Meschede. Nazi-Verbrechen am Kriegsende in Eversberg, Honsel modernisiert sein Werk in Meschede, Polizei fasst Schlüpferdieb - die Woche vor 65 Jahren.
Über diese Themen berichtete diese Zeitung vor 65 Jahren im Lokalteil für Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg.
80 Zwangsarbeiter erschossen
Am Landgericht Arnsberg läuft der Prozess um den Massenmord an russischen und polnischen Zwangsarbeitern, die im März 1945 von Angehörigen der Waffen-SS und der Wehrmacht zwischen Warstein und Meschede getötet wurden. 208 Menschen wurden ermordet – eines der größten Nazi-Verbrechen in der Endphase des Krieges in Deutschland.
Einer der Tatorte war auch bei Eversberg. Helmuth Gaedt, einer der Angeklagten, ein Oberlehrer, berichtet vor Gericht über die Erschießung von 80 Russen dort. Er habe den Befehl dazu in Warstein bekommen, um abends ein Erschießungskommando zu führen. Vorher fährt er bereits mit Zwangsarbeitern nach Eversberg, um dort eine 25 Meter lange und sechs Meter breite Grube auszuheben.
Die Opfer werden abends aus der Sauerlandhalle in Warstein abgeholt und von der Bundesstraße aus zum Hinrichtungsplatz geführt. Die Zwangsarbeiter müssen ihr Gepäck und ihre Oberbekleidung ablegen, dann werden sie mit Kopfschüssen getötet. Ihre Sachen werden nach dem Massenmord verbrannt. Vor Gericht rechtfertigt sich der Mann damit, seiner Meinung nach habe es sich bei den Getöteten um Plünderer gehandelt.
Honsel modernisiert sein Werk
Honsel will sein Werk in Meschede modernisieren. Durch Investitionen in ein modernes, größeres Walzwerk soll die Marktposition des Unternehmens im Aluminium-Geschäft gestärkt werden. Das Projekt ist über zwei Jahre hinweg geplant. Ein erster neuer Hallenflügel ist jetzt an der Schützenstraße entstanden.
Ungeschlagen Herbstmeister
Die erste Mannschaft des Schmallenberger Sportclubs 1920 wird Herbstmeister ihrer ersten Kreisklasse in der Gruppe Lenne – sie beendet die erste Serie ohne eine einzige Niederlage.
Südtiroler als Eremit in Klause
Mit Frater Meinrad lebt seit 1957 erstmals wieder ein Eremit auf dem Klausenberg in Meschede. Der gebürtige Südtiroler war Soldat der österreichisch-ungarischen Armee im Ersten Weltkrieg, studierte danach Volkswirtschaft und arbeitete im Reichsernährungsministerium in Berlin.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Wirtschafts- und Steuerberater – bis er 1954 sein bisheriges Leben umwirft, und Einsiedler wird. Er tritt in Regensburg der Eremiten-Verbrüderung bei, der letzten deutschen Einsiedlervereinigung.
Der Graf von Westphalen holt ihn nach Meschede. In der Klause ist Meinrad täglich von 4 bis 21 Uhr beschäftigt – neben Gebeten und Gottesdienst auch damit, alles auf dem Gelände in Ordnung zu halten. 15.000 Besucher sind von März bis Oktober hier zu Besuch gewesen.
Gegen drei neue Gemeinden
Die Gemeinde Calle wird politisch nicht aufgeteilt in drei selbstständige Gemeinden. Das entscheidet das Innenministerium in NRW und lehnt den Wunsch der Gemeindevertretung Calle ab. Zuvor hatten Vertreter aus Calle, Berge und Wennemen vergeblich versucht, das Ministerium umzustimmen, um jeweils mehr Eigenständigkeit zu erreichen.
>>> Lesen Sie hier: An B55: Schüsse aus abgesägter Flinte in Mescheder Bar <<<
Schlüpferdieb gefasst
Der Polizeiposten in Wennemen ermittelt einen Wäschedieb: Der Mann hat in den letzten zwei Jahren in Meschede und Umgebung immer wieder Wäsche gestohlen, die in Gärten zum Trocknen aufgehängt war. Spezialisiert hatte er sich auf Damenunterwäsche, die Polizei findet auch zwei Sommerkleider bei ihm. Zugeschlagen hat der Dieb immer in der Dunkelheit.
Dorfrat für Nuttlar gegründet
In Nuttlar wird auf die Initiative des Pfarrers hin ein Dorfrat gegründet. Dieser soll künftig alle gemeinschaftlichen Veranstaltungen im Ort vorberaten – vom Karneval über den 1. Mai bis zum Erntedank. Jede Vereinigung in Nuttlar soll einen Vertreter in den Dorfrat entsenden.
