Herdecke. Umfrage im Zentrum von Herdecke: Der Leerstand in der Fußgängerzone und Hauptstraße führt zu Sorgen. Auch die Postbank ist weiter geschlossen.

Von oben nach unten geht der Reporter am frühen Nachmittag. Klar, an Rosenmontag steppt in der Herdecker Fußgängerzone nicht der Bär. Aber die Lokalredaktion will sich nach einigen unerfreulichen Hinweisen ein Bild machen, wie es aktuell um die Geschäftswelt und den Leerstand in der Innenstadt bestellt ist.

In einem Fachausschuss hatte kürzlich Franz Hillebrand, der mit seiner Frau unlängst das Schuhgeschäft an der Hauptstraße 16 abgewickelt hat, auf den zunehmenden Leerstand im Zentrum hingewiesen. Der 2022 beauftragte Citymanager müsse ein „Leerstandsmanagement“ betreiben, sagte der Bürger und das langjährige Vorstandsmitglied der Werbegemeinschaft. Katharina Biermann als oberste Wirtschaftsförderin der Verwaltung entgegnete, dass sich die Stadt und das weiter zuständige Planungsbüro Stadt+Handel mit dem Thema auseinandersetzen. Zudem kamen am 13. Februar bei der ersten „Innenstadtrunde“ 30 Händler, Gastronomen und Dienstleister zusammen, um über Verbesserungsmöglichkeiten zu reden

Die Bestandsaufnahme

Die erste Etappe führt vom Abzweig Sally-Grünewald-Straße leicht bergab durch die obere Fußgängerzone. Die galt bereits früher als Sorgenkind, auch aktuell stehen bis Pasta Passion beziehungsweise Bäckerei Hagenkötter fünf Geschäftsräume leer. Drei davon in den Rathausarkaden. Eine gebürtige Herdeckerin, die – wie viele andere auch – ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, findet die Situation „fürchterlich. Es macht aktuell keinen Spaß, durch die Fußgängerzone zu laufen. Früher traf man hier noch Leute“, sagt die 80-Jährige und nennt auch Corona als Grund, weshalb immer weniger los sei.

Dann aber trifft sie eine Bekannte. Die 70-Jährige aus Herdecke betrachtet die Einkaufssituation als gut, alle wichtigen Geschäfte seien in der Nähe. „Schade ist, dass beide Schuhläden von Hillebrand und Reichel schließen. Da habe ich auch öfter etwas gekauft. Dennoch würde ich die Lage nicht als katastrophal bezeichnen.“

Kurz darauf kommen zwei Breckerfelder des Weges. Termin im Augenzentrum Ruhr. „Ich habe früher hier in Herdecke gearbeitet. Ich nehme schon wahr, dass einige Geschäfte geschlossen sind. Aber die Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone ist nach wie vor gut, letzte Woche haben wir hier in der Sonne auf Bänken gesessen“, meint Dietrich Pausch und lobt das gastronomische Angebot im Zentrum.

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Weiter gehts. Im mittleren und unteren Abschnitt der Fußgängerzone sieht die Geschäftsbesetzung viel besser aus. „Wir kommen mit dem Wohnmobil aus Waldbröl im Oberbergischen und finden es hier schön“, sagen die Eheleute Schüler. Herdecke sei in ihren Augen gemütlich, zum angenehmen Flair komme ein passables Geschäftsangebot. „Der Leerstand ist hier nicht extrem, in anderen Städten oder Orten sieht es schlimmer aus.“

Ein Stück vor der leerstehenden und früheren Commerzbank-Filiale hält Oliver Steinbach an. Er wohnt in Bochum, wuchs in Herdecke („Meine zweite Heimat“) auf und besucht sehr oft seine hier lebende Mutter. „Ich schätze die kurzen Wege und sehe hier eine Zweiteilung: Oben in der Fußgängerzone ist es in der Tat mau, unten am Mühlencenter nicht, dort fallen mir oft sehr viele Autos mit Dortmunder Kennzeichen auf.“ Im Zentrum mag er die ruhige Atmosphäre. „Ich genieße die Ruhe, auch wenn die für Geschäftsleute nicht von Vorteil ist. Hier geht es halt im Vergleich zu anderen Städten langsamer und ruhiger zu, das dürfte am recht hohen Altersschnitt der Bevölkerung liegen.“

Abwärtstrend – oder doch nicht?

Vor dem Schuhgeschäft von Bettina Reichel steht eine Wetteranerin. Auch ihr gefalle Herdecke, gleichwohl erkenne sie in der hiesigen Geschäftswelt einen Abwärtstrend. Eine 56-Jährige aus Hagen, die zwei bis drei Mal pro Woche hier einkauft, widerspricht. „Bei uns in Vorhalle ist das Angebot viel schlechter. Ich würde Herdeckes Innenstadt die Schulnote 2 geben.“

Wieder Ärger an der Postbank: Ingrid Neise steht in der Mühlenstraße vor verschlossenen Türen – das gilt bis zum 25. Februar.
Wieder Ärger an der Postbank: Ingrid Neise steht in der Mühlenstraße vor verschlossenen Türen – das gilt bis zum 25. Februar. © Steffen Gerber

Am Kampsträter Platz ist wenig los, nebenan läuft der Räumungsverkauf bei Amy & Friends. Traurig auch, dass nach der Geschäftsaufgabe von Blumen Risse im Jahr 2020 immer noch kein Nachfolger das Ladenlokal Hauptstraße 5 übernommen hat. Doch bis unten im Quartier Ruhraue (dort hat vorübergehend das Restaurant Deck 1 geschlossen) sieht die Lage wieder gut aus.

Erwartbare Ausnahme: An der Postbank-Filiale hängt mal wieder ein Zettel, die ganze Woche über sei weiterhin geschlossen. „Das ist wirklich schlimm, aufgrund der Häufigkeit fehlen einem mittlerweile die Worte“, sagt Ingrid Neise, die wie andere Kunden an diesem Rosenmontag nicht in die Filiale hineinkommt. Hier zeigt der Trend aber schon länger nach unten.