Menden. Christian Bongard bleibt sechs weitere Jahre Feuerwehrchef. Im Interview sagt er, vor welchen Herausforderungen die Wehr steht.

Seit sechs Jahren ist Christian Bongard Chefder Mendener Feuerwehr. Und er wird es auch in den kommenden sechs Jahren bleiben. Im Interview sagt er, wie sich die Arbeit der Wehr in Menden über die Jahre verändert hat – und vor welchen Herausforderungen sie steht.

Feuerwehrchef Christian Bongard in Menden: Das Foto zeigt Bongard im Interview in der Redaktion in Menden.
Feuerwehrchef Christian Bongard in Menden: Das Foto zeigt Bongard im Interview in der Redaktion in Menden. © Westfalenpost | Arne Poll

Herr Bongard, um Feuerwehrchef zu werden, muss man zwei Lehrgänge absolvieren und Stadt- bzw. Gemeindebrandinspektor sein. Zu den Lehrgängen zählen „Führen von Verbänden“ und „Führung der Feuerwehr“. Wie leitet man eine Feuerwehr?

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Christian Bongard: Das ist eine interessante Frage (lacht). Erst einmal verlässt man sich beim Einsatz wie auch beim Führen der Mannschaften auf das Führungspersonal. Im ehrenamtlichen Bereich haben wir eine Einteilung in Züge und darunter dann die Löschgruppen. Auf den einzelnen Ebenen gibt es Zug- und Gruppenführer, die auch zum Führungskreis gehören.

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Es ist also eine Gemeinschaftsarbeit?

So ist es. Es gibt natürlich Dinge, die die Wehrleitung vorgibt und bestimmt, wenn es zum Beispiel um die Unfallverhütung oder den Arbeitsschutz geht. Das muss man für die Stadt mit im Auge haben. Die Stadt ist ja sozusagen Arbeitgeber der Freiwilligen Feuerwehr. Insgesamt ist es aber eine Gemeinschaftsarbeit. Wir entscheiden nichts über die Köpfe des Ehrenamtes hinweg und nehmen sie mit ins Boot.

Seit sechs Jahren sind Sie nun schon Chef, sechs weitere kommen dazu. Auf was freuen Sie sich – und auf was vielleicht auch nicht?

Ich freue mich auf jeden Fall auf die weitere Zusammenarbeit mit Rat und Verwaltung, aber natürlich auch mit den Kameradinnen und Kameraden. Das ist ohnehin ein interessantes Spannungsfeld. Wenn ich bei einer Einsatzstelle auftauche und mir ein Atemschutzgerät aufsetzen würde, dann scheuchen mich die Kameradinnen und Kameraden weg (lacht). Eine Einsatzlage zu übernehmen, wie zum Beispiel bei Lhoist, überlässt man erst einmal dem Einsatzführungsdienst der hauptamtlichen Wache. Nicht, weil man es nicht könnte, sondern weil man damit zeigen würde, man könne es besser. Das ist aber nicht meine Aufgabe.

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Juckt es Ihnen noch in den Fingern, sich bei einem Einsatz den Atemschutz zu schnappen oder kommt es auf die Koordination vor Ort an?

Es kommt auf die Koordination vor Ort an, um einen Gesamtüberblick zu behalten und gegebenenfalls mitzuhelfen. In einer solchen Situation stehen wir ja auch nicht erst stundenlang zusammen und beraten, was wir machen könnten, man tauscht sich kurz aus und setzt es dann um.

Ihre Wahl fiel einstimmig aus. Sowohl im Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie das Feuerwehrwesen als auch im Rat. Sie scheinen viel richtig gemacht zu haben.

Ich denke schon (lacht). Das ist, denke ich, Ausdruck davon, wie man zusammenarbeitet. Es war sechs Jahre lang unaufgeregt, und auch hinter den Kulissen ist es eine fachliche und sachliche Arbeit.

