Attendorn. Das Erzbistum Paderborn lässt das Betreuungsangebot im Collegium Bernardinum im Sommer auslaufen. Doch jetzt gibt es Hoffnung auf eine Nachfolge.
Es ist noch ein zartes Pflänzchen, doch es wächst und macht den betroffenen Kindern und Eltern aus Attendorn Hoffnung: Das CJD aus Olpe, eines der größten Bildungs- und Sozialunternehmen in Deutschland, hat sein Interesse hinterlegt, das Tagesinternat im Collegium Bernardinum in Attendorn zu übernehmen – sofern die konzeptionellen und finanziellen Rahmenbedingungen stimmen. Die Kreisstädter würden dann ab Sommer die Trägerschaft vom Erzbistum Paderborn übernehmen. Die ersten konkreten Gespräche sollen in der kommenden Woche stattfinden. Zudem hat ein möglicher Investor, der das denkmalgeschützte Gebäude am Nordwall kaufen möchte, sein Angebot abgegeben.
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„Wir sind keine Fantasten und wissen auch, dass es am Ende ums Geld geht. Dennoch sind wir positiv gestimmt und voller Hoffnung, dass es weitergehen kann. Das ist zweifellos unsere letzte Chance“, erklärt Martin Pursian, dessen Sohn das Tagesinternat im Konvikt besucht. Gemeinsam mit anderen Eltern und dem Mitarbeiter-Team kämpft er seit Monaten um eine Nachfolge-Lösung. Immerhin gehen täglich rund 80 Kinder nach dem Unterricht in das Tagesinternat, sie bekommen dort ein warmes Mittagessen und unter Aufsicht von qualifierten Pädagogen eine Betreuung bis zum späten Nachmittag.
120 Euro monatlich
Rückblick: Das Erzbistum Paderborn hatte vor ziemlich genau einem Jahr erklärt, das Tagesinternat mit dem Schuljahr 2022/23 auslaufen zu lassen. Die Ostwestfalen begründeten diesen Schritt damit, dass sich der Betrieb im Konvikt wirtschaftlich nicht rechne und es mehr Sinn mache, in die Infrastruktur der beiden St.-Ursula-Schulen zu investieren. Hier sollen perspektivisch für rund 15 Millionen Euro eine neue Mensa und eine neue Turnhalle gebaut werden. Tatsächlich ist es so, dass Paderborn mit seinem Tagesinternat in Attendorn seit Jahren rote Zahlen schreibt. Der Betrieb finanziert sich in erster Linie durch die monatlichen Elternbeiträge, die bei 120 Euro pro Kind (plus Kosten für das Mittagsessen) liegen.
Für die Eltern, Kinder und für das Mitarbeiter-Team um Leiterin Annette Hermes gibt es noch eine zweite Nachricht, die Hoffnung macht: Ein Investor aus dem Kreis Olpe, der namentlich noch nicht genannt werden will, hat in dieser Woche sein Kaufangebot in Paderborn hinterlegt und laut Martin Pursian versprochen, dass das Tagesinternat an Ort und Stelle bleiben dürfe, sofern er Eigentümer wird. Und nicht nur das: Er könne sich genauso gut vorstellen, im Collegium Bernardinum einen Kindergarten zu etablieren – und auch die Flüchtlinge, die seit dem Ukraine-Krieg dort leben, würden bleiben können.
Das Erzbistum Paderborn hatte von Beginn an klar signalisiert, das imposante Gebäude am Nordwall, das einen großen Sanierungsstau aufweist, veräußern zu wollen. Zum aktuellen Stand teilt das Erzbistum schriftlich mit: „Aus Vertraulichkeitsgründen kann es keine detaillierten Auskünfte zu geschäftsmäßigen Verhandlungen oder Vertragsschließungen geben. Einzelfragen befinden sich in Klärung, Gespräche stehen aus oder werden weiterhin geführt.“
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Enttäuscht ist Annette Hermes über die ausbleibende Unterstützung von Stadt und Politik. Die Leiterin nimmt kein Blatt vor den Mund und kritisiert: „Der Bürgermeister hat es in dem einen Jahr nicht einmal geschafft, Hilfe für das Tagesinternat anzubieten. Als jedoch klar war, dass das Haus noch nicht verkauft ist, kamen fünf Mitarbeiter der Stadt, um sich die Räumlichkeiten für ukrainische Flüchtlinge anzuschauen.“ Bisher leben 17 Flüchtlinge in der oberen Etage. Hermes schiebt nach: „Meines Erachtens ist es jetzt mal Zeit, etwas für die eigenen Bürger zu tun.“
Bürgermeister: Fokus auf Ganztag
Bei dieser Forderung bleibt Attendorns Erster Bürger Christian Pospischil (SPD) jedoch zurückhaltend: „Wir sind gerne dabei, wenn es darum, die richtigen Leute an einen Tisch zu bekommen. Es kann aber nicht sein, dass die Verantwortung über die Fortführung des Tagesinternates an die Stadt abgeschoben wird.“ Seitdem klar ist, dass das Erzbistum Paderborn seine Trägerschaft aufgibt, habe er immer wieder betont, dass die Stadt selbst als Träger nicht einspringen werde. Pospischil: „Als Stadt müssen wir unseren Schwerpunkt auf den Ausbau des Ganztages an unseren Schulen richten, gerade vor dem Hintergrund, dass es an den Grundschulen schon bald einen Rechtsanspruch geben wird. Hier haben wir riesige Investitionen vor der Brust. Wenn wir dann auch noch eine städtische Parallelstruktur im Tagesinternat aufbauen, würden wir uns verzetteln.“
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Bis heute sei auch nicht die Forderung an die Stadt herangetragen worden, sich finanziell am Betrieb des Tagesinternates zu beteiligen, damit dort kostendeckend gearbeitet werden kann. „Das Tagesinternat ist ein privates Angebot, es wäre also maximal eine freiwillige Leistung, die die Stadt finanziell beisteuern könnte.“ Dazu bräuchte es einen Ratsbeschluss. Die Politik nehmen Pursian und Hermes nun in die Pflicht und sie fordern, die „abwartende Haltung“ (Pursian) aufzugeben.
Das Duo ist zuversichtlich, dass sich der Betrieb im Tagesinternat wirtschaftlich lohnen kann. Die Eltern seien grundsätzlich bereit, einen höheren Monatsbeitrag zu zahlen, darüber hinaus gebe es Fördertöpfe, die Paderborn bislang nicht ausgeschöpft habe. Eltern und Mitarbeiter des Tagesinternates werden nun alles daran setzen, dass aus dem zarten Pflänzchen eine ausgewachsene Blume wird und das CJD die Trägerschaft im Tagesinternat übernimmt.