Attendorn. Die Volksbank Sauerland wird im Attendorner Ortsteil Petersburg ein großes Baugebiet erschließen. Das sind die Besonderheiten in der Planung.
Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum für junge Familien oder Fachkräfte aus der Wirtschaft, die bei Gedia, Viega, Mubea, Kirchhoff und Co. in Attendorn arbeiten, ist ungebrochen. Doch viele willige Häuslebauer stehen vor dem Dilemma, dass sie entweder kein passendes Grundstück finden oder ihren Traum aufgrund der immensen Bau- und Finanzierungskosten auf die lange Bank schieben müssen. „Die Zinswende und die Verteuerung der Baukosten hat viele Bauherren in eine Zwickmühle getrieben. Der Wunsch nach modernem, neuwertigem und zukunftsorientiertem Wohnen steht stark im Widerspruch zur Finanzierbarkeit der gesamten Investition“, weiß Pedro Garcia, Geschäftsführer von Garcia Immobilien in Attendorn, um die schwierigen Rahmenbedingungen.
Er rechnet beispielhaft vor: Bei einer durchschnittlichen Grundstücksgröße von 500 bis 600 Quadratmetern würde ein Einfamilienhaus für eine vierköpfige Familie mit einer Wohnfläche von rund 150 Quadratmetern zwischen 450.000 und 500.000 Euro kosten. Die Grundstückspreise hinzugrechnet, sei ein solches Bauvorhaben schwerlich unter 600.000 Euro zu realisieren. Hinzu komme, dass die Banken hohe Eigenkapitalforderungen stellen würden, sodass Familien mit mittlerem Einkommen nur unter enormen Anstrengungen den Bau des Traumhauses finanzieren könnten.
In unmittelbarer Nähe zum Industriegebiet
Dieser Rahmenbedingungen – Inflation, hohe Zinsen, stark gestiegene Energiepreise etc. – ist sich die Volksbank Sauerland bewusst. Dennoch hält die Genossenschaftsbank an ihrem großen Bauvorhaben in Attendorn fest: Im Ortsteil Petersburg sollen in drei Bauabschnitten bis zu 75 Grundstücke erschlossen und später an die junge Familie oder den Facharbeiter verkauft werden – im Übrigen in unmittelbarer Nähe zum Industriegebiet Fernholte, das in den nächsten Jahren sukzessive entwickelt und sicherlich eine weitere Nachfrage an Wohnbauflächen erzeugen wird. In 2024, so das Kalkül der Bank, soll zunächst das Planungsrecht geschaffen werden, damit die Bagger ab Frühjahr 2025 anrücken können.
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Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der dritte Bauabschnitt mit rund 30 Grundstücken aktuell im Flächennutzungsplan der Stadt noch als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen ist. „Weil die Verringerung der Flächenversiegelung die übergeordnete politische Leitidee ist, wird es nicht einfach, diese Fläche im Rahmen der derzeitigen Neuaufstellung des Regionalplans als zukünftige Baufläche auszuweisen. Hier wird vermutlich eine politische Abwägung und Priorisierung erforderlich, ob und inwieweit eine an anderer Stelle ausgewiesene Fläche im Flächennutzungsplan im Austausch herausgenommen werden muss“, weiß Philipp Kalthoff, Bereichsleiter Voba Regio bei der Volksbank, die alle regionalen Immobilien-Projekte betreut.
Politischer Streit um Grundstückspreise
Aktuell feilen die Genossenschaftsbank als Investor und die Stadt an einem ersten städtebaulichen Vertrag, also einer Kooperationsvereinbarung, die Grundlage für das Projekt ist. Diese Vorgehensweise hatte die CDU-Fraktion seinerzeit beantragt und mit den Stimmen von FDP, UWG und Grünen gegen die der SPD durchgeboxt. Anfang Dezember saßen die Parteien nun wieder zusammen und anschließend war unisono zu hören, dass die Gespräche auf die Zielgerade einbögen und der Kooperationsvertrag bald unterschrieben werden könne. Ganz zur Freude von Rolf Schöpf (CDU), er hatte mit dem Antrag den Stein ins Rollen gebracht: „Ich bin froh und glücklich, dass alle Seiten jetzt Kooperationsbereitschaft zeigen.“
Das war anfänglich nicht so. Um die Grundstückspreise hatte es im Stadtrat ordentlich Zoff gegeben, die SPD warf der Volksbank eine ungehemmte Preispolitik zu – mit der Konsequenz, dass die Grundstücke viel zu teuer würden. Sie forderte damals genauso wie die Verwaltung eine Preisdeckelung, orinentiert am Bodenrichtwert, der in Petersburg bei 110 Euro/Quadratmeter liegt. Mehrfach betonte die Genossenschaftsbank jedoch, dass dieser Wert längst veraltet sei und kein Investor dieser Welt mit dieser Summe wirtschaftlich arbeiten könne. Deswegen setzt die Volksbank einen Durchschnittspreis von 165 Euro/Quadratmeter in Petersburg an, jedoch mit der Klausel, dass sie bei unerwarteten Kostensteigerungen nachkalkulieren dürfe. Dafür habe die Volksbank in ihrem Erschließungskonzept soziale Komponenten eingebaut, die unter anderem vorsehen, dass 40 Prozent der Grundstücke „an bevorrechtigte Personenkreise, die die Politik festlegt, zu Sonderkonditionen vergeben“ werden, so Kalthoff. Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) sagt dazu: „Die Politik hat entschieden, dass es keinerlei Preisvorgaben für die Vergabe der Grundstücke geben soll, somit ist die Preisgestaltung auch Sache des Investors.“
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Der Investor plant in Petersburg mit verschiedenen Wohnformen – vom Einfamilienhaus bis zum Mehrfamilienhaus samt Miet- oder Eigentumswohnungen, um möglichst vielen Menschen den Traum von einer eigenen Wohnung oder einem eigenen Haus erfüllen zu können. Kalthoff betont: „Diese Differenzierung der Wohnformen ist ein besonderes Merkmal unserer Planung. Eine solch ausgewogene Mischnutzung wäre bislang einzigartig für Wohngebietsentwicklungen innerhalb der Stadt Attendorn.“ Gerade für junge Familien mit Kindern wichtig: Die Volksbank sei in aussichtsreichen Gesprächen mit einem namhaften Träger, der in dem Wohnbaugebiet einen Kindergarten integrieren möchte. Kalthoff: „Ein solches Betreuungsangebot wird nicht nur das Baugebiet selbst aufwerten und attraktiver machen, sondern der gesamten Ortslage sehr gut tun.“