Hagen. . Niedergeschlagen wirkt er nicht nach den Tagen, in denen er weit über Hagens Grenzen hinaus in die Schlagzeilen geraten ist. Doch erleichtert sei er auch nicht, sagt Oberbürgermeister Jörg Dehm, nachdem er seinen Rückzug für 2015 angekündigt hatte. Einen Eindruck will er im Gespräch auf jeden Fall zerstreuen: Amtsmüde sei er auf gar keinen Fall.
Hatten Sie den Rückzug schon länger geplant und deshalb die Hagener Wohnung aufgegeben?
Oberbürgermeister Jörg Dehm: Nein. Die Frage einer erneute Kandidatur stand für mich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht an. Natürlich haben die heftigen Diskussionen in den vergangenen Jahren Spuren hinterlassen, obwohl ich eigentlich dickfellig bin. Aber ich hätte ja erst einmal die Ratswahl abwarten wollen, um zu schauen wie die künftigen Mehrheitsverhältnisse sind, ob es vielleicht eine Mehrheit geben würde, die mir die Arbeit leichter gemacht hätte.
Was war dann der Grund, die Wohnung aufzugeben?
Dehm: Ich hatte mir das Ganze vor meiner Wahl ganz anders vorgestellt. Ich hatte gedacht, dass ich die Woche über zwar meistens allein hier bin, am Wochenende aber die Familie hier zu mir nach Hagen kommt. Das war aber in der Realität nur ganz selten so, weil doch die Verbindungen in Mülheim noch sehr stark sind. Es hat sich in dreieinhalb Jahren immer mehr herauskristallisiert: Das macht so keinen Sinn. Das war keine Entscheidung gegen Hagen, sondern für meine Familie. Dafür nehme ich auch die Pendelei in Kauf.
Noch einmal: Warum haben Sie sich nach Bekanntwerden ihres Wegzugs so schnell entschieden, nicht wieder anzutreten?
Dehm: Die Entscheidung ist tatsächlich erst am Dienstagabend in der Sitzung des geschäftsführenden CDU-Kreisvorstands gefallen. Ich habe da ganz klar erfahren, dass die Hagener CDU der Meinung ist, dass der OB den Wohnsitz vor Ort haben muss. Dann haben wir eine Entscheidung getroffen, die in sich stimmig ist: Wir machen gemeinsam weiter, gehen aber ab 2015 getrennte Wege.
Warum haben Sie ihre Partei nicht früher eingebunden?
Dehm: Es gibt dazu natürlich viele kritische Fragen innerhalb der CDU. Das verstehe ich auch. Aber für mich war das zuallererst eine persönliche Entscheidung. Ich habe einige wenige Parteifreunde vorher eingeweiht – sie alle aber auch ausdrücklich gebeten, ihr Wissen für sich zu behalten. Insofern ist die Debatte auch müßig, wer wann etwas in der CDU gewusst hat und wen hätte informieren müssen. Die Parteifreunde haben sich an meine Bitte gehalten – obwohl sie von meiner Absicht nicht begeistert waren.
Jörg Dehm glaubt nicht, eine "lahme Ente" in der Hagener Politik zu werden
Wie werden die beiden verbleibenden Jahre? Sind Sie nun die berühmte politische „lahme Ente“?
Dehm: Nein. Mit dem Doppelhaushalt 2014/15 stehen entscheidende Weichenstellungen an. Da wäre es nicht richtig, die Brocken vorzeitig hinzuschmeißen. Das wäre das Letzte, das Hagen gebrauchen kann. Aber ich kann jetzt sicher die ein oder andere Entscheidung freier treffen und Dinge nach vorne treiben, weil ich nicht mehr auf den Wahltermin achten muss. Der Oberbürgermeister hat bei der Umsetzung des Haushaltssanierungsplans große Kompetenzen. Und vielleicht kann man nun im Rat an der einen oder anderen Stelle sachlicher arbeiten, weil ich ja jetzt als politischer Mitbewerber ausgeschieden bin.
Sie werden als Person aber weiter Teil der politische Diskussion sein.
Dehm: Was ich in den vergangenen Tagen gehört und gelesen habe, hat aber schon eine Schieflage. Da wird die Arbeit des OB auf Dinge wie die Grundsteuererhöhung, den Raucherpilz im Rathaus oder die Ermittlungen um den Beratervertrag reduziert. Das ist alles ärgerlich, aber dagegen darf ich vielleicht stellen: Als ich nach Hagen gekommen bin, waren die Kassenkredite auf eine Milliarde Euro angewachsen. Der Anstieg ist massiv begrenzt worden. Das strukturelle Defizit lag bei 160 Millionen Euro, wir haben es auf 50 Millionen Euro senken können. Der Personalbestand der Stadt ist um gut 200 Stellen abgebaut worden. Und als ich nach Hagen kam, war die Schullandschaft überhaupt noch nicht den stark sinkenden Schülerzahlen angepasst. Da haben wir mit gutachterlicher Hilfe viel erreicht.
Warum haben Sie eigentlich nicht eine kleine Alibi-Wohnung angemietet, um die Debatte zu verhindern?
Dehm: Weil das verlogen wäre. Außerdem wäre das auch bekannt geworden, es hätte die gleiche Debatte gegeben.