Menden. Immer mehr Autohersteller setzen auf Strom statt Benzin. In Menden ist bei der E-Mobilität einiges in Bewegung – und Wallboxen stark gefragt.

Die E-Mobilität ist in aller Munde, viele deutsche Autohersteller stellen sukzessive ihre Produktion um. In Menden treiben vor allem die Stadtwerke das Thema voran, informieren etwa beim E-Mobilitätstag am Papenbusch. Matthias Thelen, Teamleiter Projektentwicklung, und Philipp Haberle, Teamleiter des Vertriebsservice, erklären im Interview, wie die Zukunft der elektrischen Mobilität in Menden aussieht – und was derzeit besonders gefragt ist.

Frage: Der Tag der E-Mobilität war ein regelrechter Erfolg für die Stadtwerke, gut 2000 Besucher sind zum Papenbusch gekommen. Wie ist denn die Stimmung in der Bürgerschaft beim Thema?

Matthias Thelen: Wir begleiten das Thema seit einigen Jahren und man merkt sehr deutlich, dass es aus dem Nischendasein zu einem breiteren Thema wird. Das haben wir auch beim E-Mobilitätstag gemerkt. Am Anfang hat man mit Kunden detaillierte Fachgespräche führen können – jetzt fragt sich aber die breite Masse: Wie gehe ich mit dem Thema um? Das ist schon ein deutlicher Wandel, den wir spüren.

Dabei geht’s vor allem um private Lademöglichkeiten?

Philipp Haberle: Wir haben das in den vergangenen Wochen und Monaten verstärkt bei der KfW-Förderung für Privatkunden gemerkt, dass das Interesse an privater Ladeinfrastruktur stark gestiegen ist. In Kooperation mit den heimischen Handwerkern haben wir auch viele Projekte umgesetzt. Die Förderung ist jetzt zwar erst einmal eingestellt und wir arbeiten die offenen Aufträge ab. Die immense Nachfrage sieht man auch daran, dass Hersteller nicht mehr in der Lage waren, Ladestationen kurzfristig zu liefern. Es gab bei den Wallboxen Wartezeiten bis zu einem halben Jahr.

Thelen: Wir haben viele Kunden, die sich erst um die Wallboxen kümmern und wissen wollen, wie es funktioniert, bevor sie sich dann auch ein Elektroauto kaufen. Nur das Auto funktioniert nicht – und nur die Wallbox auch nicht. Deswegen sind wir froh, dass wir den Schulterschluss mit den heimischen Handwerkern, aber insbesondere auch den Mendener Autohändlern hinbekommen haben.

Eine höhere Nachfrage bei Lademöglichkeiten führt umgekehrt auch zu einer höheren Stromnachfrage. Das birgt Herausforderungen für das Stromnetz, das überlastet werden könnte.

Haberle: Das ist so, da muss man ein Auge drauf haben. Es gibt aber auch gesetzliche Regelungen. Wallboxen mit einer Ladeleistung von 11 kW sind beim Netzbetreiber anzumelden und die 22 kW-Wallboxen müssen vom Netzbetreiber sogar genehmigt werden. Man muss aber sagen, dass die 11 kW-Boxen die ideale Lösung für Kunden sind, die zuletzt auch durch die KfW gefördert wurden. Die meisten Fahrzeuge laden mit dieser Leistung, sodass man entspannt über Nacht laden kann. Durch die Anmeldepflicht können wir das bei der Netzplanung aber natürlich optimal berücksichtigen. Die Netze werden dann dementsprechend dimensioniert, dass die E-Mobilität abgedeckt ist.

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Das heißt, Mendener müssen sich keine Sorgen machen, wenn alle Nachbarn schon eine Wallbox haben und sie die „Letzten“ sind, die auf den Zug aufspringen?

Haberle: Genau. Wir haben das im Blick. Bei Mehrfamilienhäusern sind mehrere Wallboxen an einem Anschluss, da stehen wir aber mit den Kunden im Kontakt. Dafür gibt es ja auch die Anmeldepflicht. Sobald eine zweite Wallbox dazukommt, sind wir sogar in der Genehmigungspflicht. Da würden wir Lösungen suchen, das ist auch nicht so aufwendig und läuft über das Lastmanagement.

Eine elektrifizierte Mobilität sorgt also für einen gewissen Energiebedarf. Wie soll das alles nachhaltig funktionieren und wie kann das Auto vor der Tür langfristig mit grünem Strom geladen werden?

Haberle: Zum einen haben wir ja den Naturliebetarif, in diesem Zuge gibt es noch eine Förderung für die Wallbox, als Anreiz für die Kunden. Zum anderen beraten wir, wenn es darum geht, den Strom auch selbst zu erzeugen. Diejenigen, die eine Möglichkeit haben, eine Photovoltaikanlage aufs Dach zu bauen, können sich gerne melden.

