Hagen. Das traditionelle Hasper Zentrum wackelt: Die kaufkräftigen Kunden bleiben immer häufiger aus, Ladenlokale stehen leer und es fehlt der Impuls für den großen Aufbruch. Und jetzt droht auch noch ein attraktives Neben-Zentrum auf der Brandt-Brache.
„Freut Euch, der Back-König kommt“, künden Plakate an den Schaufenstern des leer geräumten Babyladens am Hasper Kreisel vom künftigen Mieter. Vermutlich dürfte sich die Euphorie bei den Haspern in Grenzen halten. Denn in punkto Billig-Anbieter aus der Back-Branche gibt es im Zentrum des Stadtbezirks wahrlich keinen Mangel. „Uns fehlt das individuelle Angebot, das Besondere, damit die Menschen sich auf den Weg machen“, gibt Martin Sieling, Inhaber der Lotto-Toto-Annahmestelle mit Reisebüro an der Ecke Kölner/Frankstraße, die Hoffnung auf eine Trendwende rund um das Kirmesbauer-Denkmal dennoch nicht auf.
Natürlich finden sich ein Metzger, Supermärkte, Fachgeschäfte wie Optiker, Damenwäscheanbieter oder auch ein Blumen-Laden. Aber eben auch der An- und Verkauf für Goldschmuck, Spielhallen und Wettbüros. Neidisch blicken inzwischen viele Hasper nach Gevelsberg, wo sich die Haupteinkaufsstraße angesichts des niveauvollen Geschäftsangebots zur echten Flaniermeile gemausert hat, die auch abends noch als beliebter Treffpunkt dient.
Beste Verkehrsanbindung
Dabei stimmt der äußere Rahmen in Haspe durchaus: Gediegenes Blühgrün schmückt die Fußgängerzone, und rund um die evangelische Kirche sorgt ein Trupp der Beschäftigungsinitiative „Arbeit schaffen“ für Sauberkeit. Ins Herz des Hasper Zentrums rollen permanent die Linienbusse, und vor den Türen der Läden darf kostenlos geparkt werden. Und dennoch wird die urbane Mitte des Stadtbezirks vor allem von den kaufkräftigeren Bürgern auf den Hasper Höhen immer häufiger ignoriert. „Ich sage immer, dass die sogenannten Bergvölker nur noch um das Hasper Zentrum herum kreisen, weil sie nicht jene Läden finden, die sie eigentlich suchen“, beschreibt Victor Dücker, FDP-Ratsherr und seit Jahrzehnten Inhaber eines Foto-Studios im Quartier, die Situation.
Immerhin leben vorzugsweise auf Hestert und Gelling Menschen, die eine höhere Kaufkraft mitbringen als im Fleyer Viertel. „Umgekehrt wohnen in der Hasper Mitte wiederum viele Bürger, die auf Billiganbieter angewiesen sind – ein Riesendilemma. Ich habe auch keine Patentlösung, wie dieser Widerspruch aufzulösen ist“, zuckt der Ex-Bürgermeister besorgt mit den Schultern.
Alle Händler müssen mitziehen
Derweil warnt Geschäftsmann Sieling davor, den Kreisel und sein Umfeld permanent schlechtzureden: „Ich hoffe, dass das Torhaus uns endlich einen Schub gibt“, plädiert der 55-Jährige gleichzeitig dafür, die Voerder Straße, Vollbrinkstraße sowie die Werkstraße zumindest als Einbahnstraßen wieder für den Autoverkehr freizugeben und somit Vitalität in die Hasper Mitte zurückzuholen. „Auch die Hausbesitzer sind gefordert, hier mitzuziehen und nicht immer bloß auf die erstbeste Mieteinnahme zu schielen“, setzt Sieling auf cleveres, nachhaltiges Handeln. „Wir brauchen keine Gesprächskreise mehr, sondern endlich konkrete Taten.“ Außerdem wünscht er sich, dass ein engagierter Kümmerer mit Hasper Wurzeln und echter Verbundenheit die Enden der losen Fäden endlich bündelt. Dazu gehört in seinen Augen vor allem, die ausländischen Händler konsequenter einzubinden: „Schließlich wollen die auch gutes Geld verdienen.“
Eine zentrale Rolle bei der künftigen Gestaltung des Hasper Zentrums fällt zudem der am Hüttenplatz ansässigen Gemeinnützigen Wohnstätten-Genossenschaft (GWG) zu. Mit dem Torhaus, das sich zum neuen Mittelpunkt mausern könnte und dessen Entstehen bislang hinter einem Bretterzaun ohne Gucklöcher stattfindet, gibt das Unternehmen eine Initialzündung in Richtung Zukunft. Zumindest in den Köpfen des GWG-Vorstandes reifen darüber hinaus Konzepte, in denen die Trinker-Rotunde am Hüttenplatz sowie die Leerstand-Passage in Richtung Vollbrinkstraße keine Rolle mehr spielen.
Käuferströme in die Hasper Mitte zurückholen
Vollsortimenter, Discounter und Parkhaus sollen in modernisiertem Ambiente wieder zu attraktiven Konsummagneten werden. Zudem ist geplant, im Oktogon sowie im BiB-Treff (Bewegung in Berge) am Hüttenplatz eine Kindertagesstätte zu etablieren, die nicht nur Vitalität, sondern auch Käuferströme in die Hasper Mitte zurückholt.
Konzepte, die vorzugsweise von den häufig älteren Anwohnern rund um den Platz mit gemischten Gefühlen verfolgt werden. „Die Sitzgelegenheiten hier sind ein Fluch“, ärgert sich Rentnerin Lieselotte Thoma (72) über die gerade in den Sommermonaten dort bis spät in den Abend belegten Bänke. „Wir kriegen hier manchmal kein Auge zu“, fordert sie mehr Rücksicht ein. Der klassische Interessenkonflikt in allen zentralen Stadtlagen: Die Menschen fordern für ihren Einkaufsbummel die passende Aufenthaltsqualität, lauschige Ecken zum Verweilen, vielleicht auch mal eine attraktive Außengastronomie ein – das harmoniert jedoch kaum mit dem Ruhebedürfnis der dortigen Mieter.
Mehr Polizeipräsenz gefordert
Aber auch ein konsequenteres Auftreten der Polizei scheint geboten, mahnen viele Hasper hinter vorgehaltener Hand eine stärkere Präsenz der Uniformierten an. Vor allem in den Abendstunden drohe das Hasper Zentrum sich in einen Angstraum zu verwandeln. Ein schleichender Imageschaden, der sich als Makel zu verfestigen droht.
Zumal nur wenige Kilometer westlich eine starke Konkurrenz für das Hasper Zentrum am Horizont aufzieht: Sollte sich auf der Hasper Brandt-Brache tatsächlich ein neuer Einzelhandelsmagnet mit Gesundheitszentrum etablieren, wird es rund um den Kreisel kaum einfacher, kaufkräftige „Bergvölker“ von den Hasper Höhen anzulocken.