Hagen-Hengstey. . Inge Göldner stürtzte im August 2012 in einem Bus der Hagener Straßenbahn und brach sich den Oberschenkel. Nach einer Beschwerde der Rentnerin reagierte die Straßenbahn mit einem Standardbrief. Nichts passierte. Dabei geht es der Hagenerin nicht um einen Rechtsstreit, sondern um eine Entschuldigung.

Sollte man die Busse der Hagener Straßenbahn ab einem gewissen Alter aus Sicherheitsgründen besser nicht mehr betreten? Das ist eine Frage, die Inge Göldner (83) umtreibt, seitdem sie in einem Bus so schwer stürzte, dass sie sich den Oberschenkel brach. Ihr Leben ist nicht mehr das gleiche.

Es war der 23. August 2012. Inge Göldner wollte, wie so oft, mit der Linie 515 aus der Innenstadt nach Hause in die Niedernhofstraße fahren. Als der Bus auf die Ampel an der Körnerstraße zurollte, schoss plötzlich ein Auto aus dem Parkhaus auf die Fahrbahn und wollte sich vor den Bus quetschen.

Der Busfahrer bremste abrupt, Inge Göldner kam zu Fall und brach sich den Oberschenkel. „Es gab zwar Sitzplätze im Bus. Da meine Mutter als Letzte eingestiegen war, stand sie noch am Entwerterautomaten, als der Bus losfuhr und bremste“, berichtet Tochter Edith Maslowski.

Vom alten Leben blieb wenig übrig

Über ein halbes Jahr später ist von Inge Göldners altem Leben nur noch wenig übrig. Die rüstige und sehr mobile Rentnerin hatte bis dato alles zu Fuß oder per Bus erledigt. Ihren schönen Garten hinter dem Haus pflegte sie sehr zeitaufwendig. Im Grunde war Inge Göldner irgendwie zehn oder 15 Jahre jünger. „Aber heute ist nicht mehr viel möglich. Nach einer Operation und einer Reha muss meine Mutter einen Rollator und Gehstöcke benutzen“, so die Tochter. Der Weg hinunter in den Garten ist kompliziert geworden.

Inge Göldner beschwerte sich bei der Hagener Straßenbahn. Die Polizei hatte sie in ihrem Bericht immerhin als „schwer verletzte Frau“ eingestuft. Die Straßenbahn reagierte wenige Tage später mit einem für Inge Göldner zusammenhanglosen Schreiben.

Kein ärztliches Attest - Krankheitskosten stiegen zügig in die Höhe 

„Um sich ein Bild über die Art der Verletzungen zu machen, reiche das eingereichte ärztliche Attest nicht aus“, zitiert Edith Maslowski aus dem Schreiben an ihre Mutter, „dabei hatten wir gar kein ärztliches Attest vorgelegt.“ Außerdem lag Inge Göldner noch im Krankenhaus. Für Maslowski klang das nach einem Standardbrief. Beigelegt war eine Schweigepflichtentbindungserklärung.

Mutter und Tochter schrieben freundlich zurück. „Die Schweigepflichtentbindungsserklärung haben wir anfangs aus Verunsicherung nicht ausgefüllt, sondern erst am 20. Dezember geschickt, nachdem uns der Anwalt gesagt hat, dass die Vorgehensweise normal ist.“

Weiteres Schreiben der Hagener Straßenbahn

Es passierte allerdings nichts. Dafür stiegen die Krankenkosten zügig in die Höhe. „Obwohl uns viele gesagt haben, dass es aussichtslos sei, haben wir einen Anwalt eingeschaltet“, sagt Edith Maslowski. Auf dessen Bemühungen hin schickte die Straßenbahn ein weiteres Schreiben. Der Inhalt: Mehrere vergleichbare Gerichtsurteile und die Hinweise auf die Richtigkeit der Sicherheitsvorkehrungen in den Bussen der Hagener Straßenbahn.

„Nach den gesetzlichen Bestimmungen setzt der von Ihnen geltend gemachte Anspruch ein schuldhaftes Verhalten unseres Personals voraus“, schrieb die Straßenbahn. Das sei nicht gegeben, die Schadensersatzansprüche würden abgelehnt.

Inge Göldner wäre es gar nicht so wichtig gewesen, einen Rechtsstreit gegen die Straßenbahn zu gewinnen. Von einer Klage wurde schon deshalb abgesehen, weil die Chancen vor Gericht angesichts der Rechtslage aussichtslos wären. „Es geht um die Art und Weise, wie man mit Menschen umgeht, denen so etwas passiert“, sagt Inge Göldner, „ein Blumenstrauß wäre schon etwas Menschliches gewesen.“