Herbeck. Auf dem Gewerbegebiet Herbeck-West liegen historische Fundstücke. Das könnte das Geschäft mit allen potenziellen Käufern für die Stadt Hagen zu einem gigantischen Zuschussgeschäft werden lassen.

Ob es am Ende die Lüdenscheider Kostal-Gruppe sein wird, die sich im Gewerbegebiet Herbeck-West ansiedelt und dort 600 bis 800 Arbeitsplätze schafft, oder dort eine Justizvollzugsanstalt des Landes für 850 Gefangene entsteht, erscheint derzeit völlig offen.

Sicher ist nur, dass das Grundstücksgeschäft mit jedem potenziellen Käufer angesichts der historischen Fundstücke auf dem Gelände sich für die Stadt Hagen zu einem gigantischen Zuschussgeschäft auszuwachsen droht.

Über die archäologische Bedeutung des Areals, das zumindest unter Experten bereits seit den 30er Jahren als Fundstelle gilt und das in direkter Nachbarschaft zur bereits dokumentierten Fundstelle „Barmer Baum“ liegt, hatte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL/Münster) die Kommune bereits Mitte der 90er Jahre in Kenntnis gesetzt. Dennoch erwarb die Stadt die gut 100 000 Quadratmeter Ackerland im Dezember 1999 für 4,5 Millionen D-Mark, um sie über die Hagener Wirtschaftsförderung als Gewerbegebiet zu vermarkten. Doch im Rahmen der Erschließung (Fahrstraßen, Kanalisation, Regenrückhaltebecken) und sich punktuell anschließender Probegrabungen kamen 2008 durchaus spektakuläre Entdeckungen ans Tageslicht. Neben Pfosten von germanischen Häusern, die auf eine komplette Siedlung schließen lassen, wurde dort auch reichsrömisches Keramikmaterial von überregionaler Bedeutung, eine keltische (50 v. Chr.) sowie mittelalterliche Münzen, aber auch eine Schwertscheide aus dem 11. bis 12. Jahrhundert und eine Siedlungsgrube aus dem 6. Jahrhundert nach Christus entdeckt.

Gelände in Querstreifen durchbaggern

„Das waren bislang nur ganz kleine Ausschnitte“, betont der verantwortliche LWL-Archäologe Dr. Michael Baales, „aber jedes Loch, das wir geöffnet haben, war voller Archäologie. Das lässt darauf schließen, dass dieser Bereich immer wieder besiedelt war – von der Steinzeit bis ins Hochmittelalter.“ Doch eine systematische Prospektion müsse erst noch folgen. Dies soll nach Vorstellungen der Stadt im Oktober passieren. Im Abstand von etwa zehn Metern soll das Gelände in Querstreifen durchbaggert werden, um die Fundstelle besser bewerten und das konkrete weitere Vorgehen abklären zu können. Momentan wird eine Fachfirma gesucht, die dies qualifiziert und preiswert erledigen kann.

Erfahrungsgemäß ist für solch eine Untersuchung ein Preis von 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter (Dr. Baales: „Diese Größenordnung kann als Hausnummer gelten.“) anzusetzen. Angesichts der Gesamtgröße des Areals von zehn Hektar (abzüglich Erschließungsstraße und Regenrückhaltebecken) also eine Summe zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro. In der Februar-Ratssitzung hatte Dezernent Dr. Christian Schmidt die Bergungskosten der archäologischen Funde noch auf fünf bis acht Euro/qm geschätzt – lediglich ein Viertel des jetzt tatsächlich anzusetzenden Betrages.

Forderung lächelnd abwinken

Addiert man zu Ankaufpreis und Archäologie nun noch die bereits erfolgte Erschließung (990 000 Euro), Notar- und Grundbuchgebühren, Steuern sowie den seit elf Jahren fließenden Zinseszins für den auf Pump erfolgten Grundstückskauf hinzu, so dürften die auf Seiten der Stadt entstehenden Kosten bis zur Weiterveräußerung an einen Interessenten sich auf nahezu sechs Millionen Euro summieren. Ein Betrag, der sich nur dann annähernd refinanzieren lässt, wenn man die Gewerbefläche für mehr als 60 Euro den Quadratmeter offeriert.

Eine Summe, die zumindest in dem vorbereiteten, aber noch keineswegs unterzeichneten Optionsvertrag für einen JVA-Neubau auftaucht. Doch das in Herbeck natürlich weitaus lieber gesehene Lüdenscheider Industrieunternehmen Kostal würde bei einer solchen Forderung sicherlich nur lächelnd abwinken. Schließlich hat man seinerzeit beim Grunderwerb im Sudfeld nur einen Bruchteil dieses Preises bezahlt . . .