Im Theater an der Volme wurde am Freitag die Premiere des Theaterstücks „Kunst“ von Yasmina Reza gefeiert. Ein Stück mit aufwühlendem und schonungslosem Tiefgang.
„Er hat sich ein Ölgemälde gekauft. Weißt du, wie es aussieht? Es ist weiß, einfach nur weiß. Und jetzt rate, was er dafür bezahlt hat“, eröffnet Marc (gespielt von Dario Weberg) seinem Freund Yvan (Frank Bätge). Genau 200 000 Franc hat sich ihr gemeinsamer Freund Serge das Gemälde kosten lassen, einen „echten Antrios“, wie er stolz erzählt. Vor allem Marc jedoch ist nicht damit einverstanden, dass sein Freund derart viel Geld für ein weißes Bild ausgibt. Ein Konflikt bahnt sich an und eine Männerfreundschaft, in der die Spannungen unter der Oberfläche nur so brodeln, findet ihre Projektionsfläche auf eben dieser weißen Leinwand.
Mit fortlaufendem Stück bröckelt die Fassade immer weiter, und während auf der Bühne die Fetzen fliegen, halten sich die Zuschauer die Bäuche vor Lachen – bis die ekelhaften Seiten der Männerfreundschaft immer deutlicher zu Tage treten. Dem chronisch erfolglosen Yvan wird klar, dass seine erfolgreichen Freunde ihn vor allem als Clown mochten, der lachend vor den Trümmern seines kaputten Lebens steht, und Serge (Michael Creutz) wirft Marc ins Gesicht, dass er seine Frau „mehr als runzelig“ findet.
Männer, die sich über 15 Jahre lang als Freunde begleitet haben, taumeln in ihrer Wut immer weiter dem Ende ihrer Verbundenheit entgegen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. So erlangt das Stück einen aufwühlenden Tiefgang, während sich die Figuren schonungslos immer tiefer durch die oberflächlichen Schichten ihrer Freundschaft wühlen und so manches Unsympathische zu Tage tritt.
Gefühlvolle Inszenierung
Und trotz allem gelingt es Indra Janorschke, durch gefühlvolle Inszenierung den Figuren einen besonderen Charme zu bewahren. Das Spiel, das nicht durch den Bühnenrand begrenzt ist, bewegt sich in den Zuschauerraum, die Treppe hinauf und zieht den Zuschauer so in die Wohnzimmer der drei Freunde hinein, eine Nähe, die nicht nur positive Gefühle erwirkt: „Es steckt eine unheimliche Traurigkeit in diesem Streit – und die habe ich genau so gefühlt wie die Figuren auf der Bühne“, erklärte Marita Müller-Brunnert, die beim Gewinnspiel unserer Zeitung ihre Karten gewonnen hatte. „Etwas Vergleichbares habe ich noch nicht gesehen“, urteilte auch ihr Begleiter Andreas Müller.
Die Zuschauer bedachten die Darsteller mit minutenlangen stehenden Ovationen und erwiesen dieser intensiven Schauspielkunst damit die verdiente Ehre.
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