Menden. Dr. Eduard Maler, Leiter des Walburgisgymnasiums, erklärt, worauf es in Schulen in Zeiten von Corona ankommt.
Corona wirbelt nicht nur den Alltag in Unternehmen, sondern vor allem auch den an Schulen durcheinander. Dr. Eduard Maler, Schulleiter des Walburgisgymnasiums, blickt auf ein besonderes Halbjahr. Denn es ist sein letztes, bevor er in den Ruhestand geht. Im Interview erklärt er die Herausforderungen an das System und was er sich für den nächsten Lebensabschnitt vornimmt.
Sie sind in Ihrem letztes Halbjahr als Schulleiter. Was überwiegt, die Freude oder die Wehmut?
Eduard Maler Es ist natürlich nach all den Jahren immer mit Wehmut verbunden, weil ich das, was ich hier gemacht habe, auch immer sehr gerne gemacht habe. Es macht zudem einen großen Teil meines Lebens aus. Auf der anderen Seite freue ich mich auf die Sachen, die man aufgrund der Arbeitszeit hier nicht tun kann. Dem nachzugehen – insbesondere mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen – und einigen Hobbys nachzugehen, an Ausstellungen teilzunehmen. Es ist auch ein kleiner Neuanfang.
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Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Sie ein WBG-Urgestein sind und viele Entwicklungen mitgemacht haben. Was waren die bleibendsten Eindrücke?
Ich bin seit 1985 an der Schule und habe als Anfänger mit sehr viel Freude festgestellt, dass bei den Schülern das Interesse zu philosophieren recht groß ist. Das ist nicht nur etwas Akademisches. Sachen weiterzugeben und die Lust am Denken zu spüren, hat mich beeindruckt. Die Schüler sind recht offen und gehen oft mit einer anderen Perspektive an die Dinge, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. In all der Zeit hat mich aber natürlich auch die Rom-Fahrt mitsamt des Jubiläums beeindruckt. Mit der Schule wegzufahren, ist natürlich ein Unternehmen. Aber auch Schulgemeinschaft zu spüren und zu sehen, dass die unterschiedlichen Lerngruppen und Klassen miteinander ins Gespräch kamen, dass man dort eine gute Zeit verbringen konnte und dass die Schüler Lust hatten, die Stadt zu entdecken.
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Kann man da schon von einer familiären Stimmung sprechen?
Ja, das kann man. Das ist das WBG-Gefühl. Wir hatten bei der Rom-Fahrt ein Schul-Tshirt in azurblau und damit sind wir bei Stadtführungen durch die Gegend gelaufen. Einige Schwestern, die später nach Rom gekommen sind, hatten wir zufällig in einer Espressobar getroffen. Sie erzählten, dass sie in Rom darauf angesprochen wurden. Das macht den Wiedererkennungswert aus, das Wir-Gefühl ist damit auch mit Eindrücken von außen verstärkt worden. Es war eine gemeinsame Unternehmung, die man so im normalen Schulalltag nicht hat.
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In Zeiten von Corona verändert sich viel, sowohl gesellschaftlich als auch schulisch. Wie steht es denn um die Digitalisierung am WBG?
Das ist eine sehr positive Erfahrung. Wir waren dabei, auf Office365 umzusteigen und haben in der Schulentwicklungsgruppe Pläne aufgestellt, wie wir das mit Lehrer- und Schülerfortbildungen umsetzen können. Das war recht zeitgleich zu den ersten Ausläufern von Corona. Wir mussten dann schnell agieren. Das hat mich fasziniert, dass wir als Kollegium eine Menge auf die Beine gestellt haben. So sind auch ältere Kollegen von anderen mit reingezogen worden, die ihnen zeigten, wie die Kommunikation funktioniert. Ich empfand es als gut, dass sich die Kollegen drauf eingelassen und von Elternseite Hilfe angeboten bekommen haben. Auch die Schüler sind mit viel Entdeckungslust an das Ganze herangegangen und man hat auch ihre Kenntnis in Anspruch nehmen können. Es war eine andere Art Gemeinschaftserlebnis als die Fahrt nach Rom, aber das empfand ich als wichtige Erfahrung. Da war die ganze Schule gefordert.