>>> Lesen Sie hier: Nach Erpressung in Freienohl: Der „Blonde Panther“ muss ins Gefängnis <<<
Erster Ehrenbürger in Velmede
Die Gemeindevertretung Velmede ernennt in einer Sondersitzung einstimmig Franz Hengsbach zum ersten Ehrenbürger. Hengsbach, gebürtig aus Velmede, ist zum neuen Bischof des Bistums Essen ernannt worden. Bürgermeister Hücker und Amtsdirektor Dröge betonen, Hengsbach habe „eine besondere Anhänglichkeit“ zu seiner Heimatgemeinde.
Vorsicht: Weihnachtsbaumklau!
Auf Ersuchen der Forstbehörde kontrolliert die Polizei in Meschede jetzt Autos mit Weihnachtsbäumen. Die Forstbehörde warnt davor, dass ein eigenmächtiges Schlagen von Weihnachtsbäumen verboten und Diebstahl sei. Jeder Fall, wo ein rechtmäßiger Erwerb nicht nachgewiesen werden könne, werde angezeigt.
Reistes Abschied von Lehrer
Unter großer Anteilnahme wird in Reiste Theo Kleine beerdigt. Der Hauptlehrer hat 1946 das Schulwesen in Reiste wiederaufgebaut und als Vorsitzender den Sportverein DJK wiederbelebt. Am Grab ist auch der Männerchor aus Eversberg, wo Kleine zuvor arbeitete, alle Schulkinder erscheinen am offenen Grab.
Kleinkind von Pkw mitgeschleift
Bei einem schweren Verkehrsunfall in Voßwinkel erleidet ein Kind einen komplizierten Schädelbruch: Das 21 Monate alte Kleinkind läuft aus einem Haus heraus plötzlich auf die Straße. Es wird von einem Pkw erfasst und sieben Meter mitgeschleift.
Zentraler Soldatenfriedhof
Jetzt steht es fest: 1958 soll ein zentraler Soldatenfriedhof des Kreises Meschede entstehen. Die Stadt Eversberg stellt dafür kostenlos das Gelände auf der Eversberger Höhe an der Bundesstraße zur Verfügung. Dort sollen alle im Kreis bestatteten Soldaten eine letzte Ruhestätte erhalten.
Festzug und Festspiel geplant
In Meschede soll 1959 eine 1000-Jahr-Feier stattfinden. Überlegungen, dafür einen eigenen Heimatverein zu gründen, sind jetzt vom Tisch: Die Stadt will selbst die Gestaltung der Feier übernehmen. Geplant sind ein Festzug und ein Festspiel. Es werden bereits diverse Arbeitsstäbe gegründet, von Finanzen über Ausschmückung bis hin zur „Propaganda“ (dem Vorläufer der Öffentlichkeitsarbeit).
Weitere Berichte im Rückblick:
Fünf Tote bei schwerem Unfall in Soest - darunter vier Menschen aus Velmede, neue Langspielplatte der Geschwister Leismann aus Schmallenberg, 900 Jahre Grafschaft - die Woche vor 50 Jahren.
Vor 45 Jahren: Nach Buback-Mord durch RAF Fahndung bei Mönekind, Notwehr in Ramsbeck, Spaziergänger findet menschlichen Schädel bei Meschede.
Vor 70 Jahren: Erst Nuss-Likör, dann andere Frau in Andreasberg verprügelt: „Du hast Mörderaugen!“ Neue Notstandsarbeiter aus Schleswig-Holstein treffen am Hennesee in Meschede ein.
Unerwartete Festnahme in Eslohe nach „Aktenzeichen XY“, Rentner in Andreasberg rastet aus und sticht zu, Mann aus Wennemen stirbt bei Kirmes-Unglück, Lob für die Fredeburger Feuerwehr - die Woche vor 45 Jahren.
Wertvolle Maschine bei Unfall in Meschede zertrümmert, wieder Angst vor Pocken, ungewöhnliches Geschenk in Fredeburg – die Woche vor 50 Jahren.
Vor 40 Jahren: Schrecklicher Unfall bei Bödefeld mit zwei Toten, Frau beißt Polizisten in Meschede, in Velmede werden 98.000 Ampullen vernichtet.
Vor 50 Jahren: Mädchen stürzt in Meschede zu Tode, zweiter Toter nach Explosion, Gabelstapler erdrückt Arbeiter bei Honsel, Wintersport-Saison ohne Schnee, Veltins steigert sich.
Vor 65 Jahren: Meschedes erster eigenwilliger Wehrdienst-Verweigerer, Schmallenberger Flieger kaufen Schmuggler-Cadillac, keine Tollwut mehr in Meschede.
Das Kloster Königsmünster wird zur Abtei, keine Bergleute zweiter Klasse mehr in Ramsbeck, Bundeswehr will Truppen bei Meschede stationieren - die Woche vor 65 Jahren.