Thelen: Klimaneutralität und Nachhaltigkeit sind Themen, vor denen wir uns nicht verschließen können. Das ist, denke ich, jedem klar. Nur über die Energiewende macht eine Elektrifizierung der Mobilität auch Sinn. Das haben wir schon so verankert. Es wird nicht so sein, dass wir auf der einen Seite die Elektrifizierung der Fahrzeuge vorantreiben und auf der anderen Seite die Stromerzeugung nicht berücksichtigen. Diesen Weg haben wir in Menden schon lange eingeschlagen.

Es wird viel über E-Mobilität gesprochen und es gibt Themen zuhauf wie etwa die möglichen Mobility-Hubs in Hämmer Süd und am Bahnhof. Das ist bisweilen Zukunftsmusik. Was passiert in Menden denn derzeit Sichtbares?

Haberle: Ganz aktuell: Gestern ist in der Poststraße, zwischen Sparkasse, Märkischer Straße und Kreisverkehr, eine DC-Schnellladestation installiert worden. Dort haben wir in der Innenstadt eine Erweiterung der Ladeinfrastruktur. Vor einigen Wochen ist in einem Lendringser Wohngebiet Oberm Rohlande eine Ladestation ans Netz gegangen. Eine weitere Station wird im November noch am Papenbusch auf dem Markant-Parkplatz installiert.

Thelen: Wir sehen, dass wir bei der privaten Ladeinfrastruktur derzeit stark in den Beratungsgesprächen sind. Sichtbarkeit haben wir über den E-Mobilitätstag nochmal erzeugt, sodass man sieht: Bei dem Thema passiert etwas mit unterschiedlichsten Akteuren in der Region. Es ist immer ein Balanceakt zwischen der Nachfrage im Allgemeinen und eben den bestmöglichen Standorten für Ladestationen. Gerade wenn es darum geht, das Laden nicht nur für Menschen mit Einfamilienhaus zu ermöglichen, sondern Laden an Mehrfamilienhäusern.

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Es gibt verschiedene Modelle abgesehen von der Wallbox oder Säulen. In Fröndenberg sind Ladepunkte an Straßenlaternen in der Diskussion, was sich aber aufwendiger gestaltet als zunächst gedacht. Ist sowas auch für Menden vorstellbar und gibt’s vielleicht sogar bald eine E-Tankstelle?

Thelen: Wir diskutieren diverse Modelle. Es gibt aber ein gewisses Spannungsfeld: das, was umsetzbar ist auf der einen Seite und auf der anderen Seite, was technisch machbar ist. Wir sehen, dass sich bestimmte Dinge in Zukunft entwickeln werden und wollen dort natürlich auch Schritt halten. Wenn neue Quartiere erschlossen oder die Straßenbeleuchtung verändert wird, dann kann das ein Thema werden. Stand heute sind die Straßenlaternen nicht den ganzen Tag unter Strom und sie sind in Reihe geschaltet. Wir haben nicht genug Strom an jeder Laterne verfügbar. E-Tankstellen können ein Thema werden, wenn sich die Ladetechnik verändert. Wir können aber nicht sagen, wie die Welt in den nächsten zehn Jahren aussieht. Das, was wir an öffentlicher Ladeinfrastruktur vorhalten, ist schon recht großzügig dimensioniert für die tatsächlichen Ladevorgänge.

Haberle: Das ist ein Thema, an das wir uns herantasten. Mit der DC-Ladestation, die wir jetzt im Innenstadtbereich haben. Die Menschen laden in der Regel dort, wo sie sich aufhalten. Speziell im Innenstadtbereich, wo sie währenddessen etwas essen oder shoppen gehen können. Daher muss man schauen, ob es Sinn macht, an einer bestimmten Stelle einen ganzen Ladepark zu bauen.

Ist es also ein Trugschluss, wenn oftmals behauptet wird, dass zu es wenig Lademöglichkeiten gibt?

Thelen: Wir sehen ja die Anzahl der Ladevorgänge und sehen, dass wir da noch genug Kapazitäten haben. Allerdings müssen wir das auch wirtschaftlich sehen: Wenn wir jetzt überall Infrastruktur aufbauen, die aber nicht genutzt wird – und später vielleicht sogar zurückgebaut werden muss –, haben wir Geld zum Fenster raus geworfen. Wenn sich die Nachfrage steigert, sind wir auch in der Lage, kurzfristig zu reagieren.

Haberle: Letztendlich werten wir die Ladevorgänge aus und bauen die Infrastruktur aus. Dazu muss man aber sagen, dass viele Ladevorgänge am Arbeitsplatz oder im Privaten stattfinden. Wir werden das Thema konzeptionell aber noch stärker angehen und die Situation in Menden genauer analysieren: Wie viele Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser gibt es? Wie viele Ladevorgänge haben wir? Wie sehen die Fahrzeugprognosen aus? Dass man anhand dessen die Bedarfe genau ermittelt und den Ausbau plant.