Hagen. . Noch kann der Rat sich nicht abschließend entscheiden, doch eine Neuordnung der städtischen Tochterunternehmen unter dem Dach der HVG erscheint absehbar. HVG-Geschäftsführer Christoph Köther nimmt Stellung zu den offenen Fragen.
Das Thema klingt sperrig, dürfte auch nur Feinschmeckern in gesellschaftsrechtlichen Fragen munden und sorgt dennoch seit Wochen und Monaten für reichlich Gesprächsstoff in den unterschiedlichsten politischen Gremien. Natürlich hat der permanente Spardruck dafür gesorgt, über eine Neuordnung der städtischen Beteiligungen intensiv nachdenken zu müssen. Oberbürgermeister Jörg Dehm favorisiert eine Anbindung der kommunalen Gesellschaften unter dem Dach der Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (HVG). Eine Lösung, die von Kritikern noch mit großer Skepsis betrachtet wird. Der Rat konnte sich in der vergangenen Woche noch zu keiner Entscheidung durchringen. Zu viele offene Fragen, zu viele Unwägbarkeiten, zu wenig Austausch zwischen den städtischen Tochterunternehmen. Jetzt sollen die Agierenden noch einmal zusammenkommen und gemeinsam nach Auswegen suchen.
Keine Frage der Macht
HVG-Geschäftsführer Christoph Köther stellte sich vor diesem Hintergrund den Fragen dieser Zeitung:
Sämtliche städtische Tochterunternehmen unter dem Dach einer HVG-Holding – bedeutet das nicht faktisch die Entmachtung der städtischen Beteiligungen?
Christoph Köther: Die vorgesehene Neuordnung der städtischen Beteiligungen ist keine Frage von Macht. Vielmehr geht es darum, das historisch gewachsene, nicht an Effizienzkriterien ausgerichtete Beteiligungsportfolio der Stadt Hagen in eine vorteilhaftere Unternehmensstruktur zu bringen, die es gleichzeitig ermöglicht, bedeutende Einsparungen zu erzielen. Die bestehenden Gremien wie Geschäftsführung und Aufsichtsrat bleiben dabei grundsätzlich unangetastet, und die maßgebliche Entscheidungsbefugnis in allen wesentlichen Fragen der Beteiligungen verbleibt ohnehin beim Rat der Stadt Hagen.
Angeblich stehen Synergien in Höhe von 1,4 Millionen Euro pro Jahr im Raum. Lassen sich diese nicht auch durch konstruktive Zusammenarbeit heben, ohne dass gleich die gesamten Organisationsstrukturen umgekrempelt werden müsste?
Das durch die Neuordnung der Beteiligungsstruktur realisierbare Sparpotenzial wurde konservativ auf zunächst 1,6 Mio. Euro pro Jahr geschätzt, davon entfallen 0,2 Mio. Euro auf Steuervorteile und 1,4 Mio. Euro auf die sogenannten Synergiepotenziale. Die angestrebten Synergieeffekte lassen sich zumeist erst auf Basis des sich durch die Umstrukturierung ergebenden größeren und stärkeren Unternehmensverbundes realisieren. Dabei bietet die HVG als bereits etablierte und fachkompetente Management- und Finanzholding ideale Voraussetzungen, bestehende Doppelstrukturen aufzulösen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Gesellschaft GIV, die außer dem Betrieb eines Parkhauses über kein eigenes operatives Geschäft mehr verfügt, sondern nur weitere Beteiligungen hält. Durch die Verschmelzung der GIV auf die HVG würden sämtliche gesellschaftsbezogenen Kosten wie z.B. Jahresabschlusskosten, Versicherungen etc. vollständig entfallen, ohne dass bei der HVG Mehraufwand entsteht. Im Übrigen ist für die Erzielung der steuerlichen Effekte die Umstrukturierung ohnehin zwingende Voraussetzung.
Der Steuerspareffekt der Beteiligungsrochaden soll bei gerade einmal 194.000 Euro jährlich liegen. Lohnt sich dafür der gesamte Aufwand?
Ja, das lohnt sich auf jeden Fall. Durch relativ einfache gesellschaftsrechtliche Veränderungen können im ersten Schritt 0,2 Mio. Euro pro Jahr eingespart werden, ohne den Menschen in unserer Stadt weh zu tun. Im Haushaltssanierungsplan der Stadt Hagen gibt es andere, betragsmäßig eher unbedeutende Maßnahmen, die jedoch im Einzelfall erhebliche Einschnitte für die Bürger darstellen.
