Attendorn. Kaum ein Bauprojekt wird in Attendorn derart kontrovers diskutiert wie das geplante Wall-Center am Bahnhof. Was Befürworter und Skeptiker sagen.

Gebetsmühlenartig versucht Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) seit vielen Monaten auch den letzten Skeptiker vom Bau des neuen Einkaufszentrums am Attendorner Bahnhof zu überzeugen. Nur will es Attendorns Erstem Bürger einfach nicht gelingen. Einige Händler, Unternehmer, aber auch „normale“ Bürger fürchten in erster Linie darum, dass das Wall-Center mit seinem Drogeriemarkt Müller und seinem Lebensmittelvollsortimenter den bestehenden Handel in der Kernstadt massiv schädigen wird. So, wie es in einer Auswirkungsanalyse auch beschrieben ist.

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Wie die Kräfteverhältnisse in der Politik, also bei den Entscheidungsträgern, aussehen, wurde am Montagabend im Umwelt- und Bauausschuss wieder mal deutlich, als sich die Politik mit weiteren Verfahrensschritten befasste. Auf der einen Seite stehen die neu gegründete Union für Attendorn (UfA), die FDP und die Grünen, die das Großbau-Vorhaben des Düsseldorfer Investors ITG aus vielerlei Gründen ablehnen. Auf der anderen Seiten stehen Verwaltung, SPD und UWG, die einen großen Gewinn für die Stadt ausmachen – und im Stadtrat auch eine Mehrheit besitzen.

Bürger nach Attendorn holen

Birgit Haberhauer-Kuschel, die im Namen der neu gegründeten UfA sprach, nannte gleich mehrere Problemen, die ihre Fraktion beim Wall-Center sehe: die Nutzung der Parkplätze, die Eingangssituation des Gebäudes, die Einzelhandels-Nutzungen oder auch besagte Prognose über die immensen Auswirkungen auf den Einzelhandel innerhalb wie außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches. So betonte sie unter anderem: „Die Auswirkungsanalyse lässt außer Acht, dass gewachsene Einkaufsbeziehungen zur Nahversorgung durch das Wall-Center nicht verändert werden“. Das Repetal würde auch künftig in Bamenohl oder Grevenbrück einkaufen, die Lichtringhauser nach Plettenberg und das Ihnetal nach Valbert fahren.

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Ein Argument, das Bürgermeister Pospischil immer wieder versucht zu widerlegen – mit dem Verweis darauf, dass man eben genau diese Bürger in die eigene Stadt holen müsse. „Es kann nicht unser Anspruch sein, dass so viele Attendorner nach Olpe oder Bamenohl fahren, um ihre Großeinkäufe zu tätigen – und nur zum Kaffeetrinken zurückkommen“, betonte er im Ausschuss. Es gehe also darum, ein größeres Angebot – und mit Blick auf Müller auch einen zweiten Anbieter zum bestehenden Rossmann an der Wasserstraße – zu schaffen. Und zwar nicht dadurch, dass das Wall-Center die Innenstadt ausbluten lasse, sondern beides miteinander verzahnt würde. Birgit Haberhauer-Kuschel sieht dies gänzlich anders: „Wer sich heute für das so geplante Wall-Center ausspricht, nimmt sehenden Auges in Kauf, dass unsere gewachsene Innenstadt mit ihren inhabergeführten Einzelhandelsgeschäften verödet.“

Allee-Center „blüht heute“

Ein Vorwurf, den Rolf Schöpf aus der CDU-Fraktion – bis vor wenigen Wochen Fraktionskollege von Haberhauer-Kuschel – so nicht stehen lassen wollte: „Natürlich gibt es immer Risiken und Chancen. Aber genau dieselben Argumente kamen damals beim Bau des Allee-Centers auch. Und siehe da, heute blüht und läuft es richtig gut. Das neue Einkaufszentrum am Bahnhof ist einfach eine große Chance.“ So sieht es auch Bernd Strotkemper von der SPD: „Wir haben viel Geld hier in unserer Stadt, wir lassen es aber nicht hier.“ Schade sei lediglich, dass durch den Kauf eines Grundstückes am Zollstock durch die Firma Dornseifer die Gesamtfläche nicht mehr groß genug dafür sei, den Textildiscounter Kik ins Wall-Center zu integrieren. Wo Kik eines Tages landen wird, ist derzeit noch völlig unklar, die Suche nach einer passenden Immobilie läuft schleppend.

Für die Grünen und Matthias Pröll ist klar: Es habe niemals einen Wettbewerb um die besten Ideen und Investoren gegeben, die bereits bestehenden Angebote in Olpe – Stichwort Müller – seien nicht berücksichtigt worden, die massiven Umsatzverschiebungen und der Niedergang der Rossmann-Filiale würden ignoriert und es gebe auch keine Anbindung an die historisch gewachsenen Strukturen der Innenstadt. Pröll: „Gelernt haben wir in den letzten Monaten, dass alle Argumente nicht zählen. Man wird in die Schublade Wallcenter-Gegner gesteckt und fertig.“