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Was hat sich in Ihrer ersten Amtszeit verändert?

Ich bin seit 2016 ernannter, seit 2013 war ich stellvertretender Leiter der Feuerwehr. Den Weg der Wachenleitung zu finden, war anfangs etwas schwierig. Was sich daraus aber ergeben hat, ist der Umbau der Gerätehäuser. Die Unfallkasse hatte gravierende Mängel festgestellt. Da gab es ein bisschen Unruhe in der Feuerwehr – auch über die Grenzen Mendens hinaus. Eine DIN-Norm gibt die technischen Vorgaben der Gerätehäuser vor: Die Schwarz-Weiß-Trennung, getrennte Kabinen für Männer und Frauen, sanitäre Einrichtungen, Duschen. Hinzu kommen die logischen Wege: Man kommt mit der Alltagskleidung an, zieht sich um und geht aufs Auto. Nach dem Einsatz muss man vielleicht auch erst einmal duschen. Die Gerätehäuser waren – und teilweise sind sie das noch – nicht dafür ausgelegt. Es ist gut, dass wir über die Mängel gesprochen haben und sich auch etwas getan hat. Für Lendringsen haben wir den Ausbau im Bestand und in Bösperde die Erweiterung hinbekommen. Für Oesbern, Halingen und Schwitten sind wir jetzt auch soweit mit den Neubauplanungen durch. An diesen Standorten konnte man nichts mehr rausholen.

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Zuletzt gab’s die Diskussion ums Feuerwehrgerätehaus Halingen. Dabei ging es um gut zwei Meter, die entscheidend dafür sind, ob dort in Zukunft nochmals eine zusätzliche Fahrzeughalle gebaut werden könnte oder eben nicht. Letztendlich stehen die Voraussetzungen für eine mögliche weitere Halle. Gehört es zur Zukunft der Wehr, nicht nur auf Sicht zu fahren, sondern auch an Übermorgen zu denken?

Auf jeden Fall. Das kann man an genau diesem Beispiel gut herleiten. Die Fahrzeuge sind in den vergangenen Jahren einfach größer geworden – auch in ihrer Bauart. Inzwischen bekommt man von den Herstellern auch keine kleineren Fahrzeuge mehr. In Halingen musste eine Halle vor die eigentliche Halle gesetzt werden, um dort jetzt überhaupt eine Fahrzeughalle zu haben. Momentan sind die Spinde dort um das Mannschaftstransportfahrzeug angeordnet, schon das sollte eigentlich nicht sein. Es ist sehr umständlich. Bei einem Einsatz parken die Kameradinnen und Kameraden zudem auf der Straße. Es entspricht nicht mehr den heutigen Standards, daher ist es wichtig, dort ein Gerätehaus nach DIN-Anforderungen hinzubauen. Aber auch den Blick aufs Industriegebiet Hämmer Süd oder die Firma Bega zu haben. Halingen selbst wird auch immer größer. Nicht nur die Bevölkerung wächst, vielleicht haben wir auch das Glück, dass neue Leute zur Feuerwehr kommen. Ich bin auf jeden Fall froh, dass wir einen Kompromiss gefunden haben. Es ist wichtig, dass wir diese Erweiterungsfläche haben – für was auch immer wir die in der Zukunft auch brauchen.

Vor gut drei Jahren haben Sie gesagt, dass Klima-Einsätze die kommenden Jahre beherrschen werden. Das wirkt heute fast schon prophetisch. Wird die Feuerwehr zu einer Klima-Wehr?

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Die Feuerwehr kann an dem Geschehen nichts ändern. Wir werden durch die Schadenslage erst tätig. Stürme und Hochwasser gab es früher auch schon.

Aber nicht in dieser Häufigkeit.

