Hagen-Ischeland. Das hier ist der Ort, an dem man es laut herausschreit. Dass man aus Hagen kommt. Hier ist der Ort, an dem man stolz ist, zu dieser Stadt zu gehören. Das hier ist die Ischelandhalle – Tradition und Identifikation. Hier, auf den grauen Stufen unterm Dach der Haupttribüne, an denen mehr Basketballtradition als Farbe klebt, steht der junge Kerl, der Phoenix Hagen atmet. Hier steht Cedric Lam. Der Taktgeber auf dem Heuboden. Der Dirigent jeder Sieges-Humba. Der Mann mit dem Megafon.
Play-off-Zeit am Ischeland. Noch nie war ein Phoenix-Heimspiel von so großem medialen Rummel begleitet wie das Duell gegen den Deutschen Meister, die Brose Baskets Bamberg. Und vielleicht wird Cedric Lam noch nie so stolz auf seine „große Liebe“ gewesen sein, wenn heute Mittag das Licht in der pickepackevollen Arena ausgeht und die Mannschaft einläuft. „Es wird Zeit“, sagt er, „Zeit, Basketball-Deutschland zu zeigen, was wir in Hagen so drauf haben.“
Die Ischelandhalle ist ein ewiger Kreis von Menschen, die Basketball lieben. Viele von denen, die heute Sitzplatz-Karten kaufen, haben früher auf dem Heuboden gestanden. Mit Rasseln. Mit Trommeln. Sie haben ihre Schals und Trikots hochgehalten, wenn die Jungs einliefen. Jimmy Wilkins, Keith Gatlin, Adam Fiedler, Adam Baumann, Matthias Grothe oder später die Günther-Brüder.
Hier stehen die Hagener, die den Mythos des Heubodens und des Hexenkessels Ischelandhalle geprägt haben. Vor allem aber stehen hier diejenigen, die Bedingungslosigkeit verkörpern – dem Abstieg nah oder den Play-offs entgegen. Alles für den Club.
Phoenix gegen MBC 99:88
Cedric Lam ist ihr Anführer. Ihr Metronom. Jeder Phoenix-Gänger kennt ihn, den „Manolo“ des Hagener Basketballs. Und fast jeder Phoenix-Gänger bleibt nach Spielschluss noch so lange in der Halle, bis Cedric Lam und der Heuboden ihr Sieges-Zeremoniell abgefeiert haben. Die Humba.
Montags ist die Stimme einfach weg
Cedric Lam ist 22 Jahre alt und ein smarter junger Mann. In Hohenlimburg macht er eine Ausbildung im Groß- und Außenhandel. Lam hat – und das ist wirklich erstaunlich – eine klare und kräftige Stimme. Müsste die nicht längst hinüber sein? „Manchmal ist es schon hart, dann kann ich am nächsten Tag nichts mehr sagen.“ Dann kommt kein „H“ und kein „U“ mehr raus. Von M, B, und A ganz zu schweigen.
Phoenix schlägt Bamberg
Er war natürlich mit in Bamberg beim ersten Spiel der Play-off-Serie in der sogenannten „Frankenhölle“. Klar, Cedric Lam wäre auch dabei, wenn Phoenix Hagen am Nordpol gegen eine Eskimo-Auswahl spielen würde. Er, das Megafon und die Treuesten der Treuen vom Heuboden. „Es gab Phasen im Spiel, da haben wir die Halle in Bamberg regiert“, sagt er. Phoenix spielte im zweiten und dritten Viertel furios auf. Der Anhang auch.
Phoenix-Shirt und Baseball-Kappe gehören zum Dresscode des Anheizers
Graue Jogginghose, graues Phoenix-Shirt und Baseball-Kappe – das ist der Dresscode des Anheizers auf dem Heuboden. „Und ich sage dazu, dass ich in dieser Saison erst dreimal das Shirt ausgezogen habe", erklärt Cedric Lam. Es sei vielleicht nicht immer angemessen, halbnackt dort oben rumzuturnen. Erst recht nicht, seitdem gegenüber nicht mehr die mit Werbung zugetackerte Seitenwand, sondern die VIP-Tribüne stehe. Wenn „Hemd aus“ heißt, dass Phoenix gewinnt, ist das aber wahrscheinlich jedem Besucher schnuppe. Egal, ob er Anzug oder Trikot trägt.
Von 40 Minuten Spiel sieht Lam höchstens 20. In der Hälfte der Zeit wendet er sich zur Anhängerschaft, gibt Kommandos, stimmt Gesänge an, ordnet, taktiert, dirigiert. „Es hat gedauert, bis ich ein Gefühl dafür bekommen habe, was zu tun ist“, sagt Lam.
Bamberg gegen Phoenix Hagen 99:74 im Playoff-Spiel
Er, den ein Kumpel mit zum Basketball nahm, als Phoenix übergangsweise in der Injoy-Halle in Hohenlimburg spielen musste. Dem die Knochen nach einem durchmalochten Spiel ganz schön weh tun, weil sein Gewicht meistens nur auf einem Fuß lagert. Lam thront nämlich – nahe dem Spagat – auf den Balustraden mehrerer Stehreihen.
Über die Supporters zum Chef-Anheizer
Cedric Lam ist über den Fanclub „Supporters Hagen“ an Phoenix herangeführt worden. Als sein Vorgänger den Heuboden verließ, deuteten die Zeichen irgendwie auf den aufgeschlossenen Lam. „Ich habe gesagt: Wenn ihr einen braucht, dann mache ich das.“ Es war eine gute Entscheidung.
Eine so große Choreographie wie vor dem letzten Heimspiel gegen den Mitteldeutschen BC wird es heute nicht geben. „Die letzte Choreographie war sehr teuer“, sagt Lam. Aber sie haben sich eine Kleinigkeit ausgedacht.
Cedric Lam wird sich nach dem heutigen Spiel wieder viele Szenen auf Feuervogel-TV anschauen müssen, weil er sie im Spiel nicht gesehen hat. „Aber das ist egal. Ich mache unserer Mannschaft Feuer, das ist meine Aufgabe.“
Und danach geben wir ihm alle ein „Haaaa“.
