Menden. Günter und Gerda Müller leben an der Hedwig-Dransfeld-Straße 75 in Menden. Ihre „Nummer 75“ ist eine besondere Adresse am Rand von Platte Heide.

Da muss man die Nachbarn mögen. Nur gut fünf Meter misst das Grundstück zwischen dem linken und rechten Nachbarn. Die Nummer 75 an der Hedwig-Dransfeld-Straße könnte man schnell übersehen. Günter und Gerda Müller haben sich hier ihr kleines Reich geschaffen. Sie wohnen gerne hier. Für sie ist die Nummer 75 eine gute Adresse. Sie sagen: „Wir haben es hier gut und ruhig.“

Der 83-Jährige und seine 81-jährige Gattin sind tatsächlich ein wenig überrascht, als die WP spontan vorbeischaut. Es ist purer Zufall: Günter Müller hat auch noch Geburtstag. (Hätten wir mal Blumen mitgebracht…) Aber der Ehrentag wird auch bei den Müllers in Corona-Zeiten kleiner gefeiert als sonst. Die Kinder helfen im Garten, verkleiden den Zaun neu. Die Verwandtschaft kommt an jenem Zaun für Einzelbesuche mit Abstand vorbei. „Es ist schwer“, sagt der Jubilar zur Corona-Zeit. Er vermisse die engen Kontakte. Sie verbringt viel Zeit mit Puzzeln.

Zwei Eingänge und zwei Mal die Hedwig-Dransfeld-Straße

Die Mülltonne mit der Nummer 75 erzählt viele Geschichten aus dem Leben. 
Die Mülltonne mit der Nummer 75 erzählt viele Geschichten aus dem Leben.  © Westfalenpost | Arne Poll

„Hausnummer 75“ und „75 Jahre WP“: Das trifft sich bei den Müllers besonders gut. Sie sind seit Jahrzehnten Abonnenten. Klar, in einer so langen Beziehung sei man auch mal kurzzeitig nicht zufrieden gewesen, sagt Gerda Müller ehrlich und direkt. Aber sie seien neugierig, immer die Neuigkeiten aus ihrer Stadt zu erfahren. Dieses Mal steht sie selbst mal in der Zeitung.

Ihr Haus ist wahrlich besonders: Es gibt zur Hedwig-Dransfeld-Straße einen kleinen Eingang in den Garten. Der Haupteingang ist über eine kleine Stichstraße von hinten. Elf Häuser wurden Ende der 1970er Jahre hier nebeneinander gesetzt. Die Müllers wohnen von Anfang an hier, haben hier gebaut. Von den Erstbesitzern leben noch vier hier. „Wir haben uns nie gezankt.“

Früher lebten sie mal in Bösperde zur Miete. Da seien die Nachbarn schwierig gewesen. Die Müllers entschieden sich dazu, selbst zu bauen: „Wir mussten auf viele Dinge verzichten“, sagt Gerda Müller. „Wir sind auch mal in den Urlaub gefahren, aber man musste sich schon einschränken.“

Früher Bäcker, später bei der Bundeswehr und dann Busfahrer bei der MVG

Wer in Menden mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs war, könnte Günter Müller kennen. „Ich war 40 Jahre lang Busfahrer bei der MVG“, erzählt er. Früher war das noch die Iserlohner Kreisbahn. Ins Berufsleben sei er noch als Bäcker in der Lüneburger Heide gestartet. Dann sei er über die Bundeswehr nach Hemer gekommen, schließlich dann zum Busfahren. Sie ist gelernte Herrenschneiderin und arbeitete bei Nettelhoff. Mittlerweile sind beide schon lange in Rente und genießen die Zeit.

Die Aufkleber auf der Mülltonne mit der Nummer 75 erzählen Geschichten aus dem Leben der Müllers. Das sind die Gartenschauen in Hemer und Oelde, das Radeln und ein Uralt-Aufkleber von „Menden – Stadt in der Ferienlandschaft Sauerland“. Direkt daneben auch ein Aufkleber des kanadischen Campingclubs. Sechs Mal waren sie zum Urlaub dort, zu Gast im Land der unendlichen Weiten, ein landschaftliches Paradies. Mit dem Wohnmobil erkundete das Mendener Paar Kanada. Tatsächlich hätten sie ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, über den großen Teich auszuwandern. „Aber wir haben festgestellt, dass da auch nicht alles immer gut ist“, sagt Gerda Müller.

Jetzt haben sie es zuhause gemütlich, einen Wintergarten angebaut, sind zufrieden. Draußen steht eine kleine Gartenhütte. Gerda und Günter Müller zeigen sich zufrieden. Ihre Nummer 75 sei ein gutes Zuhause.