Herdecke/Wetter. Die Redaktion stellt Menschen mit Migrationshintergrund in Wetter und Herdecke vor. Los gehts mit Mahdi Samara, Arzt am Gemeinschaftskrankenhaus.

Die Welle ging durch ganz Deutschland, in zahlreichen Städten hat es in diesem Jahr Kundgebungen für Vielfalt und Demokratie gegeben. Auch in Wetter und Herdecke haben viele Menschen demonstriert, um sich gegen jede Form von Antisemitismus, Diskriminierung und Rassismus auszusprechen.

Weiter engagiert

Die Bewegung ebbt langsam ab, große Versammlungen mit Menschenmassen finden sich aktuell nirgends. Doch die Bedeutung des Themas, darin sind sich eigentlich alle einig, bleibt unverändert hoch. Zumal sich in Herdecke und Wetter Gruppen gebildet haben, die sich sowohl aktuell als auch auf Sicht weiterhin um diese Belange kümmern wollen.

„Herdecke steht auf“

Anfang April hat das Aktionsbündnis „Herdecke steht auf“ erneut getagt, um über weitere Tätigkeiten zu beraten. Nach einer großen Demo auf dem Kampsträter Platz, einer Lichterkette in der Fußgängerzone und Mahnwachen in der Innenstadt soll den Angaben zufolge nun im Sommer ein Fest für die Demokratie steigen. „Es wird bunt und laut“, heißt es auf der Facebookseite der Gruppe mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Die will derzeit junge Wähler ansprechen und motiviert diese, zu einem Treffen am kommenden Montag, 15. April, um 18.30 Uhr in den Werner-Richard-Saal von der Firma Dörken an der Wetterstraße zu kommen.

„Wetter weltoffen“

In der benachbarten Harkortstadt hat sich vor einigen Jahren bereits die Bewegung „Wetter weltoffen“ gebildet. Zahlreiche Institutionen, Vereine und Bürger signalisieren immer wieder, dass sich hier Menschen vieler Nationalitäten, Kulturen, Religionen, sexueller Identitäten sowie Personen mit und ohne Handicap zu Hause fühlen sollen. Für Werte wie Humanität und Solidarität tritt auf politischer Ebene auch der Migrationsrat ein, vor allem dieses Gremium hat kürzlich während der „Wochen gegen Rassismus“ eine Kundgebung an der Kaiserstraße organisiert. In der nächsten Sitzung am 18. April geht es unter anderem um Flüchtlingshilfe und um eine Arbeitsgruppe, die sich Alltags-Belangen von Migranten widmen soll.

Das Logo zur neuen Serie „Ohne uns würde was fehlen“.
Das Logo zur neuen Serie „Ohne uns würde was fehlen“. © WP Wetter/Herdecke | Sascha Kertzscher

Vor diesem Hintergrund hat sich auch die Lokalredaktion Gedanken gemacht, wie sie sich für eine offene Gesellschaft einsetzen und extremistischen Tendenzen entschlossen entgegentreten kann. Angeregt durch das erwähnte Aktionsbündnis entstand die Idee, eine Serie über hier lebende Menschen mit Migrationshintergrund zu starten. Bis zum Sommer erscheinen nun wöchentlich Porträts von Mitbürgerinnen und Mitbürgern aus anderen Ländern, die in den beiden Ruhrstädten tätig sind. Ihre Geschichten mit beruflichen, gesellschaftlichen oder sportlichen Anknüpfungspunkten soll an einen Facebook-Post der Jugendfußballer von der TSG Herdecke erinnern. Ende Januar stand unter einem Bild von kickenden Kindern mit und ohne Migrationshintergrund: „Ohne uns keine Mannschaft“.

Von Jordanien nach Herdecke ins Gemeinschaftskrankenhaus

Zum Auftakt der neuen Serie „Ohne uns würde was fehlen“ erzählt Mahdi Samara seine Geschichte. Vor mehr als zehn Jahren verließ er seine arabische Heimat, um in Deutschland als Arzt zu arbeiten. Heute ist er Oberarzt in der Kardiologie des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke (GKH) und verkörpert Vielfalt und Erfolg im hiesigen Gesundheitswesen.

