Meschede. . Die Stadt Meschede macht ernst. Am 26. März will der Stadtrat die umstrittene Videoüberwachung beschließen. Der NRW-Datenschutzbeauftragte sieht dazu keine Rechtsgrundlage.
Meschede macht ernst. Am 26. März will der Stadtrat die umstrittene Videoüberwachung beschließen - allen rechtlichen Bedenken zum Trotz. Noch im ersten Halbjahr 2015 soll zunächst an einer Fußgängerunterführung eine Kamera installiert werden, zwei weitere sind an anderen Stellen in der Innenstadt vorgesehen. Hintergrund sind Graffiti-Schmierereien, beschädigte Kunstwerke und zerstörte Lampen. Täter konnten trotz ausgesetzter Belohnungen nie ermittelt werden.
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Die Stadt habe sich von einem Anwaltsbüro bescheinigen lassen, dass ihre Pläne rechtlich zulässig seien, sagt Bürgermeister Uli Hess. Auf die Kameras werde deutlich hingewiesen, die aufgenommenen Szenen würden verpixelt, nur bei einem Vorfall entschlüsselt und nach 72 Stunden wieder gelöscht.
Kein Hausrecht in Unterführung
Für Nils Schröder, den Sprecher des Landesbeauftragten für Datenschutz, ändern diese Maßnahmen nichts an der fehlenden Rechtsgrundlage. Laut § 296 des NRW-Datenschutzgesetzes sei die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Bereiche nur möglich, um das Hausrecht auszuüben. Das könne aber nur in einem umgrenzten Bereich bestehen, zum Beispiel im Rathaus, nicht in einem öffentlichen Durchgangsbereich wie einer Unterführung oder Fußgängerzone.
Anders ist es bei einer polizeilichen Videoüberwachung. Die sei laut Polizeigesetz an Kriminalitätsschwerpunkten möglich. In NRW seien nur an zwei öffentlichen Standorten, in Düsseldorf und Mönchengladbach, Kameras installiert. Da gehe es um viele und relevante Straftaten: „Graffiti genügen nicht.“ Und wenn Meschede nun anders handelt? „Wir haben die Stadt darauf hingewiesen, dass die Kameras nicht zulässig sind.“ Die weiteren Eingriffsmöglichkeiten seien aber beschränkt. „Wir können die Maßnahmen beanstanden. Dann greift die Kommunalaufsicht, also zunächst der Kreis.“
Schröder will dieses Szenario aber nicht weiter ausmalen. Zunächst gelte: „Wenn der Rat etwas beschließt, hat der Bürgermeister die Pflicht, das auf Rechtmäßigkeit zu prüfen.“ Vor Gericht landet die Überwachung, wenn ein gefilmter Bürger klagt. Oder wenn die Stadt gegen eine Entscheidung des Innenministeriums Widerspruch einlegt.
Heinrichs: „Kameras verhindern keine Straftaten“
Der Burbacher SPD-Landtagsabgeordnete Falk Heinrichs, Mitglied im Rechtsausschuss, erwartet, „dass der Innenminister etwas macht“. Auch der Innenausschuss werde sich voraussichtlich noch einmal mit dem Thema befassen. Heinrichs hat nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus praktischen Erwägungen Bedenken: „Kameras schaffen nur ein subjektives Sicherheitsgefühl. Objektiv verhindern sie keine Straftaten. Sinnvoll sind sie höchstens, wenn man sie permanent beobachtet und sofort eingreifen kann.“ Ansonsten müsse man eben präventiv vorgehen.
Es gibt nur wenige Studien zur Wirksamkeit von Kameraüberwachung. Eine hat sich mit der Berliner U-Bahn beschäftigt, eine andere mit den in London allgegenwärtigen Videoanlagen. Fazit in beiden Untersuchungen: Die Verbrechensrate sinkt nicht. Im Jahr 2008 erklärte der Chef der Videoüberwachung von Scotland Yard das Programm mit vier Millionen Kameras in Großbritannien zum „Fiasko“. Ein Argument für mehr Kameras, auch in Meschede, lautet deshalb: Wenn etwas passiert sei, gelinge die Aufklärung schneller. Wenn sich die Sprayer vermummen vielleicht aber doch nicht.
72 Prozent wünschen sich mehr Videoüberwachung
Nach den jüngsten Terroranschlägen in Frankreich haben sich in einer Emnid-Umfrage 72 Prozent der Deutschen für mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen ausgesprochen. Mit Video gegen den Terror? Bei Selbstmordattentätern dürfte das nicht allzu viel bewirken. Dennoch steigt die Zahl der Kameras permanent. In Geschäften, Banken und Tankstellen. Die Bahn rüstet auf, die Bürger folgen. Auch, weil die Technik immer billiger wird. Legal ist vieles davon nicht.