Hagen.
Hagens Kulturlandschaft soll sich verändern, um effizienter und wirtschaftlicher zu werden. Das fordert auch Prof. Hasenritter in seinem Gutachten für die Verwaltung, die das Osthausmuseum, das historische Centrum und das Kulturbüro in einen Fachbereich Kultur zusammenfassen möchte. Rita Viehoff, die erst kürzlich ausgeschiedene Amtsleiterin des Kulturbüros, hat ihre Zweifel an der Aussagefähigkeit des Papiers.
Nach den ersten Veröffentlichungen hat es bereits harsche Kritik am Gutachten gegeben. Schließen Sie sich an?
Rita Viehoff: Sicher nicht pauschal. Soweit mir die Ergebnisse bekannt sind, sehe ich durchaus positive Akzente des Gutachtens. Es ist zum Beispiel richtig, dass endlich die Forderung nach einem Kulturentwicklungsplan dringlich eingefordert wird. Nur so lässt sich in einer Zeit, in der die Kulturarbeit unter oft konzeptloser und wenig durchdachter Mittelkürzung zu leiden hat, sicherstellen. Das geht nur, wenn anhand von verlässlichen Zielsystemen in einer Stadt festgelegt wird, was Kulturarbeit leisten kann und muss. Auch ließe sich damit ein verlässliches Marketingkonzept erarbeiten. Leider wird dieser gute Ansatz in dem weiteren Gutachten aber nicht berücksichtigt.
Wie ist das zu verstehen?
Viehoff: Weil die kulturpolitischen Aspekte sowie künstlerische und wissenschaftliche Ziele der drei Fachämter gar nicht abgefragt und berücksichtigt wurden. Es wurden Arbeitsabläufe, Ressourcen, Arbeitsaufwand und die damit erzielte Besucherresonanz ermittelt. Aus dieser Ermittlung eigene kulturpolitische Schlüsse zu ziehen, ohne sich im Kulturbetrieb auszukennen, halte ich bei einem solch wichtigen Gutachten methodisch für fragwürdig.
Können Sie dazu ein konkretes Beispiel nennen?
Viehoff: Nehmen wir den Muschelsalat und den Weihnachtsmarkt. Beim Muschelsalat kritisiert der Gutachter zum Beispiel die Vielzahl der Arbeitsstunden, die das Kulturbüro dafür leisten muss und den mangelnden Nutzen für die Gastronomie in der Innenstadt. Dabei schenkt er dem Konzept Kultur für alle, das den Muschelsalat seit über 25 Jahre erfolgreich trägt, überhaupt keine Beachtung.
Wir wollten damit weder die Innenstadt beleben noch den Bierverkauf ankurbeln. Muschelsalat ist künstlerische Darbietung auf hohem Niveau für jeden und gleichzeitig gutes Stadtmarketing. Und damit auch wirklich jeder die Gelegenheit bekommt, so etwas anzuschauen, sind wir damit in die Stadtteile gegangen.
Den Weihnachtsmarkt findet der Gutachter hingegen unter Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes und der Außenwirkung besser. Seine Sparidee: Öfters mal einen heimischen Chor zum Muschelsalat einladen. Beide Veranstaltungsreihen haben ihre Berechtigung. Aber solche Vorschläge zeugen nicht von kultureller Kompetenz.
Verglichen werden auch die beiden Kunstmuseen miteinander.
Viehoff: Warum nicht? Zu Recht bemängelt das Gutachten, dass die Zusammenarbeit zwischen Osthaus- und Schumachermuseum verbesserungswürdig ist. Aber wenn man der Gutachtervorstellung folgt, eine neue Rechtsform für das Osthaus Museum mit Stiftungscharakter zu suchen, dann erübrigt sich die Bildung eines Fachbereichs Kultur.
Es ist sowieso im Städtevergleich auffällig, dass in Hagen lediglich zwei Museen und ein Kulturbüro zusammengefasst werden sollen. Die meisten Kommunen bündeln alle ihre Kultureinrichtungen unter einem Dach, was sehr viel sinnvoller ist und die Kultur stärkt.
Auch ihren alten Arbeitsplatz will der Gutachter nicht mehr besetzen. Ärgert sie das?
Viehoff: Es hat fast den Eindruck, als sei für ihn das gesamte Büro verzichtbar. Seitdem bekannt war, dass ich das Kulturbüro verlassen werde, wurde meine Arbeit dort nicht mehr begutachtet sondern auf wenige repräsentative Aufgaben zusammengeschmolzen. Dabei ist die wichtige Arbeit in Netzwerken, an Förderprogrammen und in Landesarbeitskreisen weitgehend unberücksichtigt beziehungsweise für verzichtbar erklärt worden. Dass nur auf diese Weise Fördermittel in die Stadt fließen können, und zwar auch in andere Kultureinrichtungen und die freie Szene, fällt unter den Tisch.
Eine Kommune braucht ein Kulturbüro, das Querschnittfunktion hat. Zum Beispiel bei der interkulturellen Arbeit, für die wir einen runden Tisch ins Leben gerufen haben. Für den Gutachter ist der so überflüssig wie der dazu gehörende Infobrief, der das Netzwerk Interkultur lebendig hält. Die Stadt Neuss hat mich gerade eingeladen, damit ich dort das gute Hagener Beispiel vorstelle, während man hier gerade dabei ist, sich davon zu verabschieden.
Es kommt eben auf die Sichtweise und auf die Zielführung an. Der Gutachter hätte es beim Ermitteln der Prozesse und Fragestellungen belassen sollen, ein Ergebnis müssen dann die erarbeiten, die von Kulturarbeit und ihre Auswirkung auf eine Stadt auch Ahnung haben.