Herdecke. Etwas tun gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt: Hunderte Herdecker und Herdeckerinnen haben dafür einen Weg gefunden.
Mit einer Kerze in der Hand steht Birgit Wilnnesberg mit hunderten anderer großer und kleiner Herdecker und Herdeckerinnen dicht zusammen. Gemeinsam bilden sie eine menschliche Lichterkette und erhellen die Dunkelheit gegen Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung. „Jedes Licht, jedes Paar Füße und jedes Gesicht, das heute hier ist, ist wichtig, um ein Zeichen zu setzen“, so Birgit Wilnnesberg.
Die Herdecker Fußgängerzone ist gefüllt mit Menschen aller Altersklassen. Von den Kleinsten noch im Kinderwagen oder auf dem Arm ihrer Eltern bis hin zu älteren Menschen ist alles vertreten. In ihren Händen tragen sie alle Lichterketten, Taschenlampen, Kerzen oder Laternen. Sämtliche Lichter sollen ein Zeichen sein gegen Ausgrenzung und für Vielfallt. Die Kinder des evangelischen Kindergartens Ahlenberg in Herdecke haben dafür eigene Laternen gebastelt, die sie stolz vor sich her tragen.
Demokraten gehen wählen
Veranstaltet und organisiert wird die Demonstration am vergangenen Freitagabend vom Bündnis „Herdecke steht auf – Für Vielfalt und Demokratie“, zusammen mit Gründungsmitglied Armin Neuhaus. „Uns hat motiviert, dass die Stimmung in Deutschland so schlecht ist und wir uns gedacht haben, so kann es nicht weitergehen, wir müssen etwas machen“, sagt Neuhaus. Armin Neuhaus spricht in seiner Rede über das Verständnis von Demokratie, über die Pflicht wählen zu gehen und über die Vielfalt in Deutschland. Dabei betont er immer wieder das gemeinsame zusammenarbeiten auch in der Politik.
Der „andere Chor“ lädt ein zum Mitsingen
Am vergangenen Freitagabend spricht auch die Pfarrerin aus der evangelischen Kirchengemeinde in Ende, Dörte Godejohann. Sie spricht über Menschlichkeit und die Sicht der Kirche. Ganz bewusst hat sich der Veranstalter dafür entschieden, keine politischen Redner zu Wort kommen zu lassen. „Die Demonstration und die Stimmen sollen aus der Mitte der Bürgerschaft kommen und nicht aus der Politik“, sagt Armin Neuhaus.
Unterstützt werden die beiden Redner vom „Anderen Chor Herdecke“ mit Liedern vom Balkan, aus Afrika und einem Psalm. Aber auch die Anwesenden sind gefragt. Bei einem zweistimmigen Kanon zu dem Lied „Nach dieser Erde“ singen alle zusammen. Eine andächtige Stimmung entsteht, die bei einigen der Demonstranten Gänsehaut verursacht.
Dunkle Zeit soll sich nicht wiederholen
Bernd Franke aus Herdecke ist zum ersten Mal auf einer Demonstration. „Die Presseberichte sind so aufrüttelnd, und je mehr mitmachen, desto besser, daher habe ich mich entschieden zu kommen“, so Franke. Auf die Veranstaltung ist der Herdecker über Facebook aufmerksam geworden. „Ich finde es sehr gut, dass auch Herdecke mitmacht und Position bezieht“, sagt Franke.
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Bei vielen der Anwesenden herrscht Angst, ob ganz bewusst oder nur unterschwellig, sie schwingt mit und bewegt die Menschen. „Ich habe Angst, dass sich 1933 wiederholt“, sagt Astrid Delbeck ganz deutlich. „Meine Eltern haben den Krieg erlebt und die Zeitzeugen sind fast alle gestorben. Ich bin hier, um zu verhindern, dass sich alles wiederholt und sei es nur, weil ich mich positioniere und damit zeige, dass ich nicht einverstanden bin“, so Tilman Godejohann. „Es muss jetzt losgehen, dass deutlich wird, in Deutschland ist kein Platz für Intoleranz und Rassismus“, sagt Rolf Packroff.