Hagen-Mitte. . Die letzte Chance, mit beiden OB-Kandidaten vor der Stichwahl noch einmal ins Gespräch zu kommen, nutzten Mittwoch die Hagener an unserem Redaktionsmobil. Erik O. Schulz und Horst Wisotzki hoffen beide, dass am Sonntag viele Menschen ihre Stimme abgeben, um die notwendige Legitimation zu haben.
Seit Monaten agieren sie im Wahlkampfmodus. An Hunderten Haustüren haben sie geklingelt, mit Bürgern gesprochen, ihre Werbeflyer übergeben, auf diversen Podien debattiert sowie an Wahlkampfständen zugehört und argumentiert. Mittwoch Mittag stellten sich Horst Wisotzki (SPD) und Erik O. Schulz (parteiloser Kandidat von CDU, Grünen und FDP) auf dem Friedrich-Ebert-Platz am Redaktionsmobil dieser Zeitung ein letztes Mal vor dem Stichwahl-Duell an diesem Sonntag, 15. Juni, den Fragen der Hagener.
Wer weiß am besten, wie die Menschen in den Bezirken ticken? Wer hat die cleveren Ideen für eine zukunftsfähige Stadt? Wem möchten die Menschen ihr Vertrauen schenken? Ist es wirklich die Wahl – so wird von den großflächigen Plakatwänden suggeriert – zwischen Kompetenz und Verantwortung? Und ist dies überhaupt ein Widerspruch? Zumindest in einem zentralen Punkt waren sich die beiden Bewerber für den Oberbürgermeister-Posten einig: Es wird Zeit, dass jetzt endlich entschieden wird.
Hoffen auf hohe Wahlbeteiligung
„Ich bin es zwar noch nicht leid“, gibt sich Schulz weiterhin wahlkampflaunig, „aber ich fürchte, die Bürger haben inzwischen genug von der optischen Präsenz, den Diskussionen und den Infoblättern. Der Sättigungsgrad schreit jetzt nach einer Wahl.“ Eine Einschätzung, die Wisotzki unisono teilt: „Ich bin mit Menschen ins Gespräch gekommen, mit denen ich mich sonst nie unterhalten hätte“, versichert auch der SPD-Kandidat artig, dass bei ihm längst keine Wahlkampfroutine eingekehrt sei: „Lasst uns wählen“, ruft er wie Schulz zu einer hohen Wahlbeteiligung auf.
Um 17 Uhr beginnt die Wahlparty
Bei der Stichwahl am Sonntag, 15. Juni, um das Amt des künftigen Oberbürgermeisters stehen sich Erik O. Schulz (CDU/Grüne/FDP) und Horst Wisotzki (SPD) gegenüber. Sie konnten sich im ersten Wahlgang gegen ihre weiteren drei Mitbewerber durchsetzen. Stimmberechtigt sich dabei etwa 151.000 Bürger, die am 25. Mai mindestens 16 Jahre alt waren, zur Wahl.
Die Stadt lädt wieder zu einer Wahlparty ins Rathaus an der Volme, Rathausstraße 13, ein. Beginn ist um 17 Uhr. Dort wird es nach Schließung der Wahllokale ständig aktualisierte Ergebnisse geben. Radio Hagen wird vor Ort sein und ab 18 Uhr live aus dem Ratssaal berichten. Neben Interviews und Hintergrundgesprächen wird das Musikprogramm des Senders zusätzlich für Unterhaltung sorgen. Und natürlich werden die Gäste auch kulinarisch nicht zu kurz kommen.
Wer sich nicht direkt im Rathaus über den Wahlausgang informieren möchte, hat die Möglichkeit, nach 18 Uhr unter 207.35 00 die aktuellen Ergebnisse zu erfragen. Zudem besteht die Möglichkeit, sich über das Internet auf dem Laufenden zu halten. Über einen Link auf der Homepage von www.hagen.de wird man zum Ergebnisdienst der Stadt geführt.
