Hagen. . Der Hagener Stadtrat hat noch nicht getagt, da gibt es in kommunalen Politszene schon den ersten Paukenschlag: Ratsherr Jacques Kempkens, der sich am Dienstag zum stellvertretenden Bezirksbürgermeister in Hagen-Mitte wählen ließ, kehrt der Partei Hagen Aktiv den Rücken und schließt sich der AfD an.
Der neugewählte Stadtrat ist noch nicht zusammengetreten, da hallt schon der erste Paukenschlag durch die Ratshausflure. Jacques Kempkens (52) verlässt die Wählergemeinschaft Hagen Aktiv und schließt sich der Alternative für Deutschland (AfD) an, deren bislang zweiköpfige Ratsgruppe damit Fraktionsstatus erlangen würde.
Wenige Stunden vor Bekanntgabe dieser Entscheidung hatte sich Kempkens in der konstituierenden Sitzung der Bezirksvertretung Mitte zum stellvertretenden Bezirksbürgermeister wählen lassen. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass er zur AfD hinüber wechseln würde.
„Ich habe das niemandem gesagt, weil ich die Wahl von Arno Lohmann zum Bezirksbürgermeister nicht gefährden wollte“, erklärt Kempkens sein Verhalten mit dem Umstand, dass SPD und Hagen Aktiv eine gemeinsame Liste vorgeschlagen hatten. Im Bewusstsein, dass ihm seine politische Achterbahnfahrt als hinterhältiges Manöver mit dem Ziel, ein gut dotiertes Amt zu ergattern, ausgelegt werden könnte, bittet Kempkens um Verständnis: „Mir fällt das nicht leicht. Ich habe lange überlegt.“
Kempkens haben Entwicklungen nicht gefallen
Andererseits hätten ihm einige Entwicklungen bei Hagen Aktiv zuletzt gar nicht gefallen, begründet er seinen überraschenden Schritt: „Nach der Wahl ging es nur um Pöstchen und Pfründe.“ Sauer aufgestoßen sei ihm zudem, dass er selbst bei der Wahl zum stellvertretenden Fraktionschef gegen Michael Gronwald unterlag: „Sein Aufstieg ist für meinen Geschmack ein bisschen zu steil verlaufen.“
AfD bekommt mehr Geld
Jacques Kempkens trat bei der Wahl für Hagen Aktiv an und erlangte über die Reserveliste sowohl einen Sitz im Stadtrat als auch in der Bezirksvertretung (BV) Mitte.
In seinem Wahlbezirk Oberhagen erhielt Kempkens 9,6 Prozent. Hagen Aktiv hatte stadtweit im Vergleich zur Wahl 2009 leicht zugelegt (+0,4) und war bei 8,1 Prozent gelandet. Kempkens hatte als Direktkandidat im Vergleich zu 2009 1,4 Prozentpunkte verloren.
Bis März war Kempkens Vorsitzender der City-Gemeinschaft, einem Zusammenschluss der Einzelhändlerin der Innenstadt.
Eine Abwahl als stellvertretender Bezirksbürgermeister wäre in der BV mit einer Zweidrittel-Mehrheit möglich.
Mit dem Übertritt Kempkens zur AfD bekommt diese Fraktionsstatus – bislang war sie nur eine Gruppe, deren Budget von der Stadt auf 60.000 Euro beschränkt ist. Als Fraktion stehen ihr nun 90.000 Euro zu.
In die AfD eintreten wird Kempkens vorerst nicht, er will als parteiloses Ratsmitglied in der Fraktion mitarbeiten. AfD-Chef Michael Eiche (50) hieß den Neuankömmling willkommen: „Als Fraktion eröffnen sich uns andere Möglichkeiten. Ich zolle Herrn Kempkens Respekt, dass er diesen Schritt wagt.“
Hagen-Aktiv-Chef Josef Bücker wollte Kempkens am Dienstagabend per Brief über seinen Austritt aus der Wählergemeinschaft informieren, doch das Schreiben bekam Bücker erst gestern zu lesen, so dass er durch unseren Anruf von dem Geschehen erfuhr. Bücker reagierte empört: „Das ist ein unglaublicher Vorgang, ich bin menschlich zutiefst enttäuscht und muss das erst einmal verdauen“, sagte der Vorsitzende von Hagen Aktiv. Als besonders perfide empfinde er es, dass sich Kempkens auf dem Ticket der Wählervereinigung zum stellvertretenden Bezirksbürgermeister haben wählen lassen: „Damit hat er unseren Namen in den Schmutz gezogen.“
Auch Sieling hat Hagen Aktiv den Rücken gekehrt
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Hagen Aktiv den Rücken gekehrt hat auch Ex-Ratsmitglied Stefan Sieling (45), der vor elf Jahren zu den Gründungsmitgliedern der Wählergemeinschaft gehörte. Bei der Kommunalwahl trat er am Kuhlerkamp noch als Direktkandidat für Hagen Aktiv an, mittlerweile ist er der AfD beigetreten und Beisitzer im Vorstand der Partei. Ebenso wie Kempkens sieht er viele Überschneidungen zwischen beiden Lagern: „Die AfD verfolgt die Ziele, für die ich jahrelang bei Hagen Aktiv gefochten habe, zum Beispiel mehr direkte Demokratie.“ Er scheide keineswegs im Bösen von der Wählergemeinschaft: „Hagen Aktiv hat immer ehrliche Politik betrieben. Ich gehe davon aus, dass das auch so bleibt.“