Hagen. Wer den Emster Westen kennt, genießt dort die Wohnqualität und kehrt auch gerne wieder zurück.

Ihre Turmspitze thront zwischen den hohen Wipfeln der Bäume und ist schon von weitem sichtbar: Im Schatten der Heilig-Geist-Kirche öffnet Joachim Gietz gerade die Tür des benachbarten Heinrich-König-Hauses und betritt jenes Gebäude, das ursprünglich als Kirche diente und heute Pfarrsaal ist. Der 68-Jährige kümmert sich um die Verwaltung der Räumlichkeiten und ist bereits seit 1975 auf Emst Zuhause: „Es ist ein schönes Wohnen und sehr grün. Früher war Emst aber noch sauberer.“

Auch Gaststätten als Treffpunkte

Neben dem Leben rund um seine Gemeinde sind aus seiner Sicht die Gaststätten Treffpunkte für die Bewohner im Viertel. „Sonst waren wir auch immer gern bei Paul im Turmstübchen“, bedauert Gietz. Das Gebäude, in dem sich die Gaststätte noch bis vor einigen Jahren befand, ist abgerissen worden. Ein Stückchen weiter die Straße hinunter haben sich neue Bewohner im ehemaligen Pfarrhaus niedergelassen. Indische Mönche vom Orden der „Unbeschuhten Karmeliten“ leben nun in ihrem Kloster an der Willdestraße.

Jugendtreff renoviert

Nebenan empfängt uns Melanie Pesch an dem Ort, den viele als Jugendtreff Willdestraße kennen. „Im Juni haben Jugendliche einen Teil des Treffs renoviert“, sagt die 47-Jährige und blickt sich kurz im Gebäudetrakt um. Im Rahmen einer Sozialaktion des Bundes der Deutschen katholischen Jugend haben die Teilnehmer innerhalb von 72 Stunden die Einrichtung aufgefrischt. Der Jugendtreff Willdestraße solle sich Planungen zufolge noch stärker in Richtung Gemeindehaus entwickeln und sich dem Stadtteil weiter öffnen, so Melanie Pesch. Viele unterschiedliche Gruppen nutzen hier bereits Räumlichkeiten.

Die 47-Jährige ist diesem Ort auch persönlich verbunden. „Schon als Kind bin ich mit ins Zeltlager gefahren und habe an Aktionen teilgenommen.“ Nun engagiert sie sich als ehrenamtliche Mitarbeiterin speziell für die Kinder- und Jugendarbeit. „Ich finde es schön, hier zu leben, weil man schnell in der Stadt aber auch im Grünen ist“, sagt sie über das Quartier. „Auf Emst kennt man sich und kann die Gesichter zuordnen.“ Darüber hinaus scheint es hier nicht nur den Bewohnern gut zu gefallen. „Viele Menschen kommen auch wieder zurück, weil sie die Häuser ihrer Eltern übernehmen“, so ihre Wahrnehmung.

Stadtteil im Umbruch

Diese Einschätzung teilt auch Jörg Meier. „Der Stadtteil ist älter, aber er ist auch im Umbruch“, hat auch er einen Wandel im Hinblick auf die Bevölkerungsstruktur im Viertel festgestellt. „Die Kinder der Bewohner, die hier leben, aber auch neue Familien ziehen hierher.“ Am gesellschaftlichen Leben im Wohnquartier beteiligen sich auch Emster Vereine mit Veranstaltungen. Aus der Sicht des Vorsitzenden der Vereinsgemeinschaft Emst-Bissingheim ist es wichtig, dass die Bewohner sich mit ihrem Stadtteil identifizieren können. „Wir tun etwas, damit die Menschen auch ankommen.“

Menschen im Emster Westen halten zusammen 

In ihrem neuen Domizil angekommen, ist auch Hannelore Weistenfeld. Seit Februar dieses Jahres betreiben die neue Pächterin und deren Familie das Restaurant „Altes Gasthaus Schöne“. Mit seiner Familie hat Sohn Niklas die Wohnung über dem Gasthaus bezogen. „Es ist angenehm, hier zu wohnen“, sagt Lebensgefährtin Gina Brümann. „Die Leute sind nett und verstehen sich gut. Auch hat man hier viel Ruhe.“ Dass die Bewohner sich aber mit Leidenschaft für ihre Belange einsetzen können, hat Hannelore Weistenfeld festgestellt: „Wenn es um etwas geht, halten die Leute zusammen.“ Gutes Beispiel: die „Emster Quelle“.

Die Gaststätte liegt zwar nicht im statistischen Bezirk Emst-West, durch den unser heutiger Spaziergang führt, bewegt aber auch hier die Gemüter. Für Toni Cariglino steht der Ort für geselliges Leben: „Das ist doch ein Mittelpunkt auf Emst.“ Er ist für den Erhalt. Mit seinem eigenen Party-Service fühlt er sich im Viertel wohl und bemerkt lächelnd: „Die haben mich alle lieb und ich habe sie auch alle lieb.“ Wenn jemand Hilfe brauche, helfe er gern.

SpVg Hagen 1911

Weiter geht es zum Sportplatz. Henry Fularzik sitzt vor dem Vereinsheim der SpVg Hagen 1911 und stellt sein Glas ab. „Ich fühle mich auf Emst außergewöhnlich wohl“, sagt der 65-Jährige. Er war früher im Vorstand des Vereins und hebt den sozialen Umgang der Menschen miteinander hervor. Das betreffe sowohl das Wohnumfeld als auch das Leben im Verein. „Ich habe früher selbst Fußball gespielt und hier meine sportliche Heimat gefunden.“

Leider wird er wohl nicht mehr lange sein kühles Getränk vor dem heutigen Vereinsheim genießen können. Seit einiger Zeit schon ist die Standortfrage des Vereins bzw. seiner Sportstätte viel diskutiertes Thema. „Wir werden umziehen. Es ist schade, dass wir hier weggehen werden“, sagt er über den geplanten Umzug seines Vereins zur Bezirkssportanlage, dort, wo SC Concordia Hagen beheimatet ist.

Auf dem Loheplatz, auf dem die SpVg Hagen 1911 eigentlich ihr Zuhause hat, sowie auf der benachbarten Pferdewiese sollen, so der Plan, zukünftig Einfamilienhäuser entstehen. Auch die übrigen Herren in der Runde bedauern die Entwicklung. Sie sagen, dass ihr Vereinsheim ein Kommunikationszentrum sei. Henry Fularzik hofft: „Aber vielleicht gibt es ja auch eine Chance für einen Neuanfang.“