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Die Digitalisierung ist also eine Bereicherung für den Schulalltag. Bundes- und Landesregierung bestehen zwar auf Präsenzunterricht, ist es nicht aber eine sinnvollere Lösung – zum Schutz von Kollegium und Schülern – auf eine 50/50-Mischung aus digitalem und Präsenzunterricht zu setzen?
Einerseits würde ich schon sagen, dass der digitale Unterricht ein wichtiges Element ist, das auch zu Nicht-Coronazeiten eine wichtige Rolle spielen wird. Allerdings kann er den Präsenzunterricht nicht ersetzen. Die Momente ganzheitlichen Lernens, die Kommunikation, ein gedanklicher Austausch, der auch über andere Sinne funktioniert, spielt eine große Rolle. Es ist eine Frage des Verhältnisses. Im Moment ist es noch zu handeln, Schulen weitestgehend offen zu lassen und ein Maximum an Präsenzunterricht zu fahren. Man muss schauen, unter welchen Rahmenbedingungen das aufrechtzuerhalten ist. Die Gesundheitsämter gehen davon aus, dass man lüftet, Masken trägt und Abstand hält. Daher werden nur die unmittelbaren Kontaktpersonen der Kategorie I herausgezogen und unter Quarantäne gestellt. Es ist aber die Frage, wann das ausgereizt ist und man sagt: Die Gefährdung ist zu groß. Es ist für die Verantwortlichen keine leichte Aufgabe festzulegen, wo man die Reißleine zieht. Ob das nun heißt, die Lerngruppen zu halbieren oder den Unterricht eine Woche digital und eine Woche mit Präsenz in wechselndem Rhythmus ablaufen zu lassen. Ich wäre auch dafür, solange das Risiko begrenzt ist, auf die Vorzüge des Präsenzunterrichts zu setzen und das Digitale nach und nach zu integrieren.
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Wo geht denn die Reise für das WBG hin?
Ein Nachfolger ist glücklicherweise ja gefunden. Herr Dr. Bornhoff als stellvertretender Schulleiter, der an Schulentwicklungsaufgaben immer mitgearbeitet hat, wird für Neuerung und Kontinuität zugleich stehen. Das ist eine positive Sache. Zuletzt haben wir das Medienkonzept angesprochen und unsere Vorstellungen von Digitalisierung diskutiert. Aber gleichzeitig wie wir es auf der anderen Seite schaffen, Schule als Lebensraum zu entwickeln, wo die Kinder Spaß haben und mit Freude hingehen. Zu sehen, wenn es um Fragen der Digitalisierung geht, dass Technik ein dienliches Mittel ist, um Ziele zu erreichen. Und diese Ziele sind eben nicht-technischer Art. Eben dass interessierte, kritische und reflektierte Schüler mehrdimensional orientiert sein werden. Und wenn ich kritisch sage, meine ich damit selbstständiges Denken zu lernen.
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Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger denn?
Ich wünsche ihm vor allem, dass er die Freude beibehält, mit Menschen umzugehen und im Gespräch zu bleiben. Dass man im und mit dem Kollegium, den Schülern und Eltern im Dialog steht. Sofern dieser Dialog klappt, wird man bei Konflikten und Herausforderungen Schule als ein Gemeinschaftsunternehmen erfahren. Gemeinschaftlich wird man diese Probleme und Herausforderungen auch meistern können. Es ist ein absolut interessanter Beruf, der niemals langweilig wird. Sie haben mit vielen Menschen zu tun, mit vielen unterschiedlichen Perspektiven. Ich bin ganz sicher, dass er sich nie alleine fühlt.
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