Attendorn. Die Verwaltung plädierte für ein grundsätzliches Vorgehen bei der künftigen Bauland-Entwicklung in Attendorn. Doch nur die SPD wollte mitspielen.

Aus Sicht der Attendorner SPD hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung einen Präzedenzfall geschaffen. „Wir haben nun überhaupt keine Argumente und vor allem keine Möglichkeiten mehr, dämpfend auf den Preis einzuwirken“, ist Fraktionschef Uli Bock fassungslos darüber, welchen Weg die CDU gemeinsam mit den kleineren Parteien im Rat (FDP, UWG, Grüne) eingeschlagen hat. Denn der Versuch der Verwaltung, einen Grundsatzbeschluss über das Vorgehen bei der künftigen Bauland-Entwicklung in nicht-öffentlicher Sitzung zu erwirken, scheiterte – zum Entsetzen der SPD. Dafür fand sich eine Mehrheit für einen CDU-Antrag, der darauf abzielt, dass die Stadt einen städtebaulichen Vertrag mit der Volksbank Bigge-Lenne ausarbeiten wird – gegen die Stimmen der SPD.

Es sind Welten, die in Attendorn aufeinanderprallen. Mit einem Grundsatzbeschluss hätte die Stadt laut SPD noch Einfluss auf die Preisgestaltung künftiger Baugrundstücke nehmen können. Ein Investor wie die Volksbank Bigge-Lenne, die in Petersburg derzeit ein großes Baugebiet plant (Investorenmodell), oder auch die Stadt selbst, wenn sie in den Besitz von Bauland kommen würde (Zwischenerwerbsmodell), hätten sich beim Verkauf der Grundstücke an den Häuslebauer am Bodenrichtwert – und kleineren Risikozuschlägen für den Investor – orientieren müssen. Also an einem vom Gutachterausschuss festgesetzten Wert.

Funktionierendes System über Bord

Mit dieser Deckelung sollten die ohnehin schon exorbitant gestiegenen Baukosten im Zaum gehalten werden. „Grundstücke sind nicht vermehrbar, also keine Ware, und von daher keinem freien Markt zuzuordnen. Kommunen müssen bezahlbaren Wohnraum und bezahlbares Bauen möglich machen“, betont Wolfgang Langenohl. Dieses Prinzip sei nun außer Kraft gesetzt, poltern die Sozialdemokraten.

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Denn nun komme ein drittes Modell auf den Markt, das der SPD und der Verwaltung Schweißperlen auf die Stirn treibe: ein Investorenmodell ohne Rahmenbedingungen. „Das wird dafür sorgen, dass der Markt nun alles regelt. Die Grundstückspreise werden nach oben gehen. Das werden sich zunehmend nur noch Leute aus dem oberen Einkommensdrittel leisten können“, ist auch Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) traurig darüber, „dass wir die verlässlichen Rahmenbedingungen, die für alle Investoren galten, nun aufgegeben und ein funktionierendes System über Bord geworfen haben.“ Die Stadt werde kaum noch Möglichkeiten haben, an Bauland zu kommen, weil die Eigentümer auf zahlungskräftige Investoren warten werden. Und die Investoren, so die arge Befürchtung, werden die Kosten an den Häuslebauer weitergeben. „Das wird einen Domino-Effekt auslösen und es ist nur logisch, dass die Preise auch in anderen Baugebieten in unserer Stadt anziehen werden“, sagt der Bürgermeister mit Blick auf Petersburg.

Gutachter: 160 Euro/Quadratmeter

Genau hier soll die Verwaltung nun einen städtebaulichen Vertrag mit der Volksbank ausarbeiten, die abschnittsweise bis zu 75 Baugrundstücke entwickeln und auf den Markt bringen wird. Die bislang festgesetzten 110 Euro pro Quadratmeter laut Bodenrichtwert gehören der Vergangenheit an, ein vom Investor beauftragter Gutachter hat den „neuen“ Bodenrichtwert in Petersburg bereits auf 160 Euro geschätzt. Der tatsächliche Kaufpreis dürfte für den Häuslebauer aber noch deutlich darüber liegen. Genau das wollten SPD und Verwaltung aber vermeiden.

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Ein Investorenmodell ohne Rahmenbedingungen und eines, das nur noch für die Reichen bezahlbar wird? Rolf Schöpf von der CDU schüttelt mit dem Kopf und entgegnet, dass in Petersburg ein gewisser Anteil der Baugrundstücke unter sozialen Aspekten vergeben wird – wie die genau aussehen werden, steht aber noch nicht fest. Grundsätzlich betont er: „Wir haben nur noch ganz wenige Wohnbaugebiete, die wir überhaupt entwickeln können. Ich weiß nicht, was so verwerflich daran ist, mit einem kompetenten Partner das Projekt Petersburg anzugehen. Es schafft im Übrigen auch Freiräume für die überlastete Verwaltung.“ FDP, Grüne, UWG und CDU haben sich mit ihrer Forderung durchgesetzt, künftig jedes Baugebiet einer individuellen Betrachtung zu unterziehen und daher keine grundsätzliche Vorgehensweise, die für jedes Baugebiet gleichermaßen gelten sollte, zu beschließen.

Eines ist aber auch für Schöpf klar: „Natürlich muss unsere Kommune noch regulierend eingreifen können und es bracht zwingend eine Deckelung. Aber lasst doch erst mal die Investoren mit ihren Angeboten auf uns zukommen.“