Hagen. Doris Böcker hat sich vier Monate lang nicht getraut, mit ihrem Fall an die Öffentlichkeit zu gehen. Am 19. Januar stürzte die rüstige 81-Jährige an Gleis 4 des Hagener Hauptbahnhofs in den Schacht zwischen dem eingefahrenen Sauerland-Express und der Bahnsteigkante. Ihre Beschwerde bei der Bahn verlief im Sande. Was die Seniorin nun aus der WP zum Thema Sicherheit im Bahnhof erfuhr, verschlug ihr die Sprache.

Die Deutsche Bahn hatte, angesprochen auf einen möglichen Modernisierungsbedarf an ihrer größten Hagener Station, nämlich erklärt, dass an den viel diskutierten Bahnsteigkanten bislang nie etwas passiert sei. Das bis auf den Knochen aufgeschürfte Schienbein und der Bruch des dritten Lendenwirbels bei Doris Böcker erzählen allerdings eine andere Geschichte.

In Hagen hat die Deutsche Bahn das Trittstufen-Problem bei den ICE-Zügen mittlerweile behoben. Die Trittstufen des ICE können in Hagen nun ausgefahren werden, was für mehr Sicherheit beim Ein- und Aussteigen sorgt. Auch das Betreten und Verlassen des Abellio-Zugs, der zwischen Essen und Hagen hin - und herpendelt, birgt keine Gefahren - eine Trittstufe ist vorhanden.

Trittstufen-Problem bei älteren Zügen

Bei älteren Zügen, wie Intercitys oder Regionalbahnen – dazu gehört auch der besagte Sauerlandexpress RE 3913 – sieht das schon anders aus. „Ich weiß nicht, wie ältere oder kleinere Menschen oder sogar Kinder in den Zug kommen sollen“, sagt Doris Böcker. Nach ihrem Sturz hinab ins Gleisbett hatte sie plötzlich die wuchtigen Räder des Zuges vor Augen. „Ich dachte, der würde jeden Moment losfahren und mich überrollen.“

Doris Böcker fiel im Hagener Hauptbahnhof zwischen Bahnsteigkante und Zug ins Gleisbett. Sie bekam einen Reisegutschein nach ihrer Beschwerde. Foto: Mike Fiebg
Doris Böcker fiel im Hagener Hauptbahnhof zwischen Bahnsteigkante und Zug ins Gleisbett. Sie bekam einen Reisegutschein nach ihrer Beschwerde. Foto: Mike Fiebg

Zwei Personen zogen die Herdeckerin aus dem Gleisbett. „Ich kann mich nicht mehr an die Gesichter erinnern. Ich würde mich so gerne bei den beiden bedanken“, sagt Böcker. Wie stark sie verletzt war, merkte Böcker Stunden später, als der Schock über das Unglück im Hagener Hauptbahnhof nachließ.

Nach Beschwerde einen Reisegutschein über 50 Euro erhalten

Doris Böcker beschwerte sich bei der Deutschen Bahn. Das lapidare Ergebnis: Laut Eisenbahn-Bau - und Betriebsordnung sei der gegebene Abstand zwischen Zug und Bahnsteigkante – die Bahn gibt hier 36 Zentimeter an – nicht zu beanstanden. Im Gegenteil: Das Arbeitsgericht Frankfurt habe festgestellt, dass selbst ein Abstand von 50 Zentimetern keine sicherungspflichtige Gefahr darstelle.

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„Insoweit werden auch die allgemeinen Sicherheitserwartungen des Verkehrs von der Vorstellung geprägt, dass ein gewisser Zwischenraum überwunden werden muss“, schreibt die Bahn und weist freundlich auf ihren Mobilitätsservice hin und gibt den Tipp, dass man sich im Bedarfsfall Hilfe von Dritten hinzuholen solle Doris Böcker bekam von der Abteilung für Haftpflicht der Deutschen Bahn einen Reisegutschein im Wert von 50 Euro zugestellt. „Der ist mir nicht wichtig. Eine Modernisierung wäre wertvoller.“