Hagen. . Landschaftsverband und Historisches Centrum haben die Ergebnisse der Grabungen im Hagener Stadtteil Herbeck vorgestellt. Sie dokumentieren eine Siedlungsgeschichte über tausende von Jahren hinweg.
Manchmal sind es glückliche Fügungen, die der Wissenschaft großartige Erkenntnisse liefern. Glücklich in diesem Fall für Archäologen und Historiker, unglücklich für die Stadt und ihre einstige Wirtschaftsförderung, die so gerne die Flächen des Gewerbegebiet Herbeck an Firmen verschachert hätte. Das allerdings funktioniert erst jetzt – mit reichlich Verzug – da die Archäologen knapp die Hälfte des neun Hektar großen Areals erschlossen haben.
Ein Aufschub, der sich aus wissenschaftlicher und bei genauerer Betrachtung auch aus Marketingsicht durchaus gelohnt hat. „Die Ergebnisse“, so sagt Professor Michael Baales vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), „führen zu den ältesten Wurzeln der Stadtgeschichte.
Sie sind einmalig für die Region. Wir haben hier den Nachweis dafür, das ein und dieselbe Fläche über einen Zeitraum von mehr als 3000 Jahren hinweg immer wieder besiedelt worden ist.“ Funde reichen von der Jungsteinzeit, über die Bronzezeit, Eisenzeit, Kaiserzeit bis hinein ins frühe Mittelalter.
Die Fachfirmen Artemus aus Frechen und Archbau aus Essen haben die Grabungen durchgeführt. „Dazu braucht es Baggerfahrer mit einem besonderen Gespür“, so Baales, „ein Archäologe muss immer mit vor Ort sein.“
500 Pfostengruben auf Plänen entdeckt
Nur so konnte es beispielsweise gelingen, Hausgrundrisse aus der vorrömischen Eisenzeit zu sichern. „Wir haben Vierpfostenbauten, die vermutlich als Lager und Speicher genutzt worden sind, und größere Achtpfostengebäude, die als Wohnhäuser dienten, entdeckt“, berichtet Dr. Eva Cichy, wissenschaftliche Referentin beim LWL. „Durch gut erhaltene Verfärbungen im Lehmboden konnten wir das rekonstruieren.“ Insgesamt sind rund 500 Pfostengruben auf den Plänen der Ausgrabungsstätte markiert.
Rätsel gibt den Wissenschaftlern noch ein Gefäß mit Leichenbrand auf. „Es wurde im zweiten oder dritten Jahrhundert nach Christus als Urne genutzt“, erläutert Eva Cichy. Allerdings habe es sich um ein isoliertes Germanengrab abseits der Besiedlung gehandelt. Untypisch im Vergleich zu dem, was man erwartet hätte.
Viele Ausgrabungsstücke geben den Forschern noch Rätsel auf
Auch Keramikscherben, die von Gefäßen stammen, die auf Drehscheiben gefertigt wurden, lassen die Forscher grübeln. „Sie stammen aus den Jahren 600 bis 700 nach Christus“, sagt Professor Baales, „die Frage ist, ob es hier in der Gegend zu dieser Zeit Töpfereien gab oder ob die Gefäße vielleicht aus dem Rheinland stammen.“
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Viele der Funde werden derzeit noch datiert und ausgewertet. Die Ergebnisse stehen noch aus. „Für Hagen“, so erklärt Dr. Ralf Blank, Leiter der Abteilung Geschichte, Archäologie und Geologie im Historischen Centrum, mit Verweis auf die Blätterhöhle, „ist das ein weiteres Glied in der Kette bedeutender Funde.“
Ausstellung im Wasserschloss Werdringen
Er plant, die Ergebnisse aus Herbeck im Museum für Ur- und Frühgeschichte im Wasserschloss Werdringen zu präsentieren. „Hier könnten wir die Grabungen dokumentieren, Modelle der Häuser zeigen und eine Siedlung digital wieder auferstehen lassen.“ Zukunftsmusik, die Vergangenheit lebendig macht.