Störmann in Schmallenberg bietet Gästen an Silvester ein Wildschweinsteak an: Das Gericht wird „Förster Bullian“ genannt, nach dem „höchsten“ Beamten in NRW, dem Förster in Schanze auf 750 Metern Höhe. Chefkoch Wolfgang Schürmann verwendet dabei statt der üblichen Pfifferlinge lieber Steinpilze, seine Bullian-Soße ist gewürzt mit Thymian, Majoran und Cognac.

Weitere Berichte im Rückblick:

Fünf Tote bei schwerem Unfall in Soest - darunter vier Menschen aus Velmede, neue Langspielplatte der Geschwister Leismann aus Schmallenberg, 900 Jahre Grafschaft - die Woche vor 50 Jahren.

Vor 45 Jahren: Nach Buback-Mord durch RAF Fahndung bei Mönekind, Notwehr in Ramsbeck, Spaziergänger findet menschlichen Schädel bei Meschede.

Vor 70 Jahren: Erst Nuss-Likör, dann andere Frau in Andreasberg verprügelt: „Du hast Mörderaugen!“ Neue Notstandsarbeiter aus Schleswig-Holstein treffen am Hennesee in Meschede ein.

Unerwartete Festnahme in Eslohe nach „Aktenzeichen XY“, Rentner in Andreasberg rastet aus und sticht zu, Mann aus Wennemen stirbt bei Kirmes-Unglück, Lob für die Fredeburger Feuerwehr - die Woche vor 45 Jahren.

Wertvolle Maschine bei Unfall in Meschede zertrümmert, wieder Angst vor Pocken, ungewöhnliches Geschenk in Fredeburg – die Woche vor 50 Jahren.

Vor 40 Jahren: Schrecklicher Unfall bei Bödefeld mit zwei Toten, Frau beißt Polizisten in Meschede, in Velmede werden 98.000 Ampullen vernichtet.

Vor 50 Jahren: Mädchen stürzt in Meschede zu Tode, zweiter Toter nach Explosion, Gabelstapler erdrückt Arbeiter bei Honsel, Wintersport-Saison ohne Schnee, Veltins steigert sich.

Vor 65 Jahren: Meschedes erster eigenwilliger Wehrdienst-Verweigerer, Schmallenberger Flieger kaufen Schmuggler-Cadillac, keine Tollwut mehr in Meschede.

Das Kloster Königsmünster wird zur Abtei, keine Bergleute zweiter Klasse mehr in Ramsbeck, Bundeswehr will Truppen bei Meschede stationieren - die Woche vor 65 Jahren.