Menden. In einem 7000 Seelen-Ort im Münsterland ist man auf dem Weg zur Energie-Autarkie. Wie das auch Menden bei der Klimaneutralität helfen kann.
Wie schafft Menden die Klimawende? Antworten darauf erhofft sich die Mendener Klima-Initiative, die von heimischen Unternehmern ins Leben gerufen wurde, vor allem anhand eines Paradebeispiels im Münsterland. Und so soll’s gehen.
Weckruf mit Blockbuster
Im Casino der Stadtwerke tummelt sich nahezu alles, was Rang und Namen hat in Menden: Ratsfraktionen, Geschäftsführer, Bürgermeister, Schulleiter sowie interessierte Bürger. „Es gibt in den nächsten Jahren eine Menge für uns zu tun“, macht Stadtoberhaupt Dr. Roland Schröder bei der Begrüßung deutlich. Daher sei es umso wichtiger, dass nicht nur einzelne Personen das Thema Klimaschutz und Energiewende vorantreiben, sondern eine gesamte Stadtgesellschaft.
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Ausgangspunkt der Mendener Klima-Initiative sind Tobias Schulte, Geschäftsführer bei Eco Schulte, und MPG-Geschäftsführer Dr. Andreas Gahl. Vor gut zwei Jahren haben sie ihre Vision bereits im Ausschuss für Umwelt und Klima angerissen. Inzwischen ist aus einem Mendener Energienetzwerk (OBO, HJS, Eco Schulte, MPG, HME, Fischer Hydroforming, Schött Druckguss, Rostek, NCB, Bega, Schulte Verpackungstechnik und den Stadtwerken) eine ganze Initiative entstanden, die nun gesellschaftlich verankert werden soll, wie Tobias Schulte erklärt. Als Weckruf gibt’s dafür erst einmal einen Film-Trailer. 2006 erschien „Eine unbequeme Wahrheit“ des früheren US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore, der die tiefgreifenden Veränderungen des Klimawandels behandelte. „Damals habe ich mich nicht wirklich damit auseinandergesetzt und ausgeblendet“, sagt Schulte. Mittlerweile blicke er als Familienvater anders auf die Dinge. „Diese Dinge wurden viel zu lange ausgeblendet“, betont Schulte.
Nicht zuletzt die vergangenen Jahre haben sogar in Menden gezeigt, wo die Reise im schlimmsten Fall hingehen kann. Das historische Hochwasser 2021, ein Starkregenereignis 2022 sorgten nicht nur für ein paar nasse Straßenzüge, sondern für erhebliche Schäden; hinzu kommen Hitzewellen im Sommer, die auch in der Hönnestadt das Thermometer bisweilen auf über 40 Grad klettern lassen. Mit der Klima-Initiative will man nun den Grundstein legen, um das Thema in alle Bereiche der Gesellschaft zu tragen: Unternehmen, Stadtverwaltung, Politik, Schulen und Privathaushalte.
Saerbeck als Mustergemeinde
Wie genau das gehen kann, erklärt im Casino der Stadtwerke Guido Wallraven. Er ist Projektmanager der Klimakommune Saerbeck. Die Gemeinde mit rund 7300 Einwohnern im Münsterland hat bereits 2009 begonnen, das Thema Klimawandel und Energiewende anzugehen. Das Ziel: Bis 2030 eine gänzlich grüne Stadt zu werden, die ausschließlich mit regenerativen Energien versorgt wird und keinen nennenswerten Co2-Ausstoß mehr hat. Und genau dieses Vorhaben ist deutlich schwieriger als mancher sich das vorstellen mag. „Ich weiß, wie schwierig es ist, das einzuhalten. Das Thema ist sehr komplex, muss aber für jeden verständlich sein“, betont Wallraven.
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Die Stromwende hat Saerbeck bereits nach vier Jahren geschafft. Seit 2013 liegt der Grad der Stromerzeugung bei 400 Prozent. Möglich machen das gleich mehrere Faktoren. Zum einen ist mit kleinen Aktionen wie einem Glühlampen-Tausch auf das Thema aufmerksam gemacht worden. Nach und nach sind ein Viertel der Häuser in Saerbeck mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet. Und zudem gibt es einen Bioenergiepark. Dazu baute die Gemeinde ein früheres Munitionsdepot der Bundeswehr grundlegend um: Solar-Anlagen, Biogas-Anlage und sieben Windräder erzeugen nicht nur 33 Megawatt Leistung, sondern haben zudem 80 Arbeitsplätze geschaffen. Investitionsvolumen: 70 Millionen Euro. „Das hat die Identität in Saerbeck geprägt“, erklärt Guido Wallraven. Über eine Genossenschaft kann sich jeder Einwohner am Energiepark beteiligen – und einen Teil zur Energiewende beitragen. Erwirtschaftete Gewinne werden zwischen allen Akteuren aufgeteilt. „Wir haben unseren Co2-Ausstoß zwar halbiert, aber wir sind noch lange nicht am Ziel“, macht Wallraven klar. Im nächsten Schritt soll der Energiepark mit einem Wasserstoff-Erzeuger gekoppelt werden.
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Am wichtigsten aber seien für Wallraven nicht etwa die Bauten an sich, sondern das Bewusstsein der Menschen für das Thema: vom Kindergarten bis in die Oberstufe hat man vor allem auf den Nachwuchs als Multiplikator gesetzt. Das habe sich vollends bewährt. Gleichwohl: „Es ist sehr viel Arbeit“, macht Wallraven deutlich.
Grundstein in Menden gelegt
Menden steht noch ganz am Anfang einer solchen Entwicklung. Doch, und das ist durchaus spürbar bei der Veranstaltung, es herrscht zumindest ein Gefühl von Aufbruchstimmung. Die von der Stadt geförderten Balkonkraftwerke waren ein regelrechter Kassenschlager, binnen weniger Stunden war der Fördertopf ausgeschöpft. Im Rathaus schaut man zudem deutlich genauer auf den eigenen Energieverbrauch. Kein Wunder bei einem jährlichen Verbrauch von 15 Millionen Kilowattstunden. Mendener Schulen beteiligen sich mit Aktionen ebenso aktiv am Thema, ein LoRaWAN-Netzwerk (also eine flächendeckende Sensorenverbindung) soll zeitnah eingerichtet werden. Damit könnten Bienenstöcke oder Luftqualität in Echtzeit überwacht und Daten übermittelt werden. Unterstützt wird das über das Smart-City-Projekt.