Attendorn. Das Image der Attendorner Union ist am Boden. Grund waren interne Querelen in der Fraktion, die zum Bruch führten. Doch was steckt dahinter?

Als die ehemalige Attendorner CDU-Fraktion im Frühjahr zur Krisensitzung im Restaurant Himmelreich zusammenkam, um einen Weg aus der Sackgasse zu finden, schien der Wille zur Versöhnung noch gegeben. Ein halbes Jahr später steht die ernüchternde Erkenntnis, dass es ein „Wir“ schon lange nicht mehr gegeben hat. Und so kam, was kommen musste: Nach monatelangen Differenzen, persönlichen Angriffen und gegenseitigen Schuldzuweisungen warfen sieben der einst 15 Fraktionsmitglieder im Sommer die Brocken hin und gründeten ihre eigene Fraktion – die Union für Attendorn. Geblieben ist ein immenser Imageschaden der einst großen Volkspartei, die – so schreibt es der eigene Stadtverband – „in Attendorn schon seit längerem eine eher unbedeutende Rolle“ spielt. Die Scherben aufzusammeln wird dauern. Lange dauern.

Eine Frage schwebt wie ein Damoklesschwert über der Attendorner Union: Wer trägt Schuld an diesem Bruch? Der geschäftsführende Vorstand des CDU-Stadtverbandes, dessen Vorsitzende Dr. Friederike Brodhun ist, positionierte sich nur wenige Tage nach der Abspaltung und stellte sich öffentlich an die Seite der neu gegründeten Fraktion. Die acht verbliebenen Köpfe der CDU-Fraktion, die seit Jahren in unterschiedlichen Ausschüssen und Funktionen tätig sind, trügen eine Mitverantwortung – man dürfe den schwarzen Peter nicht den abtrünnigen Ex-Kollegen in die Schuhe schieben.

Widersprüchliche Aussagen

„Leider hat der jetzige Fraktionsvorstand (der CDU, Anm. der Red.) es den neuen Ratsmitgliedern und dem Stadtverbandsvorstand schwer gemacht. Trotz anderslautender Äußerungen gab es hier so gut wie keine konstruktive Zusammenarbeit, geschweige denn eine proaktive Informationspolitik.“ Zahlreiche Versuche des Stadtverbandes, die Fraktion wieder zusammenzubringen, seien durch den jetzigen Vorstand verzögert oder geblockt worden. Dem widerspricht die jetzige CDU-Fraktion. Sehr wohl habe man Gesprächsangebote gemacht und Kompromissbereitschaft signalisiert, hören wir aus internen Kreisen. Doch ähnlich wie der Stadtverband äußerte sich auch der Ortsverband Ennest, der „mangelnde Führungsqualitäten der derzeitigen Fraktionsspitze“ ausmacht.

Stimmt das? Auf Nachfrage bei Sebastian Ohm, Vorsitzender der verbliebenen CDU-Fraktion, und dessen Stellvertreter Rolf Schöpf bekommen wir nur eine Antwort: kein Kommentar in der Öffentlichkeit. Auch nicht darüber, was Inhalt eines Treffens von Brodhun, Kreisvorsitzender Jochen Ritter sowie den CDU-Fraktions-Kollegen Uli Selter, Wolfgang Teipel und Kathrin Rameil am Dienstagabend ist. Krisensitzung in düsteren Zeiten. „Vertrauliche Gespräche“ hören wir anschließend von Beteiligten. Ansonsten: kein Kommentar. Nicht noch mehr Aufruhe verursachen, lautet offenbar das Credo.

Kein Verständnis für Anfeindung

Dafür äußert sich mit Jürgen Schüttler ein langjähriges CDU-Mitglied, in Attendorn vor allem durch seine jahrelange Arbeit bei der DLRG ein bekanntes Gesicht. Interessierte Kreise würden die CDU Attendorn demontieren, schreibt er, und meint damit den Ennester Ortsverband (OV). Er könne nicht nachvollziehen, wie es zu den „öffentlichen persönlichen Verunglimpfung (…) durch die Führung des OV Ennest“ kommen konnte, die ihm zuwider seien. Verdiente Stadtverordnete aus der eigenen Partei öffentlich an den Pranger zu stellen, für den ehemaligen stellvertretenden DLRG-Chef aus Attendorn unverständlich. Seine Forderung: „Geht in die Ursachenforschung. Das Problem liegt tiefer. Die Spaltung der Fraktion ist nur eine Folge davon.“

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Nur wovon? Waren die inhaltlichen Differenzen etwa zum Bau des neuen Wall-Centers in Attendorn, das die neu gegründete UfA – im Gegensatz zu der verbliebenen CDU-Fraktion – ablehnt, zu groß? Warum gelang es nicht, eine gemeinsame Fraktionsspitze mit Vertretern aus beiden Lagern zu besetzen, nachdem Birgit Haberhauer-Kuschel, Sascha Koch und Thorsten Wurm (jetzt alle UfA) ihre Ämter im Frühjahr niederlegten und daraufhin Sebastian Ohm, Rolf Schöpf und Kathrin Rameil (alle noch CDU) übernahmen? War das inner-fraktionelle Verhältnis schon derart gespalten, dass sich die Beteiligten außer Stande sahen, zusammen zu arbeiten? Warum warteten die Mitglieder der UfA eine geplante Sonderfraktionssitzung vor der Auflösung nicht mehr ab? Warum erfuhren Ohm, Schöpf und Co. ausgerechnet vom Bürgermeister auf dem Schützenfest in Listerscheid von der Auflösung – und nicht von den eigenen Kollegen? Warum gelang es selbst der Kreis-CDU um Ritter und Co. trotz interner Gespräche nicht, die Wogen zu glätten? Viele Fragen, wenige Antworten – zumindest in der Öffentlichkeit.

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Birgit Haberhauer-Kuschel, Ex-CDU-Fraktionschefin und nun Mitglied der Union für Attendorn, legte kurz nach der UfA-Gründung in einer Erklärung Wert auf die Formulierung: „Interne Streitigkeiten und persönliche Verletzungen müssen ein Ende finden. Es geht uns nicht darum, schmutzige Wäsche zu waschen.“ Allein: In der Öffentlichkeit ist dieser Eindruck längst verfestigt. Was bleibt, ist eine CDU, die tief gespalten ist. Und das vermutlich noch lange bleiben wird. Auch wenn Rolf Schöpf sagt: „Wir ziehen einen Schlussstrich und schauen nach vorne. Wir wollen jetzt in einem kleineren Kreis ohne Verfolgung von Eigeninteressen Lokalpolitik zum Wohl der Bürger der Stadt Attendorn machen.“ Doch selbst in diesem Satz weht ein Hauch von Frust, Missmut, Unverständnis und Trotz mit.