Menden. Im 75. Jahr der WP ist vieles anders. Der 75. Platz auf der Wilhelmshöhe ist seit Monaten verwaist. Für Musiker ist es eine lange Leidenszeit.

Im 75. Jahr der WP ist nichts wie sonst. Corona hat Deutschland auch weiterhin im Griff. Musiker und andere Bühnenkünstler hat es hierbei besonders getroffen. Wie es nach dem Lockdown weitergehen sollte und vor welchen Herausforderungen professionelle Musiker nun stehen, schildert Musikschulleiter und Dirigent Holger Busemann.

Veranstaltungen in anderer Form

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Der letzte Auftritt auf der Wilhelmshöhe ist bereits Monate her. In der guten Stube Mendens kennt sich Holger Busemann aber noch immer bestens aus. Am Schalterkasten sind die Hebel für die Beleuchtung schnell gefunden. Ein bisschen ist doch alles wie früher – aber eben nicht alles. Angesprochen auf seinen letzten Auftritt muss auch Holger Busemann ein wenig nachdenken. Es war mit seinem Gitarrenquartett kurz vor dem ersten Lockdown.

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Im März 2020. Seitdem ist es still geworden auf den Bühnen Deutschlands – und damit auch auf der Wilhelmshöhe. „Professionelle Bühnenkünstler hat es mit am härtesten getroffen“, sagt der Leiter der Musikschule, der selbst auch nicht so ganz ohne Publikum kann. Eine ganze Branche ist seitdem nahezu „kaltgestellt“. Selbst nach den Öffnungen im Sommer vergangenen Jahres habe es einige Unsicherheit gegeben. Auch ein Grund, warum das geplante Kammermusik-Festival abgesagt wurde.

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Online-Angebote können dieses Loch für Künstler nur bedingt schließen, diene vielmehr dazu, Präsenz zu zeigen. Gleichwohl: Die Freude über Herzchen bei Instagram und Co. ist trotzdem ungebrochen. „Wir spielen für das Publikum. Ohne Publikum ist es kein Konzert“, sagt Busemann. Umso mehr fiebern Musiker derzeit weiteren Lockerungen entgegen. Die Planungen für ein Konzert der Kammerphilharmonie im November auf der Wilhelmshöhe laufen bereits jetzt an – aber anders als noch vor rund zwei Jahren. Auf Bläser wolle man zunächst verzichten, sagt Busemann. Coronabedingt. Dass musikalische oder kulturelle Veranstaltungen prinzipiell anders stattfinden werden, da ist sich der Musiker sicher. Schulter an Schulter mit hunderten Zuschauern zu sitzen, daran müssten sich die meisten sicher erst wieder gewöhnen. Proppevolle Stadien oder Konzerthäuser sind – zumindest derzeit – noch Zukunftsmusik.

Energie braucht ein Ventil

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Doch die Rückkehr auf die Bühne ist selbst für professionelle Musiker und Künstler nicht wie einfach das Licht an- oder auszuschalten. Busemann vergleicht es daher mit dem Leistungssport: Nach einer Pause brauchen auch Sportler in der Regel einige Zeit, um sich wieder an das Tempo zu gewöhnen und die richtigen Abläufe parat zu haben. „Es gibt viele, die umgestellt haben“, sagt Busemann. „Als alles abgesagt wurde, hat man sich die Frage gestellt: ,Wofür soll ich jetzt noch üben?’“ Der Lockdown-Trott war da nur eine Frage der Zeit. Er selbst habe sich den Extremwanderungen gewidmet. Mit dem Zelt im Rucksack dutzende Kilometer zurücklegen und auch mal bei minus vier Grad Außentemperatur in der Wildnis schlafen. „Man muss die Energie umleiten. Das schlimmste ist, Netflix leerzugucken.“ Die Energie, die sonst auf der Bühne aus Künstlern herausströmt, braucht andere Ventile.

Die gesamte Branche – von den Veranstaltungstechnikern über Eventplaner oder Anbieter kultureller Veranstaltungen – brauche für einen verlässlichen Neustart nun Planungssicherheit und das auch über Monate. Einfach auf Knopfdruck loszulegen, funktioniere zwar im Amateurbereich; im „Hochleistungssport“ sehe das aber anders aus, so Holger Busemann. „Da steht nicht nur der Typ mit der Gitarre auf der Bühne, es steckt eine ganze Maschinerie dahinter.“