Dass bei der Kommunalwahl am 25. Mai lediglich 45,2 Prozent der Hagener ihre Stimme abgaben, sorgt bei dem 48-Jährigen für Unzufriedenheit: „Viele Bürger fühlen sich offenbar nicht mitgenommen. Aber ein Oberbürgermeister braucht eine breite Legitimation aus der Bürgerschaft.“ Eine Beobachtung, die Wisotzki aus seinen vielen Bürgergesprächen ebenfalls mitnimmt: „Viele Menschen sind enttäuscht vom politischen Parteiensystem und ziehen sich ins Private zurück.“ Dabei seien die Bürger auch bereit, unbequeme Wahrheiten zu akzeptieren, wenn sie ehrlich vermittelt würden. Aber der ehemalige Feuerwehrchef bleibt auch Optimist: „Ich glaube, die jungen Menschen sind mit Politik durchaus noch erreichbar. Das haben mir die vielen engagierten Diskussionen in den Schulen eindrucksvoll gezeigt.“
In puncto Fairness mussten beide OB-Kandidaten in den vergangenen Wochen jedoch leidvoll miterleben, dass sich in den Internet-Foren und Sozialnetzwerken inzwischen eine politisch teilweise arg inszeniert wirkende Kultur breit macht, die mit der ursprünglichen Verständigung auf ein respektvolles Miteinander oft nur wenig zu tun hat. „Der Anspruch hat schon abgenommen“, musste Schulz zuletzt durchaus um Contenance ringen, als er vom politischen Rivalen als Chamäleon, charakterschwach und inkompetent bezeichnet wurde. Statt an Polemik reibt er sich lieber an Sachargumenten. „Wenn Parteien das tun, finde ich das unwürdig“, hat er seinen Konkurrenten gebeten, sich von solchen Aktionen zu distanzieren. Für Wisotzki kein Problem: „Man muss immer sportlich miteinander umgehen, aber die Auswüchse im Internet gehen zu weit.“ Aussagen, er liege im Krankenhaus, haben ihn ebenso geärgert wie Nazi-Schmierereien auf seinen Wahlplakaten. „Ich bin nicht Horst Wessel, sondern Horst Wisotzki.“
OB-Kandidaten-Duell am Redaktionsmobil
Politisch weiterarbeiten
Und als solcher möchte der 62-Jährige auch im Falle einer Niederlage sich weiter politisch engagieren, versichert er Franco Ferretti am Redaktionsmobil. „Ich bin gewähltes Mitglied der SPD-Ratsfraktion und werde dieses Mandat natürlich auch ernsthaft wahrnehmen.“ Ähnlich sein Widerpart, Geschäftsführer der Agentur Mark: „Natürlich darf ich in meinem Job kein Mandat übernehmen, werde aber immer politisch arbeiten, denken und mich einbringen – allerdings außerhalb von Parteien, das habe ich im Wahlkampf versprochen.“ Genauso lägen ihm keine utopischen Wahlkampfversprechungen, wie Bernhard Jung hinterfragt. Mit Blick auf die Kommunalfinanzen sei es eine Pflicht, an Konsolidierung festzuhalten: „Aber man kann Hagen auch lebens- und liebenswert weiterentwickeln, indem man Zukunft nicht kauft, aber die richtigen Prioritäten setzt.“ Keinerlei Widerspruch von Wisotzki: „Natürlich müssen wir mit dem vorhandenen Geld auskommen“, möchte er vor allem auf Sicherheit, Bildung und Sport blicken.
Gerade Letzterer sei der Schlüssel, um Jugendliche ins Leben zu geleiten und Migranten in die Gesellschaft einzubinden, sichert der Hasper Annemarie von Hagen zu, auf eine gerechte Verteilung der Sportstättennutzungsgebühren für Hallensportler und Schwimmer zu achten. Und Erik O. Schulz regt bei Fritz Jurtschats Frage nach der Zukunft der Städtepartnerschaften an, zwar nicht gleich neue finanzielle Verpflichtungen eingehen zu wollen, aber angesichts der Migrantenstruktur in Hagen zumindest auch einmal über zarte Bande in die Türkei nachzudenken.
Planungssicherheit am Seeufer
Ein Hagener Reizthema bleiben die Flächen rund um den Hengsteysee. Während Wolfgang Linnemann sich nach dem Vorbild des Kemnader Stausees ein vielfältig nutzbares Freizeitrevier wünscht, plädiert Schulz für eine intelligente Planung – gemeinsam mit dem RVR –, die auch den Cargobeamer berücksichtigt: „Natürlich ist dafür die verkehrliche Anbindung der Schlüssel. Wir sind eine industriegeprägte Stadt – Fabriken und Wälder haben hier immer nebeneinander existiert.“
Für Wisotzki ebenfalls kein Widerspruch: „Das ist einerseits ein landschaftliches Juwel, andererseits brauchen wir auch dringend Gewerbeflächen“, plädiert er für eine zügige Prüfung, um endlich Planungssicherheit zu haben.
Noch mehr Politik? Eine ältere Dame drängelt sich durch die Reihen, klopft dem Kandidaten auf die Schulter und flüstert in sein Ohr: „Du schaffst es, ich halte Dir die Daumen.“
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