Vor allem beim HEB sieht man die Gefahr, dass die Inhouse-Fähigkeit gefährdet und ein erhebliches Dividende-Risiko eingegangen werde. Können Sie diese Bedenken guten Gewissens zerstreuen?
Ich denke, dass es mittlerweile unstrittig ist, dass die vorgesehene Umstrukturierung keinen Einfluss auf die sogenannte Inhouse-Fähigkeit bei HEB hat. Auch glaube ich nicht, dass mit den vorgeschlagenen Veränderungen nennenswerte Risiken verbunden sind. Vielmehr sehe ich in erster Linie Chancen für die Stadt Hagen.
Sehen Sie die Synergiepotenziale als realistisch an?
Ja, durchaus. Ich glaube, dass das Sparziel schnell erreicht werden kann, wenn wir gemeinsam daran arbeiten. Dabei bestärken mich die positiven Erfahrungen die wir mit der Eingliederung der Gesellschaften BSH und Werkhof gemacht haben. Hier konnten in einem guten Miteinander und in vollem Einvernehmen mit den jeweiligen Geschäftsführungen und Arbeitnehmern Einsparungen erzielt werden, die bezogen auf das Aufwandsvolumen dieser Gesellschaften noch deutlich über das hier in Rede stehende Sparziel hinausgehen. Auch die unabhängige und renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner, die im Auftrag der Gemeindeprüfungsanstalt das Konzept zur Neuordnung der Beteiligungen geprüft hat, sieht die Einsparziele dem Grunde und der Höhe nach als plausibel und realistisch an und empfiehlt die Umsetzung.
Zum Verfahren: Wurden Politik und Geschäftsführer der kommunalen Töchter bislang optimal in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden? Und woher rühren nach zweijährigen Verhandlungen noch immer die erheblichen Sorgen, Bedenken, Zweifel und Ängste zahlreicher Beteiligter?
Die Überlegungen zu den Beteiligungen der Stadt Hagen sind nicht neu. Bereits vor zehn Jahren hat es Konzepte gegeben, die städtischen Beteiligungen unter dem Dach der HVG zusammen zu führen. Seinerzeit wurde bereits im Rat beschlossen, die GIV mit ihren Tochtergesellschaften in die HVG einzubringen, wobei dieser Beschluss bislang nicht umgesetzt wurde. Das aktuelle Konzept wird nunmehr seit Ende 2010 sehr intensiv diskutiert. Dass die vorgeschlagenen Veränderungen auf Vorbehalte stoßen und teilweise auch mit Sorgen und Ängsten einhergehen, ist nach meiner Erfahrung nicht ungewöhnlich, sondern aufgrund der damit verbundenen Unsicherheit über die künftige Entwicklung menschlich. Möglicherweise wären solche Sorgen und Ängste nicht in dem Maße entstanden, wenn die Betroffenen noch früher und intensiver in den Veränderungsprozess eingebunden worden wären. Das soll ja jetzt noch einmal geschehen. Zudem dürften mit dem jetzt vorgesehenen klarstellenden Ratsbeschluss zu den Forderungen der Arbeitnehmervertreter zumindest die Sorgen der Arbeitnehmerseite weitgehend ausgeräumt worden sein.
Wie denken Sie über eine HVG-Holding, die nur mit knappen Mehrheiten – womöglich bei einer Kampfabstimmung – zustande kommt?
Sollte es in dieser Frage nicht zu einem weiter gehenden Konsens kommen, wäre es vermutlich sehr schwer, den ein oder anderen Betroffenen dafür zu begeistern, an der Umsetzung notwendiger Maßnahmen zur Erreichung des Einsparziels aktiv und mit voller Energie mitzuarbeiten. Ich würde mir daher wünschen, dass das Konzept mit einer breiten politischen Mehrheit beschlossen wird. Dies würde eine gute Basis dafür schaffen, gemeinsam und auf Augenhöhe mit den betroffenen Geschäftsführern den Auftrag zum Wohl der Stadt Hagen umzusetzen und das angestrebte Sparpotenzial schnell zu erreichen.