Mahdi Samara vor seinem Arbeitsplatz, dem Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke.
Mahdi Samara vor seinem Arbeitsplatz, dem Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke. © WP | GKH

Vielfalt hat viele Gesichter. Eines davon ist Mahdi Samara. Vor einiger Zeit traf der heute 40-Jährige die mutige Entscheidung, seine Heimat Jordanien zu verlassen, um sich in Deutschland eine neue Existenz aufzubauen und seine Facharztausbildung zu absolvieren: „Hier gibt es die besten Ärzte“, erklärt der gebürtige Palästinenser mit einem Lächeln, „und ich wollte eine erstklassige Ausbildung machen, um möglichst vielen Menschen helfen zu können.“ Nach seinem Medizinstudium an der Universität von Amman und einigen Deutschkursen am Goethe-Institut machte er sich 2013 schließlich auf den Weg nach Deutschland.

„Ursprünglich wollte ich Orthopäde werden“, erinnert sich Samara, „aber während meiner Ausbildung lernte ich unter einem inspirierenden Kardiologen.“ Das Fachwissen und die Kompetenz seines Mentors führten schließlich dazu, dass er sich für die Kardiologie entschied. Die Möglichkeit, in Westende für die Herdecker Klinik zu arbeiten, bot Mahdi Samara die Chance, seine Kenntnisse und Fähigkeiten in der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiter zu vertiefen und einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Patienten zu leisten. Seit seinem Dienstantritt im Juni 2022 hat er als Oberarzt im Gemeinschaftskrankenhaus vielen Menschen mit Bluthochdruck, Herzinfarkt, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen und anderen Herzerkrankungen geholfen. Und Leben gerettet.

Mehr als 60 Nationen am GKH

Diskriminierung am Arbeitsplatz kennt Mahdi Samara nicht. Das Gemeinschaftskrankenhaus, in dem den Angaben zufolge mehr als 60 Nationen vertreten sind, setzt auf Vielfalt, um von den unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen der Mitarbeiter zu profitieren. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in Samaras Arbeitsalltag wider. Er schätzt besonders die Atmosphäre, die Nähe zu den Menschen, die moderne Technik und die offene Kultur des Hauses. „Hier habe ich die Möglichkeit, ständig dazuzulernen und mich weiterzuentwickeln“, betont er.

Privates Glück

Mahdi Samara hat in Deutschland nicht nur beruflichen Erfolg, sondern auch privates Glück gefunden. Gemeinsam mit seiner Frau und den drei Kindern hat er das beschauliche Werne zu seiner Wahlheimat gemacht. An Deutschland gefällt Mahdi Samara die Ordnung und Struktur des Landes – „vor allem im Straßenverkehr“, fügt er lachend hinzu. Er schätzt die Lebensqualität, die Offenheit der Menschen und die vielfältigen Freizeitangebote, die seinen Kindern eine gute Integration ermöglichen.

Gut integriert

Sehr dankbar ist er über die Begegnung mit einem heutigen guten Freund: „Ich habe seine Mutter bei uns auf der Station behandelt und irgendwann haben wir unsere Handynummern ausgetauscht.“ Samara fährt freudig fort: „Er hat ein großes Netzwerk und kennt viele Leute. Deshalb hat er mich oft zu Freunden mitgenommen und so habe ich viele neue Leute kennengelernt.“

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„Irgendwann habe ich ihm von meiner Leidenschaft für Basketball erzählt und meinem Wunsch, dass ich gerne wieder spielen würde. Natürlich kannte er aus seinem großen Bekanntenkreis auch den Basketballtrainer bei uns im Ort“, sagt er lachend. Und so stand Samara ein Telefonat und ein Probetraining später in der Halle der LippeBaskets in Werne, mit einem Basketball in der Hand und einem starken Team im Rücken. Mit seinem Mut und seiner Entschlossenheit hat er nicht nur sein soziales Netzwerk erweitert, sondern auch seinen eigenen Weg gefunden.

Bisschen Heimweh

Manchmal vermisst der Mediziner seine Heimat und seine Familie in Jordanien. „Früher haben wir unsere Familie einmal im Jahr besucht. Aber seit unser ältestes Kind in die Schule geht, ist das etwas schwieriger geworden“, erzählt Mahdi Samara. „Zum Glück besuchen uns unsere Verwandten oft.“