Menden. Mit der Leitlinie für nachhaltige und klimagerechte Stadtplanung sollen Bauvorhaben in Menden eine neue Richtung erhalten. Was dahinter steckt.

Fast zwei Jahre hat die Mendener Politik an einer Leitlinie für mehr Klimaschutz bei der Stadtplanung gewerkelt und diskutiert. In gut zwei dutzend Ausschüssen stand das Thema auf der Tagesordnung. Nun hat der Rat grünes Licht gegeben. Welche Auswirkungen die Leitlinie für Häuslebauer, Unternehmen und Bauvorhaben in Menden hat.

Tiefgreifende Veränderungen

Nach rund zwei Jahren der Diskussionen, Workshops und Änderungen geht es in der jüngsten Ratssitzung nur noch um ein Wort, an dem sich die Geister scheiden: verbindlich. Gut 45 Minuten argumentieren die beiden Lager darüber, ob das Wort nun so stehen bleiben soll oder gestrichen wird. Für die CDU, die es streichen lassen will, steckt der Teufel im Detail, für SPD und Grüne geht’s ums Prinzip. Unterm Strich aber sind es tiefgreifende Veränderungen für die zukünftige Gestaltung Mendens. Die Leitlinie umfasst dabei nicht nur Klimaschutz- und Energiesparmaßnahmen bei Bauvorhaben, sondern im Grunde sämtliche Bereiche. So sollen Grünflächen künftig ebenso Bestandteil der Bauplanung sein wie der Bodenschutz, die Mobilität, der Denkmalschutz oder aber die Energieversorgung.

+++ Hintergrund: Fürs Mendener Gewerbegebiet stehen Unternehmen Schlange +++

Die Leitlinie agiert dabei als Orientierungs- und Verbesserungshilfe für Bauherren und Investoren. Sie ist ausdrücklich keine Bauverhinderungsrichtlinie, so Baudezernent Frank Wagenbach in einer der jüngsten Sitzungen. Noch gibt es aber rein theoretische Anwendungsfälle wie Beispiele der Verwaltung belegen. Etwa für das Baugebiet „In den Liethen“. Das hatte die Stadt auf Drängen der Politik kurz vor der Ratssitzung durchexerziert. Laut Checkliste stehen viele Punkte dafür derzeit auf orange (neutral). Allerdings: „Würde es sich hier um ein neu zu planendes Vorhaben auf Grundlage eines neuen Bebauungsplanes handeln, wären einige Punkte der Checkliste sicherlich rot, da heutzutage umweltrelevante Festsetzungen oder Regelungen selbstverständlich sind“, so das Fazit der Stadt. Heißt: Wäre der Bebauungsplan von 2023 – und nicht von 1983 –, dann sähe die Lage anders aus. „Unsere Bedenken sind noch nicht vollständig ausgeräumt“, betont CDU-Fraktionschef Bernd Haldorn in der Ratssitzung.

In Teilen bereits Praxis

Und genau hier liegt der Hase sprichwörtlich im Pfeffer für die CDU. Die Christdemokraten befürchten, dass durch die Leitlinie gewisse Bauvorhaben künftig auf der Strecke bleiben könnten oder Investoren gar abgeschreckt würden. Tatsächlich aber ist einiges aus der Leitlinie bereits tägliche Praxis. So hat man heute schon für Eingriffe in die Landschaft Ausgleichsräume zu schaffen. Auch gelten die Sanierung von Gebäuden und das Schließen von Baulücken längst als besser als neue Wohn- oder Gewerbeflächen. Künftig soll aber auch das Mikroklima in jedem Baugebiet untersucht werden. „Kurz vor dem Finale scheint man überrascht zu sein, dass sich durch die Leitlinie tatsächlich etwas ändern wird. Wenn nicht, hätten wir einen verdammt schlechten Job gemacht“, sagt Ingo Günnewicht im Rat.

+++ Auch interessant: Menden à la carte pausiert weiter – große Sause in Hämmer +++

Einige Anträge wie etwa tierfreundlichere Bauweisen (Linke), das Konzept der Schwammstadt (Grüne), die Eindämmung der Lichtverschmutzung (SPD) oder aber Recycling von Baustoffen (FDP) sind seit Beginn der Diskussionen schon mit in die Leitlinie eingeflossen. Im Gewerbegebiet Hämmer pocht man planerisch bereits auf Photovoltaik-Anlagen und Dachbegrünung– zumindest auf den Neubauten, die sich dafür anbieten.

Dass Häuslebauer und Unternehmen künftig ausschließlich Solaranlagen und grüne Dächer verbauen müssen, ist allerdings nicht gesagt. Vielmehr geht es darum, bereits in der Planung von Neubauten nachhaltige Möglichkeiten auszuloten. Wer nicht auf seinen Schottergarten verzichten will, muss dann eben nur tief in die Tasche greifen und Kompromisse an anderer Stelle anbieten. Kurzum: Der Klimaschutz soll eine deutlich größere Bedeutung bekommen als in der Vergangenheit. Zunächst sollen nun praktische Erfahrungen mit der Anwendung der Leitlinie im Rahmen einer zweijährigen Einführungs- und Testphase gesammelt werden.

Mehrheitlich stimmt der Rat schlussendlich für die Leitlinie – und streicht das Wörtchen „verbindlich“ aus dem Beschlussvorschlag.