Genau. Die Häufigkeit ist größer geworden. Aber ebenso haben über die Jahre – mit Blick auf unsere Statistiken – technische Hilfe-Einsätze zugenommen. Einen umgefallenen Baum abzusägen, würde beispielsweise auch unter diese Kategorie fallen. In Summe haben wir mehr solche Einsätze als Brände. Das zeichnet sich aber schon seit Jahren ab, bevor man über den Klimawandel gesprochen hat. Vielleicht ist es uns nur nicht aufgefallen oder wurde öffentlich anders wahrgenommen.

Wie verändert das den Anspruch an die Ausrüstung der Feuerwehr?

Momentan haben wir im Zusammenspiel mit dem Märkischen Kreis das Waldbrandkonzept neu abgestimmt. Wir haben Waldbrandrucksäcke und Waldbrandlöschrucksäcke auf den Fahrzeugen. Das hat sich als zweckmäßig herausgestellt. An diesen Rucksäcken haben wir kleinere Schläuche, weil man damit gezielter arbeiten kann. Wir würden einen Waldbrand natürlich nicht nur damit bekämpfen, aber man kommt besser in unwegsames Gelände. Hinzu kommt ein gemeinsames Konzept, wie und in welcher Größe Löschwasserbehälter vorgehalten werden. In Hemer haben wir einen 30.000-Liter Behälter, der vom Kreis in solchen Lagen aufgestellt und befüllt werden kann.

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2019 und 2020 hatten wir Rekordsommer mit Temperaturen um die 40 Grad, mehrere Waldbrände in Altena, zu denen die Mendener Feuerwehr ausgerückt ist. Im vergangenen Jahr dann das Jahrhunderthochwasser und Starkregen-Ereignisse. Die Feuerwehr scheint statistisch gesehen jedes Jahr einmal im Großeinsatz zu sein. Welche Lehren hat man aus solchen Ereignissen gezogen?

Wir haben einen Löschzug überörtliche Hilfe. Dafür gibt es kein separates Personal, sondern es kommt aus mehreren Einheiten und ist ein kleines Zufallsprodukt – je nach dem wer gerade zum Einsatz kommt und Zeit hat. Wir haben in den Einheiten abgefragt, wer das machen könnte und auch von der Qualifikation her zum überörtlichen Löschzug passt. Es ist vorgeplant, welche Autos im Einsatz sind. Die Einheiten treffen sich an der hauptamtlichen Wache, besprechen die Lage und von dort aus fährt der Zug ab. Das kann der Kreis auch von uns direkt anfordern, sei es zu Hochwasser- oder Sturmlagen.

Das ist der Beitrag, den Menden dann leistet, um die Gefahrenabwehr im Kreis zu sichern?

Genau. Der Löschzug wurde im vergangenen Jahr beim Starkregen überörtlich angefordert. Statistisch gesehen ist im Märkischen Kreis damals das meiste Wasser heruntergekommen. Nicht im Ahrtal oder Erftstadt, sondern im Märkischen Kreis, wie uns der Kreisbrandmeister aufgezeigt hatte. Nachdem der erste überörtliche Zug von uns seinerzeit losgefahren ist, sind wir direkt nochmals angerufen und gefragt worden, ob wir weitere Kräfte schicken könnten. Da haben wir die Häupter und Autos gezählt und gesagt: Das kriegen wir auch noch hin. Das hatte den Hintergrund, dass die Hochwasserlage in anderen Städten im Kreis noch gravierender war als in Menden. Als sich die Hochwasserlage dann in Menden zuspitzte, hatten wir auch unsere Kräfte alle hier im Einsatz.

Sie sind Ehrenbeamter auf Zeit. Was ist der Unterschied zu einem „normalen“ Ehrenamtler?

Das kann ich so genau gar nicht beantworten. Was ich daraus nicht ziehe, ist eine Pension (lacht). Grundsätzlich hat es etwas mit Verschwiegenheitspflichten und der direkten Unterstellung gegenüber Bürgermeister und Verwaltung zu tun. Ich muss mich an Recht und Gesetz halten – wie ein Beamter.