Hagen/Menden. Die SIHK will Unternehmen für ihre neue Klima-Initiative gewinnen. Der Organisator ist ausgerechnet der Chef einer sehr energieintensiven Firma.

Es soll einen Domino-Effekt für mehr Klimaschutz geben: Von Menden aus auf das gesamte Gebiet der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK), das sich vom Märkischen Kreis über Hagen bis in den Ennepe-Ruhr-Kreis erstreckt. Und von dort aus auch auf die Unternehmen der Industrie- und Handelskammern in Siegen und Arnsberg. Aber damit soll die Domino-Ralley noch nicht beendet sein. Wenn es gut läuft, soll sie sich durchs ganze Land und die Republik fortpflanzen und immer mehr Unternehmen für die Idee gewinnen, bis spätestens 2030 CO2-neutral zu wirtschaften.

60 Prozent CO2 in 15 Jahren gespart

Das ist das Ziel der SIHK-Klima-Initiative, für die jetzt Mitstreiter gesucht werden. Der, der den ersten Dominostein angestoßen hat, ist Andreas Gahl. Kein Umweltaktivist, kein SIHK-Funktionär, sondern ein Unternehmer. Gahl ist Geschäftsführer der MPG, der Mendener Präzisionsrohr GmbH, einem metallverarbeitenden Betrieb, der kupferlegierte Wärmetauscherrohre herstellt. Und zwar in einem sehr energieintensiven Verfahren. Aber trotzdem oder gerade deshalb sagt er: „Klimaneutrales Wirtschaften ist machbar. Wenn wir das hier schaffen, schaffen das andere auch.“

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Für die MPG GmbH bedeutet das, dass die CO2-Emission in den vergangenen Jahren um 60 Prozent reduziert werden konnten, 25 Prozent weniger Strom und 45 Prozent weniger Erdgas werden verbraucht. „Derzeit liegen wir bei einem Energieverbrauch von 11,5 Millionen Kilowattstunden“, rechnet Andreas Gahl vor. „Ich hätte es erst nicht für möglich gehalten, dass wir in den vergangenen beiden Jahre noch einmal durch verschiedene Maßnahmen zehn Prozent Energie einsparen würden. Aber es entwickelt sich so etwas wie eine Schwarmintelligenz im Unternehmen, immer mehr Mitarbeiter bringen weitere Ideen ein. Der Prozess ist gut für den Betrieb, weil er sich entwickelt.“

Die Schwarmintelligenz nutzen

Diese Entwicklung, diese Schwarmintelligenz, will Andreas Gahl auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. In der Sauerland-Stadt Menden hat er das schon getan, ein gutes Dutzend Geschäftsführer persönlich angerufen, von denen sich fast alle von dem Gedanken haben anstecken lassen.

Das Mendener Klimanetzwerk i

An der Gründung des Mendener Netzwerks sind diese Firmen und Institutionen beteiligt:

Die BEGA Gantenbrink-Leuchten, die Effizienz-Agentur NRW, die EnergieAgentur.NRW, Ewald Rostek Oberflächentechnik, Fischer Hydroforming, HME Copper Germany, HJS Emission Technology, MPG Mendener Präzisionsrohr, NCB Lohmann, OBO Bettermann, Rüther Metalltechnik, Schött-Druckguß, Schulte Verpackungs-Systeme sowie die Stadtwerke Menden und die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer Hagen.

st entstanden, es gab gegenseitige Betriebsbesichtigungen, Ideen wurden ausgetauscht, Problem besprochen. Und dieser Gedanke soll jetzt mit der SIHK Klima-Initiative weitergesponnen werden. Frank Niehaus ist dort Ansprechpartner für interessierte Unternehmen. Und er wird auch ein Kernelement der Initiative betreuen: Die öffentliche Selbstverpflichtung der Unternehmen, ihren Betriebsstandort bis 2030 klimaneutral aufzustellen und das auch zu protokollieren.

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Niehaus macht dabei die Prioritäten deutlich: „Es geht vor allem um Energieeinsparungen vor Ort im Produktionsprozess, dann um eigene Stromerzeugung etwa durch den Einsatz von Photovoltaik. Der verstärkte Einkauf von Grünstrom ist ein weiteres Element. Und erst als letztes Mittel steht die Kompensation von nicht vermeidbarer CO2-Erzeugung, dann aber möglichst durch Maßnahmen hier in der Region und nicht in der weiten Welt, um das Mikroklima zu verbessern.“

Ein neuer Standortvorteil

Der zuständige SIHK-Geschäftsführer Andreas Lux sieht in der Klima-Initiative auch ein wesentliches Element zur Standortsicherung, gerade für das Zulieferergewerbe: „Wir wissen aus den Betrieben, dass immer mehr Kunden den klimaneutralen Produktionsprozess einfordern.“ Nur so können sie auch das End-Produkt als klimaneutral hergestellt vermarkten.

Wie gut die Initiative nun auch tatsächlich, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, angenommen wird, ist unklar. „Ich glaube nicht, dass sie uns die Tür einrennen“, so Unternehmer Andreas Gahl. Aber er will alles tun, um eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, für das Thema zu werben, dass er als so dringlich ansieht. Der Klimaschutz steht für ihn, der Betriebswirtschaftler ist, an oberster Stelle. Aber er weiß auch, dass dieser nicht möglich wird, wenn Unternehmen wirtschaftlich daran zugrunde gehen. Deshalb betont er auch, dass die Energiespar-Maßnahmen bei MPG sich in zwei bis bis vier Jahren amortisiert hätten. Andrea Gahl will zeigen: „Ja, es ist machbar.“

>> INFO: Wo man sich anmelden kann

  • Interessierte können sich unter www.sihk.de/klima-initiative registrieren. Für die Mitglieder ist das Ziel der CO2-Neutralität verbindlich, der Weg dahin ist aber von jedem Unternehmen individuell und frei festzulegen.
  • Die SIHK will ihre Initiative auch den Kammern in Arnsberg und Siegen vorstellen, die bereits Interesse signalisiert haben, und auch in allen überregionalen Gremien der Industrie- und Halskammern dafür werben.