Fröndenberg. Knapp 3500 Jahre alt sind die Überreste, die Archäologen an der B233 in Fröndenberg entdeckt haben – darunter auch wahre Schätze.
Inzwischen deutet nichts mehr darauf hin, was sich entlang der heutigen B233 vor über 2000 Jahren abgespielt hat. Genauso wenig deutet derzeit auf ein Gewerbegebiet hin. Und doch ist beides im Grunde miteinander verbunden. Bei Ausgrabungen im geplanten Gewerbegebiet Schürenfeld sind für Forscher erstaunliche Funde zutage getreten.
Krüge, Schale, Urnen und Schmuck
Seit gut vier Monaten buddeln mehrere Bagger mit Spezialschaufeln entlang der B233. Zwölf Hektar muss das Team um den Archäologen Zafer Görür bearbeiten. Schweres Gerät trägt die ersten Erdschichten ab, ehe die Experten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) mit Schaufeln und kleinen Kellen anrücken. Noch sind die Arbeiten nicht abgeschlossen. Gut die Hälfte des künftigen Gewerbegebiets haben die Archäologen inzwischen umgepflügt.
Mit dem Wort „Sensationsfund“ hält sich Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der LWL-Außenstelle Olpe, zwar bewusst zurück. Gleichwohl sind für die Experten bei über 800 Funden wahre Schätze zutage getreten. Noch viel mehr zeigt sich allerdings, dass es die wohl ältesten bekannten Siedlungsstrukturen Fröndenbergs sind, die sie am Rande der Bundesstraße entdeckt haben. „Seit Oktober ist viel passiert“, sagt Dr. Eva Cichy vom LWL mit einem Grinsen. Kein Wunder. Das künftige Gewerbegebiet ist eine regelrechte Fundgrube. „Es gibt keine größeren Flächen, auf denen wir nichts finden. Es ist immer irgendwo etwas drin“, erklärt Cichy. Gefunden haben die Archäologen nicht nur säckeweise Tonscherben von Krügen, Schalen, Urnen und Tellern. Sondern auch Überreste früherer Höfe und Häuser. Damit bestätigen sich die Annahmen, die der LWL schon zu Beginn der Grabungen hatte. Bereits nach den ersten Tagen fanden sich kreideartige Verfärbungen in den Erdschichten. Sie deuten demnach auf menschliche Überreste hin, genauer gesagt verbrannte Knochen.
Dass die Archäologen derzeit leicht hinter ihrem Zeitplan hängen, liegt vor allem an der Witterung der vergangenen Wochen. Regenfälle weichen das Erdreich auf und erschweren die Grabungen. Doch davon lassen sich die Experten nicht beeindrucken. Geht es im bisherigen Tempo weiter, sollen die letzten Flächen bis Ende Juni durchpflügt sein.
Stilvolle Keramik und gebrannter Dreck
Eva Cichy führt zu einem gut ein Meter tiefen, rechteckigen Aushub. Was für Laien aussieht wie eine Grube im Matsch, ist jedoch eine Vorratsgrube aus früheren Jahren. Genauer gesagt aus der Eisenzeit, rund 1200 Jahre vor Christus. Die Häuser und Höfe, die vermutlich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder abbrannten und einige Meter weiter wieder aufgebaut wurden, könnten demnach heutigen Fachwerkhäusern gar nicht so unähnlich gewesen sein. An einigen Stellen fanden die Archäologen die Überreste der Pfosten, die die Dächer trugen. Einige der Gruben deuten allerdings auch auf keller- und vorratskammerartige Bauten hin, sogenannte Getreidegruben. Dort wurde etwa frischer Weizen vergraben, um ihn über längeren Zeitraum lagern zu können. „Die erste Schicht schimmelte zwar, aber der Großteil war über Monate haltbar“, erklärt Eva Cichy.
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Das genaue Alter der Funde kann der LWL in den kommenden Monaten noch genauer eingrenzen. Bestimmt wird es etwa an der Typologie der gefundenen Keramik. Während einige Stücke fachmännisch und glatt poliert wirken, sind andere hingegen deutlich gröber bearbeitet. „Gebrannter Dreck“, nennt es Prof. Dr. Michael Baales süffisant. Die Holzkohle-Überreste in den sogenannten Brandgruben liefern hingegen eine gute Basis für die Altersbestimmung mittels C14-Datierung.
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Als wahres Schmuckstück erweist sich bisher ein Armreif, typisch für die Eisenzeit, so Eva Cichy. Das bläulich schimmernde Glas-Armband ist fast vollständig erhalten. „Das ist schon sehr selten und haben wir nicht jeden Tag“, gibt die Archäologin zu. Im Normalfall würden sich lediglich Bruchstücke des zerbrechlichen Glases finden. Doch das ist beileibe nicht das einzige Überbleibsel der ältesten bekannten Fröndenberger. Der Armreif wurde zusammen mit einem abgebrochenen Messer in einer Art Ofen gefunden. „Es war wohl ein Backofen, der nicht heiß genug war, um Metall zu schmelzen“, erklärt Archäologe Felix Kunze (ArchaeoNet). Da sich der Ofen direkt neben einer Vorratsgrube befand, geht er zudem davon aus, dass dort vornehmlich Nahrungsmittel zubereitet wurden.
Dauerleihgaben für Fröndenberg denkbar
Während der Armreif wohl dauerhaft beim LWL ausgestellt werden könnte, wandern die übrigen Funde aber keinesfalls ins Fröndenberger Heimatmuseum. Nach einer Katalogisierung beim LWL werden sie aller Voraussicht nach in einem Archiv untergebracht. Als Dauerleihgaben könnten die Stücke jedoch ihren Weg zurück in die Ruhrstadt finden. Ohnehin: Die Ausgrabungen sind zwar „eine archäologische Altlasten-Entsorgung“, die Funde seien aber gesichert, betont Eva Cichy.
Wenngleich erst die Hälfte der rund 12 Hektar großen Fläche umgepflügt wurde, geht Zafer Görür nicht davon aus, dass sich im zweiten Teil der Arbeiten ähnlich viele Funde verzeichnen lassen. Bisher buddelte sein Team auf einer vergleichsweise ebenen Fläche. Das Stück hin zur B233 fällt hingegen in Richtung Ruhrtal ab. „Die Topographie wird wohl zu steil sein“, schätzt der Archäologe.